Antidemokrat von ganzem Herzen

Blocher unterliess es nicht, die gewählten Vertreter von Volk und Ständen schwer zu diskreditieren und die parlamentarische Demokratie in bester populistischer Manier in den Dreck zu ziehen. Man «verplempere» im Parlament nur seine Zeit, sagte er wörtlich. Sitzungen würden nur wegen der Sitzungsgelder abgehalten, meinte Blocher. Wohlfahrt und Sicherheit seien «dort oben mehr oder weniger eine Nebensächlichkeit».

Aus dem NZZ-Artikel zum Abtreten des obersten Antidemokraten. Er, der die Schweiz für ihre Werte und Demokratie so zu lieben vorgibt, tritt beides mit Füssen.

first in – first out – fifo

aus aktuellem anlass ein exkurs in die lagerbewirtschaftung. so wie es aktuell scheint, ist das konzept «first in – first out» sehr schwer zu verstehen. diesen umstand wiederum kann ich nur schwer verstehen, handelt es sich doch um eine recht simple logik.

wahrscheinlich fällt es leichter, wenn man sich das ganze anhand eines nicht ganz so virtuellen beispiels vorstellt. anstelle von devisen, aktien oder sonstigen wertpapieren könnte man sich zum beispiel den joghurtvorrat in einem laden vorstellen. dabei gehen wir mal davon aus, dass die neu angelieferten milchprodukte stets eine identische verbrauchsfrist aufweisen.

was passiert nun, wenn eine neue ladung joghurtbecher angeliefert wird? sie wird sinnvollerweise von hinten her eingeordnet. so werden zunächst die älteren becher an die kunden gebracht. jene die zuerst im regal standen, verlassen selbiges auch wieder als erste. first in, first out eben.

war das nun so schwer verständlich?

wer eine etwas elaboriertere erklärung sucht, wird eventuell bei wikipedia fündig.

danke, svp

Wir haben keine gewalttätigen, rechtsextremen Gruppen – dank der SVP.
christoph blocher, chef-realitätsverdreher der svp in der gestrigen nzz am sonntag.

vom stolz, ausländer zu sein

[…] Er werde im Wahlkampf alles tun, was er könne, rief Blocher nach der Nomination in den Saal. Wer nicht zu den Werten der SVP stehe, sei nur auf dem Papier Schweizer. Deshalb wählten Schweizer SVP. […]
es ist die typische wer-nicht-mit-uns-ist-ist-gegen-uns-diktatur. angewendet vom schweizer populisten schlechtin: christoph blocher. einmal mehr muss der alte mann für seine partei antreten. dieses mal soll er in den ständerat. anscheinend hat man angst um seine wahl, das schon jetzt das braun-gefärbte vokabular ausgepackt wird. monsieur fischer entgegnet mit bitterbösen vorschlägen und dem hinweis, dass die rechtspartei nicht einmal einen drittel der schweizer repräsentiert. tatsächlich muss, wer blochers ausspruch von gestern (im wahrsten sinne des wortes) ein wenig reflektiert zum resultat kommen, das jeder andersdenkende dann halt ein ausländer sei muss. und unter diesen voraussetzungen muss ich sagen, fällt es mir äusserst leicht zu sagen, dass ich stolz bin ein ausländer zu sein. denn die ausländer nach dieser neuen svp-definition sind die wahren schweizer: sie stehen für eine jederzeit offene diskussion, für den schutz von minderheiten, für möglichst viel fairness und schlussendlich für die demokratie als solche ein.

nzz.ch

blocher der populist

mit seinem aktuellen engagement im zusammenhang mit minders gegenvorschlag zu seiner eigenen initiative verliert christoph blocher in meinen augen das letzte bisschen seiner glaubwürdigkeit. nichts scheint ihn davon abzuhalten, genau das zu propagieren, was «das volk» hören will. blocher hat keine ideale ausser seinen eigenen erfolg. er ist nichts mehr denn ein opportunistischer populist.
aus der heutigen nzz am sonntag von felix e. müller:

[…] Die jüngste Albisgütli-Tagung war eine «Tea party»-Versammlung mit Hackbraten. In einer einstündigen Brandrede wetterte Blocher gegen die Eliten, den Bundesrat, die Chefbeamten, die Medien, die Banken, die Boni. Mit spezieller Leidenschaft knöpfte er sich die UBS vor, deren Zerschlagung er seit längerem fordert – notfalls auch im Rahmen eines gemeinsamen Medienauftritts mit dem SP-Präsidenten Christian Levrat. Denn das Volk ist weder links noch rechts, sondern gegen oben.

Und jetzt stellt er sich an die Spitze der Abzocker-Initiative. Zusammen mit Thomas Minder will Blocher nun eine Reihe von Vorschriften durchsetzen, um die Wirtschaft, um die Manager und ihre Löhne in ein engeres staatliches Korsett zu zwängen. Der Schock in der Wirtschaftselite sitzt tief. Bis vor kurzem sahen sie im SVP-Strategen ihren besten Verbündeten, weil dieser stets staatliche Eingriffe in die Wirtschaft kritisiert und möglichst grosse Freiheit für die Unternehmen gefordert hatte. Die Minder-Initiative ist das exakte Gegenprogramm – ein Positionswechsel, der ähnlich kühn ist wie sein heutiger Kampf gegen die UBS angesichts der Tatsache, dass er gerade erst noch als Ehrengast an Marcel Ospels Hochzeit geladen war.

