minarettinitiative: die vox-analyse

vox-analysen haben ja schon öfters überraschende aufschlüsse gebracht. dieses mal (übrigens das 100. mal) wurde die abstimmung über die minarettverbotsinitiative ausgewertet und das fazit klingt doch recht seltsam:

Die Befürworter der Minarettverbots-Initiative haben ein symbolisches Zeichen gegen die Verbreitung des Islams in der Schweiz setzen wollen. Dies zeigt die am Montag veröffentlichte Vox-Analyse. Grundsätzlich bedeute aber die Zustimmung keine generelle Ablehnung der Muslime in der Schweiz, schreiben die Autoren der Studie.

aha. sehr clever. nicht gegen die muslime, nur gegen den islam hat man was. und wie heissen die angehörigen dieser glaubensrichtung? und wie soll man diese auf den ersten blick klar widersprüchliche aussage nun interpretieren? könnte man es vielleicht so sagen: wir schweizer haben nichts gegen leute mit muslimischem glauben. nur finden wir das, woran sie glauben, irgendwie scheisse. sollen die doch an jesus oder nichts glauben, wir können das ja auch. jawohl.

man spürt vielleicht heraus: ich versteh’s nicht.

auch wenn, nicht zuletzt auf diesem blog hier, immer mal wieder gesagt wird, das links-rechts-spektrum tauge nicht mehr für verlässliche aussagen, hat es in dieser abstimmung eine entscheidende rolle gespielt:

Laut der Vox-Analyse war das Stimmverhalten sehr stark vom Links-Rechts-Gegensatz geprägt. Das heisst, dass die Linke die Initiative mit über 80 Prozent Nein-Stimmen deutlich ablehnte, während die Rechte ihr fast ebenso klar zustimmte. Den Ausschlag gab die politische Mitte. Diese nahm das Minarettverbot im Verhältnis zwei zu eins an und verhielt sich damit laut Vox-Analyse grundsätzlich anders als bei früheren ausländerpolitischen Abstimmungen.

dann hat mein eindruck also nicht getäuscht: fdp und cvp rutschen in krisenzeiten deutlich nach rechts. das könnte mit ein grund dafür gewesen sein, dass man trotz klarer parteiparole keine plakate gegen die vorlage aus dem mittelager sah.

wenig spannendes ergab die analyse betreffend bildungsniveau der abstimmenden:

Die Vox-Analyse zeigt deutlich dieses Muster: Je höher die Bildung, desto geringer die Zustimmung zur Minarettinitiative. In der Gruppe mit Lehrabschluss stimmten 76 Prozent für das Minarettverbot, in der Gruppe mit höherem Berufsschulabschluss 48 Prozent, in der Gruppe mit Hochschulabschluss 34 Prozent.

ich gehe einmal grob gesagt davon aus, dass sich besser gebildete menschen tendenziell auch besser informieren. bitter ist das natürlich für hardman, der sich ja stets eine aristokratie wünscht. hätte nur die elite abstimmen dürfen, wäre die vorlage abgelehnt worden.

sehr spannend finde ich folgendes:

Im Weiteren stimmten religiöse Menschen sowohl reformierter als auch katholischer Konfession zu rund 60 Prozent für die Initiative, religionslose Personen jedoch lehnten sie ab.

tendenziell ist es also so, dass religiöse menschen in der schweiz die religionsfreiheit nur so lange gut finden, wie sie ihre eigene religion betrifft. dabei heisst es doch, konkurrenz belebe das geschäft… und konkurrenz für die christen scheinen ja seit kurzem auch die religionslosen zu sein, wenn man sich an die unsägliche plakatdiskussion erinnert. trotzdem interessant, dass die religionslosen offenbar keine probleme mit den religionen (bzw. mit den menschen, die einer angehören) haben.

auf jeden fall lässt diese abstimmung bei mir das ungute gefühl zurück, dass es nicht gelingt, die bevölkerung ausreichend zu informieren. in diesem bereich muss für die zukunft vor allem auf der linken seite und wohl auch bei den mitte-parteien viel gearbeitet werden.

abschliessend noch etwas zu den nein-sagern:

Bei den Gegnern war die Einschränkung der in der Verfassung garantierten Grundrechte der Religionsfreiheit und der Nichtdiskriminierung für ein Nein zur Minarettinitiative ausschlaggebend.

nzz online
lkm

die bösen italiener

für alle, die stets wiederholen, die integration der italiener sei damals viel reibungsloser abgelaufen hat die nzz einen spannenden artikel parat.

