Wenn Parteien TV machen

Nein, ich meine nicht die Selbstbeweihräucherungsanstalt Tele Blocher. Der Tagesanzeiger hat nach dem knappen Abstimmungsresultat beim RTVG (50,01% Ja) einen Schritt weiter gedacht und ein TV-Programm erstellt, wie es die Parteien präsentieren würden. Schliesslich steht uns die grosse Service-Public-Diskussion bevor, die eigentlich schon im Vorfeld zu ebenjener Abstimmung geführt wurde, obwohl der dort gar nicht zur Diskussion stand.

politTVGrafik: Tagesanzeiger

Nicht schlecht, Tagi, nicht schlecht.

merci, otto ineichen

nie werde ich vergessen, wie otto ineichen sich in den frühen 1990er jahren bei der rede blochers in der stadthalle sursee an uns junge wandte. er riet uns von zwischenrufen und flugzeuge-aus-svp-flyern-bauen ab. er würde dann schon etwas sagen, um dem christoph etwas den marsch zu blasen. das tat er dann auch. und c.b. kam ins schwitzen. wir verhielten uns ruhig.

von manchen wurde er als mediengeil bezeichnet. andere schauten immer ein wenig auf ihn herab, weil er einst mit einem metzgereibetrieb pleite ging. doch egal welches bild man von otto ineichen hatte, keiner konnte abstreiten, dass er sich voller elan für seine überzeugungen einsetzte. nicht selten war er es, der mit schrägen ideen die diskussion in ganzen themenfeldern überhaupt erst lancierte. natürlich lag er damit nicht immer richtig, und natürlich hat er die eine oder andere idee vielleicht nicht ganz zuende gedacht. allein schon für seine enorme energie und seine stets anständige art bewundere ich ihn.

heute ist er in sursee zusammengebrochen und einem herzleiden erlegen. ich werde ihn vermissen.

die leere drohung mit dem gang in die opposition

vor der wahl von gestern war sie wieder zu hören. die drohung mit dem gang in die opposition. ausgesprochen von der einmal mehr wählerstärksten partei der schweiz. jene partei, die sich heute wohl grün und blau ärgert, dass man eine fähige und durchaus genügend konservative gewählte bundesrätin aus der partei kickte. dass im zweifelsfall kompetenz durchaus vor konkordanz gehen kann, hat die gestrige wahl gezeigt.

die fdp als einzige verbündete der svp ist gestern mit kleinen unschönen ausnahmen ihrer ansage treu geblieben und hat nicht für frau widmer-schlumpf gestimmt. dass dies nicht für einen einzug eines zweiten svplers reichen würde, war mathematisch längst klar. dass die rechtsaussenpartei danach in einer trotzreaktion sämtliche andere sitze anzugreifen versuchte, machte ihre wahre motivation offensichtlicher. es ging wohl doch nicht um die herstellung der konkordanz, denn dann hätte man keinen anderen sitz angreifen dürfen. es ging nur um eine plumpe rache an der bündner bundesrätin.

wäre die svp cool und clever, sie hätte gestern noch eine chance für einen mini-coup gehabt. sie hätte bei der wahl des ersatzes von micheline calmy-rey nicht auf ihren eigenen kandidaten, der sowieso chancenlos war, setzen sollen. sie hätte, mitunter um der verfassung rechung zu tragen, sämtliche stimmen an frau carobbio geben sollen. das hätte nochmals eine echte und berechtigte diskussion um die vertretung der sprachregionen auslösen können. da es sowieso zu einem zweiten wahlgang gekommen wäre, hätte diese idee mit etwas geschickter diplomatie nach dem ersten durchaus chancen gehabt.

klar, für sich gewonnen hätte die svp so gar nichts. aber sie hätte nicht eine dermassen peinliche und unsportliche ertragene niederlage einstecken müssen.

heute steht man da und spricht wieder davon, wie man doch ein opfer dieser koalitionen sei. schon spricht man davon, dass man zu wenig hart gewesen sei. dabei begreift jeder, der sich den bundesrat anschaut, dass dort genau jene svp vertreter sitzen, die das parlament will. es ist genau der hardlinerkurs verbunden mit einem gelinde gesagt unschönen stil, der die svp in den vergangenen jahren viel kredit und vertrauen gekostet hat. die drohung mit dem gang in die opposition ist nicht nur wegen einem fehlenden rückzug des verbleibenden «echten» svp-bundesrates maurer eine leere. so wie die svp politisiert, ist sie trotz regierungsbeteiligung längst in der opposition angekommen. der erfolgreiche weg bezüglich einer breiteren abstützung im parlament führt also genau nicht in richtung hardlinertum, sondern in richtung mässigung.