Weshalb nur macht er das?, fragen sich nun manche seiner bisherigen Supporter in der Wirtschaft. Die Antwort ist einfach: Er will politisch Erfolg haben. Als instinktiver Politiker nutzt er alles gnadenlos aus, was ihm dabei hilft: Minder, Levrat, antideutsche Reflexe, Wut auf die UBS. Nun hat er die Anliegen der Abzocker-Initiative der SP ausgespannt und der SVP einverleibt; er überlässt es plötzlich wieder der FDP, die Interessen der Wirtschaft zu verfechten und damit in die Nähe der ungeliebten Manager zu geraten. […]

[quelle: nzz am sonntag, 14-2-2010]

wer will den blocher?

langsam könnte er einem leid tun. (mit betonung auf könnte) in den bundesrat wählen wollten in die parlamentarier nicht. nun wird die svp aber nicht müde für «ihren besten mann» einen neuen posten zu finden. er sei ja so wahnsinnig kompetent, den text kennen wir ja schon. selbst die nzz muss ob einer solchen ämtlisucht ein wenig grinsen und nennt blochers internetformat tele blocher abschätzig «stubenfernsehen». dort will c.b. dann auch stellung zu dieser geschichte nehmen. ich habe ja echt keine ahnung, ob kaspar villiger der richtige mann für den ubs verwaltungsratspräsidentenstuhl ist. aber nur schon aufgrund seines verhaltens könnte ich den chrigi ausschliessen. die ubs braucht nun kaum einen solchen polteri, sondern jemand, der auch in einer krisensituation überlegte entscheide fällen kann. sowas traue ich dem milliardär einfach nicht zu. ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, falls er sich tatsächlich für eine kampfwahl zur verfügung stellt, zum verwaltungsratspräsidenten der ubs gewählt würde.

und dann heisst es wieder: wer will den blocher?

wenn die svp clever wäre

nach dem, was letztes jahr passiert ist, könnte man ja meinen, die svp habe dazu gelernt. hat sie nicht. anstatt zwei wirklich wählbare kandidaten aufzustellen, kommt man mit diesem unsäglichen «zweierticket». der eine ist christoph blocher, also jener alt-bundesrat, den das parlament auf keinen fall zurück im bundesrat will. der andere ist ueli maurer, der für lange zeit im schatten von blocher stand und nun als eine art kopie des superreichen gilt. obwohl er wohl etwas menschlicher ist, vertritt er doch den gleichen stil, der die politiklandschaft in der schweiz in den letzten jahren nachhaltig vergiftet hat.

was aber, wenn das alles kühles kalkül der svp war? was, wenn die svp richtig clever ist? dann könnte sie doch schon im ersten wahlgang geschlossen ueli maurer wählen. da ich davon ausgehe, dass die fdp-fraktion das wohl tun wird und sich bei der cvp auch noch einige maurer-fans finden, hätte diese variante chancen. die linke seite dagegen wird sich wohl eine ähnliche mischung aus chaos und verschwörung erhoffen, die letztes jahr zur wahl von eveline widmer-schlumpf führte. dort würde man dann bestimmt recht blöd aus der wäsche gucken, wenn nach dem ersten wahlgang die wahl von ueli maurer feststehen würde.

doch mein szenario «clevere svp» wird wohl nicht stattfinden. der fanatismus um christoph blocher ist dazu viel zu vorherrschend. ich kann mich nicht erinnern, dass es in der schweiz schon einmal eine politische person gab, die dermassen gehyped wurde. es ist nicht übertrieben, ihn als charismatischen führer zu interpretieren, wie es in der geschichte einige in anderen ländern gegeben hat. er ist absolut unangefochtener geistiger anführer der rechten. das führt aber auch dazu, dass er nicht hinterfragt wird. kritik wird totgeschwiegen oder gar nicht erst geäussert. wäre das anders, so hätte man ihn bestimmt nicht erneut aufgestellt.

so muss sich die svp nicht wundern, wenn am ende keiner der beiden kandidaten – blocher wird in seiner eigenen sprache ja auch gern als «scheinkandidat» bezeichnet – gewählt wird.

bringt blocher als bundesratskandidaten!

ja, liebe svp schweiz, macht das bitte. wie ihr nicht müde werdet zu betonen, ist blocher scheinbar der einzige in eurer ach so riesigen partei, der den «sauladen in bern oben» so richtig aufräumen kann.

mal im ernst, glaubt ihr das echt? seid ihr euch nicht bewusst, dass genau diese neoliberale haltung blochers schuld an der aktuellen wirschaftsmisere ist? seht ihr nicht, dass er, der die ganze zeit die politsche elite kritisiert, nichts anderes ist als die personalisierte geldelite der schweiz? dass er dem volk nur dann nach dem maul redet, wenn es ihm hilft und ihm im nächsten augenblick wieder in den rücken fährt? dass er in sachen personenfreizügigkeit einen 180°-wende gemacht hat, ohne es wirklich zu rechtfertigen? sagt mal, seid ihr alle deppert bei der svp oder hat der typ euch irgendwie hypnotisiert?

bitte, bitte, bringt den christoph blocher in einer einzelkandidatur für die bundesratswahl im dezember. wie die – sicher nicht repräsentative – webumfrage der nzz ergeben hat, stösst blochers kandidatur auf so grosse ablehnung, dass er ganz bestimmt erneut eine niederlage einziehen würde. eine niederlage, die ich ihm von ganzem herzen gönnen würde. er, der der politischen kultur in der schweiz in wenigen jahren nachhaltig geschadet hat. er, der die schweiz im ausland lächerlich gemacht hat. er, der immer wieder die kollegialität im bundesrat mit füssen getreten hat.

bringt christoph blocher als einzelkandidatur, denn dann hat das parlament die chance, einen vernünftigen kandidaten zu wählen.

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svp noch im trotzalter?

Wenn man ein politisches Amt bekleidet, sollte man aus dem Trotzalter heraus sein.
urs schumacher, präsident der svp sektion im berner seeland zum verhalten der svp bezüglich der zwei bundesräte.
nzz online