Tierfotografie, wie sie nicht sein sollte

Ein Löwe, der fast aus dem Bildschirm rausspringt. Ein Elefant, der einen im nächsten Augenblick erdrücken wird. Wir kennen diese tollen Bilder aus Büchern und dem Fernsehen. Habt Ihr Euch auch schon gefragt, wie diese unglaublich spektakulären Tieraufnahmen gemacht werden?

Wer sich auch nur ein bisschen mit Fotografie auseinandersetzt wird schnell gecheckt haben, dass solche Fotos nicht durch Zufall entstehen können. Es braucht Planung, gutes Equipment und vor allem auch örtliche Experten, die genau wissen, wo und wann man welche Tiere aufspüren kann.

Tatsächlich hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, aus einer nicht zu grossen Distanz zu erleben, wie das mit der Tierfotografie eben auch gehen kann. Ein Team um Wim van den Heever hielt sich im gleichen Camp in Botswana auf. Er bietet Fotosafaris an, auf denen interessierte Amateurfotografen ihre Fähigkeiten hinsichtlich Tierfotografie schärfen können. Ich kannte ihn auch nicht, aber der Südafrikaner ist definitiv eine grosse Nummer, wenn es um «Wildlife Photography» also um Tierfotografie geht.

 Zwei mal «durften» wir erleben, was das in der Praxis dann bedeuten kann.

Am ersten Tag hörten wir von unserem Guide, die Fotogruppe sei unterwegs, um Bilder von jagenden Wildhunden zu machen. Die seien praktisch nur für die Wildhunde hier. Tatsächlich fanden sie an jenem Tag eine grosse Gruppe Wildhunde. Dank Funkverkehr trafen auch wir wenig später dort ein, wo sich die 16 Tiere etwas unschlüssig hin und her bewegten. Das Ziel, die Gruppe beim Erlegen der Beute zu fotografieren, rückte in für die Wildlife-Photographers in weite Ferne, als ihr Fahrzeug einen Plattfuss erlitt. Ein wenig Schadenfreude empfanden wir schon, da die Leute mit den grossen Objektiven sehr offensiv an das Rudel heranfuhren und sich ihm immer wieder in den Weg stellten, um die Tiere von vorne zu sehen.

Am zweiten Tag trafen wir kurz nach dem Losfahren auf einen Löwen. Das schöne Tier hatte sich trotz Regens neben einem Busch niedergelassen. Wenig später traf auch wieder die Fotografengruppe beim «König der Tiere» ein. Der erhob sich bald. Sofort schnitten im die Knipser den Weg ab. Der Löwe trottete in eine andere Richtung, die Fotografen (ver-)folgten. Wir forderten unseren Guide schon nach ein paar Minuten auf, die Grosskatze zu verlassen, da wir nicht weiter stören wollten. Schliesslich hatten wir ihn in voller Pracht sehen dürfen, und ein paar «Zähne-zeig-Bilder» waren auch schon im Kasten. Die Fotografen blieben da. Es war etwa 16:15. Später, Stunden nicht Minuten, hörten wir über Funk, dass ein Fahrer das Tier als «nervös» bezeichnete. Kein Wunder, denn die Fotogruppe hatte es weiter verfolgt. Wir hörten weiter am Funk mit. «Let me try a wide-angle lens» tönte es da heraus. Als wir um etwa 19:30 ins Camp zurückkehrten, melden wir den fortdauernden Vorfall der Leitung. Ihr Kommentar: Da Tier sei nicht aufgrund der Fotografen nervös. Ja klar.

Am nächsten Morgen stellte sich heraus, dass die Fotojäger noch bis um nach 22:00 dem Löwen nachstellten. Dies, obwohl es klare Regeln gibt, wie lange man sich draussen überhaupt aufhalten darf. Es kann nicht überraschen, dass bei einer sechs Stunden langen Verfolgungsjagd mit grossen Objektiven dann irgendwann mal ein Bild rauskommt, dass mehr als OK ist. Wenn dafür aber ein Tier so belästigt werden muss, ist das bestimmt nicht im Sinne derer, die sich zuhause die grossformatigen Fotobücher anschauen. Diese Fotografen, die wir erlebt haben, sind nichts anderes als Wilderer ohne Waffen. Für sie steht nicht das Tier im Mittelpunkt, sondern der Drang, mit möglichst unmöglichen Perspektiven Ruhm und Ehre einzufahren. Ich werde jedenfalls künftig daran denken, wenn ich wieder einmal ein besonders spektakuläres Tierbild sehe.

7 Antworten auf „Tierfotografie, wie sie nicht sein sollte“

  1. Ist jetzt das der versteckte Hinweis, dass Du den Mungo nicht in Indien knipstest, sondern in Afrika? Du also nicht bloggtest, weil auf der Lodge kein WLAN war?

    Zum Thema kann ich nichts sagen. Ich glaube, diese Fototouren, wo man 15 Amateure mit Profiequipment sieht, die unglaublich viel Kohle ausgeben für ein Katzengrinsen im Busch, sind a) nicht die Referenz und b) nicht Quell von «krassen» Bildern.

    Aber irgendwo hast Du sicher recht, sie «wildern» für ihre «Trophäengalerie».

    By the way, Fotografen, die nur von ihren Bildern schreiben, aber sie nicht zeigen, sind auch irgendwie speziell. Wo kann man Deine Pics gucken?

  2. Also eigentlich hat’s ja drei Fragezeichen in meinem Text… 😉

    Und die Safaribilder kann ich auf Deinem Flickrstream trotz wiederholten Versuchen nicht finden!?

  3. Frage 1, yep.
    Frage 2, jein. War auch mal ganz angenehm ohne Bloggen.
    Frage 3. Du musst angemeldet sein und als «Freund» müsstest Du die Bilder in den Alben eigentlich finden.

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