[…] Bald war die Rede von Überfremdung – die Italiener könnten sich in der Schweiz nie integrieren, die Kultur der südlichen Nachbarn sei niemals vereinbar mit der eigenen, hiess es mahnend.

[…] Vor dem Ersten Weltkrieg erreichten die Klagen wegen drohender «Überfremdung» ihren Höhepunkt. Schwarzmaler rechneten aus, dass die Schweizer in ihrem eigenen Land bald in der Minderheit sein würden.

bin ich der einzige, oder kommt das euch auch irgendwie bekannt vor? mittlerweile gibt es wohl keinen schweizer, der nicht einen freund oder bekannten hat, der von italienischen einwanderern abstammt. ganz zu schweigen davon, dass wir alle pizza und spaghetti lieben. fremdes ist bekannt geworden. die ängste sind weg. allerdings ist dieser prozess offensichtlich sehr lang andauernd.

schuldispensen

nur der vollständigkeit halber hier noch der hinweis, wer wirklich am meisten dispensen in anspruch nimmt:

Sei es der Schwimmunterricht oder die Teilnahme an Klassenlagern: Es sind vor allem Angehörige von christlichen Freikirchen, die ihre Kinder von schulischen Lektionen dispensieren lassen und nicht Angehörige anderer Religionsgruppen.

radio drs

minarett auf dem hausdach

die facebookgruppe «ich stelle ein minarett auf mein hausdach» gibt’s ja schon lange. guillaume morrand macht ernst. auf dem dach seines gebäudes hat er ein kleines minarett errichtet. ein paar zitate von ihm:

In der Schweiz gibt es keine Probleme mit den Muslimen. Aber mit der Abstimmung haben wir ein Problem geschaffen.

Es tut mir weh zu sehen, dass die Schweiz Lob von den schlimmsten Parteien Europas erhält.

sein minarett sei nicht als provokation gedacht

Es ist lediglich eine Botschaft des Friedens. Jene welche die Anti-Minarett-Initiative lanciert haben, sind die Provokateure.

morrand ist kein muslim. das türmchen steht in bussigny. pomp it up ist übrigens die schuhladenkette von morrand.

tobi schlegl

im gegensatz zu giacobbo müller ist extra drei mit tobi schlegl eine echte satiresendung. manchmal sogar eine richtig gute. wieso hat eigentlich pocher so viele fans und einer, der wie schlegl drauf hat, landet beim ndr?

nur schade, kann man die videos von extra drei nicht einbetten. via lkm

und gleich noch ein video, das man nicht einbetten kann: alt-bundeskanzler und kampfraucher helmut schmidt war in der sendungnzz /standpunkte./ spannend, was der alte mann zu sagen hat.

deutsche über uns

aktuell bekomme ich von den verschiedensten leuten links, bastelbögen und unterschriftensammlungen. unter anderem hat mir ben einen spannenden link geschickt, der auf die hart aber fair-sendung zum thema islam und schweiz verweist. noch hatte ich keine zeit, die sendung zu sehen. das werde ich aber nachholen. eher auf der komödiantischen seite ist dann reusch von swr3, der einen teil seines beitrags vom 4. dezember dem minarettverbot in der schweiz widmet. reinhören lohnt sich auf jeden fall.

charles lewinsky at his best

[…] Im Lauf des Abstimmungskampfes haben wir viele Argumente gehört, die nur ein Eidenbenz (oder sein PR-Spezialist) erfunden haben konnte. «Ich bin gegen Minarette, weil ich mich für Frauenrechte einsetze.» Einleuchtend. Weil Frauenrechte und Minarette ja dasselbe sind. So wie Fahrräder und Bratwürste. «Ich bin für die Minarett-Initiative, weil man in Saudiarabien keine Kirchen bauen darf.» Klar. Man beweist seine moralische Überlegenheit am besten, indem man das, was man verurteilt, selber tut. «Ich bin für die Minarett-Initiative, weil die Schweiz sonst islamisiert wird.» Natürlich, die verdammten Ausländer wollen unser Land übernehmen. Die U-17-Nationalmannschaft haben sie schon unterwandert. Und im Zürcher Tram werden die Stationen auch schon hochdeutsch angesagt. Wehret den Anfängen. […]

wow, der essay von charles lewinsky ist wirklich eindrücklich. da sitzt jetzt aber jedes einzelne wort. der obige auszug soll nur ein kleines appetithäppchen sein. unbedingt hier nachlesen.