liberal ist nicht gleich liberal

die nzz am sonntag liess von der forschungsstelle sotomo ein liberalitätsrating erstellen. interessant dabei: es wird zwischen liberalem wahlverhalten im nationalrat in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen fragen unterschieden. die spannende frage für mich: wo landen die grünliberalen, die ich irgendwie einfach nicht richtig greifen kann. und da die partei das wörtchen «liberal» in ihrer bezeichnung spazieren fährt, müsste sie erwartungsgemäss weit vorne im ranking auftauchen. richtig?

so sieht die rangliste der parteien für die liberalität in wirtschaftlichen bereichen aus. die klassische liberalen, diejenigen der fdp also, schnappen sich den spitzenplatz. für mich wenig überraschend: die svp auf dem zweiten platz. schliesslich müssen sie zu ihren superreichen stehen, die ihnen das budget äufnen. hinter der bdp findet sich die glp auf dem vierten platz. sonderlich liberal ist man in wirtschaftlichen punkten also offenbar nicht. die linken parteien sp und grüne findet man auf den letzten plätzen, was meinen erwartungen entspricht.

hier also nun die rangliste für die liberalität in gesellschaftlichen issues. und siehe da: die linken parteien stossen an die spitze vor. die fdp schafft, was ich nicht gedacht hätte, zwischen den beiden den zweiten platz. wiederum auf dem vierten platz liegen die grünliberalen, die auch hier ihrem namen nicht vollends gerecht zu werden scheinen.

logischerweise auf dem letzten platz: die reaktionären von der svp.

das rating zeigt, dass die glp offenbar nicht wirklich als liberale partei durchgehen kann. es bleibt die frage, ob man «liberal» gar nicht von «grün» trennen darf. oder anders gesagt: ist man nur deshalb so wenig liberal, weil man in vielen bereichen eben auch grün sein will / muss?

quelle: nzz online

radikalisierung der parteien

ok, wenn das gewünscht wird, gebe ich nun doch noch meinen senf zum sp-parteiprogramm. aber nicht nur dazu.

im allgemeinen stelle ich ein jahr vor den wahlen eine radikalisierung der parteien fest. der ganze blödsinn wird selbstverständlich von der svp angeführt, die mal wieder ihr braunes süppchen kocht und im wesentlichen die klassische sündenbock-strategie fährt. die ausländer sind an allem schuld. und falls das volk dann wirklich mal merken sollte, dass das so nicht ganz stimmt, hat man mit dem thema «hochdeutsch sprechen im kindergarten» ein erstaunlich explosives mittelchen bereit. damit bleibt sie die partei des stammtischs, der denen in bern oben dann schon zeigen wird, wie man es recht macht.

da sich die mitteparteien weitgehend im tiefschlaf befinden, gibt es links von der svp enorm viel platz. also der richtige moment für die sp, mal wieder zwei, drei wähler zurückzugewinnen? könnte man meinen. das gegenteil ist der fall. indem man weiterhin «den kapitalismus überwinden» will, gibt man auch die schlauen positionen für eine sehr breites publikum schlicht der lächerlichkeit preis. hier wird also, um bei dem schönen bild zu bleiben, weiterhin richtig schön rot gekocht. randensuppe vielleicht? egal. anstatt sich derart rabiat zu äussern, hätte man ja auch diplomatisch von einer weiterentwicklung des kapitalismus in eine sozial gerechtere variante sprechen können. schliesslich gibt es genügend themen, die man direkt an ein solch nicht ganz so extrem formuliertes credo hätte andocken können. wer die aktuelle krankenkassenprämienerhöhung liest, kennt mindestens ein beispiel für ein klassisches sp-thema. doch wie gesagt widmet man sich lieber den einstigen idealen statt anstehenden sachfragen. schade.

wenn ich vorhin gesagt habe, die politische mitte sei im tiefschlaf, so stimmt das natürlich nicht ganz. genau genommen gilt das nur für die fdp, die unter den letzten drei, vier präsidenten immer mehr an profil verloren hat. die cvp schliesst sich dem trend zu radikalisierung an und erinnert sich an ihren ersten buchstaben. darum will man in zukunft die kreuze in der öffentlichkeit durch die verfassung geschützt wissen. parteipräsident darbellay lässt sich sogar zur idiotischen aussage hinreissen, dass eine «dogmatische säkularisierung» gefährlich sei.

unter dem strich: die svp wird immer rechter, die sp wird immer linker und die cvp wird immer religiöser. vielleicht können relativ kleine parteien wie die grünliberalen von der radikalisierung der anderen profitieren. bleibt zu hoffen, dass sie sich von diesem dem konstruktiven politischen dialog wenig förderlichen blödsinn distanzieren.

