Der Ex-Eishockeygoalie und die SVP-Propaganda

So langsam wird es zur Gewohnheit, dass ich über jede SVP-Abstimmung etwas schreiben «muss». Dieses Mal wollte ich es bleiben lassen. Ehrlich. Aber dann ist mir etwas passiert, das mir auf sehr bildhafte Weise gezeigt hat, wie sich die SVP-Propaganda gewandelt hat.

Früher (und vielleicht bei anderen Abstimmungen dann auch wieder) waren es stark überzeichnete Karikaturen, die selbst Kleinkindern klar gemacht hatten, dass die Schweiz in grosser Gefahr sei und man deshalb eben das gewünschte Wörtchen auf den Abstimmungszettel schreiben müsse. So weit, so durchschaubar. Oft haben wir über Motive (schwarze Hände, schwarze Schafe, etc.) diskutiert und ihre absichltich diskriminierende Darstellung kritisiert. Nun ist alles anders. Rot, Schwarz und Weiss wurden durch ein neutrales Orange abgelöst, das eher zu einer biederen CVP-Gemeinderatswahl von Toni Huber passen würde. Und genau das ist natürlich der Trick: Mit gefälliger, sympathischer und vermeintlich positiver Darstellung wird die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative (SBI) zur Annahme empfohlen.

Obwohl ich eigentlich immer wieder andere Erfahrungen gemacht habe, dachte ich mir, dass diese Taktik nicht aufgehen würde. Die mündigen Menschen in diesem Land würden doch sofort durchschauen, dass sie hier an der Nase herumgeführt würden. Aber mitnichten. Letzte Woche bin ich auf Facebook dann in eine Diskussion geraten, nachdem ich auf der Timeline eines ehemaligen Eishockeygoalies einen von ihm geteilten Beitrag kommentiert hatte. Es war die flammende Rede von Roger Köppel für die SBI.

Disclaimer: Es war nicht dieses Video. Leider finde ich es nicht mehr. Die Stossrichtung hier ist aber die gleiche.

Ich habe leider nur noch einen Teil der Kommentare als Screenshots:

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Die Antwort des Ex-Eishockeygoalies: Das macht mir Angst.

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Ich habe dann höflich (echt jetzt) nachgefragt, vor was genau man dann eine solche Angst habe. Ich wurde in der Folge vom Ex-Eishockeygoalie mit Vorwürfen eingedeckt:

Screenshot at Nov 05 09-34-05

Meine Antwort darauf war (aus der Erinnerung): Ich traue der Schweiz zu, dass sie sowohl mit einer Annahme als auch mit einer Ablehnung der Initiative umgehen kann. Aber ich bin es nicht, der hier Angst verbreitet. Ich habe dann nochmals konkret nachgefragt, was genau bei einer Ablehnung wahnsinnig Schlimmes passieren würde. Eine Antwort darauf erhielt ich nie. Dafür das:

Screenshot at Nov 05 09-34-26

Ich wurde von ihm dann unfriended und offenbar auch geblockt. Es enttäuscht mich immer wieder, wenn jemand sich zuerst aus dem Fenster lehnt (hier im Falle des geteilten Videos) und dann aber nicht ansatzweise seine Einstellung begründen mag, sondern nur mit Aggressivität und Gesprächsverweigerung reagiert. Aber vielleicht lernt man das in der PR-Schulung als Profisportler.

Etwas lange Rede, sehr kurzer Sinn: Die SVP-Propaganda der neuen Art funktioniert.

Wer sich etwas umhört und nicht nur ebenjene Propaganda konsumiert, wird schnell verstehen, dass uns hier eine ziemlich undurchsichtige Initiative zur Abstimmung vorliegt. NGOs wie Amnesty International beziehen Position gegen die Initiative. Auch die rechts von der Mitte politisierende FDP stellt sich klar gegen die Initiative. Wollen die also tatsächlich «fremde Richter»? Ähm, nein… aber das mit den fremden Richtern ist sowieso nicht ganz so einfach, wie man es vielleicht vermuten würde. Michael Elsener hat das ziemlich treffend in einem Video zusammengefasst:

 

Also, hey: Lasst Euch nicht verarschen. Immer, wenn ein Parlamentarier über die «Elite» schimpft (zu der er ja ganz offensichtlich selber gehört), sollte man hellhörig werden. Wenn eine teure nationale Plakatkampagne gänzlich ohne das Logo der verantwortlichen Partei auskommen, sollte man ebenfalls hellhörig werden. Über einen EU-Beitritt stimmen wir bei der SBI auch nicht indirekt ab. Zum Schafott wird ebenfalls niemand geführt. Und wenn jemand das anders sieht: Ich bin gerne zu einer Diskussion bereit. Und nein, ich werde Dich nicht unfrienden. 😉

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Einen interessanten Artikel zum Thema gibt es auch in der Republik zu lesen.

Laut diesem Artikel der NZZ könnte es am Abstimmungstag noch knapp werden.

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