kein anlass zu misstrauen

es ist schon interessant: es ist noch nicht lange her, da schrien alle parteien von ganz links bis ganz rechts, wie schlimm doch diese finanzkrise sei. zweifellos, das ist sie auch. es ging nicht lange, da standen erneut die boni und spitzengehälter der banker im rampenlicht. auch hier war man sich einig: es muss sich was ändern. ein paar monate später braucht die ubs definitiv staatshilfe. da könnte man meinen, sei der optimale zeitpunkt gekommen, einfluss auf löhne und boni zu nehmen. doch die vormals lauthals schreienden politiker wurden ziemlich still, zögerten aber nicht, von ihrem stimmrecht gebrauch zu machen.

die ideen der sp-parlamentarier:
– höchstlohn von einer million chf.abgelehnt
– keine boni, solange der bund mit kapital unterstützend dabei ist.abgelehnt
– keine dividenden solange der bund ein darlehen gewährt.abgelehnt
– rückforderung von geschäftsleitungs- und verwaltugnsratslöhnen.abgelehnt
– keine parteispenden, solange die ubs geld vom bund erhält.abgelehnt

abgesehen von der sp hat also keine partei einernsthaftes interesse daran, die löhne oder boni zu limitieren. interessant. fdp-präsident pelli setzt dem ganzen noch die krone auf: diskussionen über alternativmodelle seien sowieso nur parteiideologisch motiviert, für die galerie und überhaupt würden sie misstrauen schüren. doch zu misstrauen gäbe es keinen anlass. wow.

4 gewinnt in winikon und triengen?

die fusion der gemeinden winikon und triengen ist so sinnvoll wie das motiv auf dem baseballcap hässlich. sehr. trotzdem hat die fdp natürlich recht, wenn sie davon spricht, dass alle vier zukünftigen ortsteile gewinnen würden. in den letzten wochen vor der abstimmung ist die ganze chose dann doch noch in eine kleinere schlammschlacht ausgeartet, in welcher der schlamm allerdings nur von der gegnerseite kam. wie meistens in solchen fällen, poltern die leute, die gegen etwas sind, viel lauter als die befürworter. heute wird man sehen ob die seltsamen gegenargumente wie z.b. «winikon ist eine zahnlose braut», «winikon stirbt» (flugblatt in der aufmachung einer todesanzeige) den verhinderern zum sieg gereichen. ich hoffe es natürlich nicht, denn wie gesagt: 4 gewinnt.

vielleicht doch ein grüner bundesratssitz?

wenn man es mit der konkordanz so genau nehmen wollte, wie das die svp mit dem anspruch auf ihren zweiten sitz damals machte… könnte auch die grüne partei einen verlangen. die erfolgsaussichten sind wohl nicht sonderlich gut. die rechte seite wird wohl kaum einen fdp-sitz dafür opfern wollen und auch bei der cvp gibt es wohl genügend köpfe, die in der grünen partei vor allem einen politischen gegner sehen. dies obwohl auch die cvp einen grüneren kurs angekündigt hat. wenn überhaupt, dann würde wohl couchepin und nicht merz abgewählt.

Grüner Bundesratssitz gerechtfertigt

Der Anspruch der Grünen auf ei­nen Bundesratssitz ist nicht aus der Luft gegriffen. Dies sagt der Politologe Andreas Ladner in einem am Mittwoch veröffent­lichten Interview mit der NZZ.

Wieso soll eine Partei mit 15 Prozent Wähleranteil zwei Bundesratssitze für sich beanspruchen, während eine Partei mit knapp 10 Prozent leer ausgehen soll, meint Ladner mit Blick auf die FDP. Lege man wie die SVP die Konkordanz arithmetisch aus, könne man diese Frage durchaus stellen. Ein grüner Sitz sei auch für einige der an­deren Parteien verlockend, sagte Ladner. Denn die Machtverhältnisse würden ver­schoben: SP, CVP und Grüne könnten die Politik stärker bestimmen als heute. Ande­rerseits könnten die Grünen frischer poli­tisieren, solange sie nicht ins Machtkartell eingebunden sind, sagt Ladner.

[quelle: tagesanzeiger / sda]

endlich vorbei: wahlkampf 2007

er war eine für schweizer verhältnisse hässliche angelegenheit, der wahlkampf 2007. mit rassistischen plakaten und harten bandagen wurde um die wählergunst gebuhlt. nun haben all die flyer, all die podiumsdiskussionen, all die wahlarenen und all die heuchlerischen interviews ein ende. die würfel sind gefallen, oder besser die wahlcouverts. für das nächste mal wünsche ich mir – wohl vergebens – einen wahlkampf, in welchem es wirklich um themen geht.

zum ersten mal habe ich vor dieser wahl die dienste von smartvote.ch genutzt. die wahlempfehlung fiel mit den [secondos+|http://www.secondos-plus.ch auf eine partei, die sich nicht vom geschreie anderer parteien anstecken liess. ob ich sie auch tatsächlich gewählt habe… lass ich mal offen. 😉