SRF – Billagdiskussion

Vor bald zwei Jahren habe ich das Thema hier schon einmal umrissen. Inzwischen liegt eine Initiative zur Abstimmung vor, über die wir bereits Anfang März befinden werden. Auch wenn es bis zur Abstimmung nicht mehr lange dauert, so erstaunt der frühe Rummel irgendwie doch. Schaut man sich die Sache etwas näher an, wird aber schnell klar, weshalb das so ist. Im Grunde geht es um die totale Demontage der heutigen SRG. Niemand mit einem Mindestmass von Kenntnissen im Bereich der Medienökonomie wird etwas Anderes behaupten. Ein paar Gedanken zu lose miteinander verbundenen Themen:

Das Netflix-Argument

«Bei Netflix bekomme ich Hunderte Serien in höherer Qualität als bei SRF und ich kann dazu noch die Sprache bzw. jene der Untertitel wählen. Das ganze kostet nur läppische 15 Stutz im Monat. Wozu brauche ich dann noch SRF?» So oder ähnlich habe ich das in den letzten Wochen und Monaten öfters gehört. Zuerst zu meiner Situation: Ich habe nicht nur Netflix, sondern auch Amazon Prime, Spotify und DAZN im Abo. Im Gegensatz zu den meisten, die dieses «Argument» einbringen, kenne ich mich mit diesen Streamingdiensten inzwischen ein wenig aus. Nur hat das eine eben nix mit dem anderen zu tun. Diese Plattformen haben weder eine gescheite Informationssendung, noch befassen sie sich in irgendeiner Weise mit der Schweiz und bis jetzt habe ich auch noch keine rätoromanische Serie auf Netflix entdeckt. Wer blosse Unterhaltung sucht, ist mit diesen Diensten bestens bedient, weshalb sie für mich ein perfekter Ersatz für die Privatsender sind.

Das Ich-will-nicht-für-etwas-bezahlen-das-ich-nicht-nutze-Argument

Schon mal das Wort Solidarität gehört? Aber ich will mal nicht so sein und Euch nicht bloss Schlagworte um die Ohren hauen. Mit unseren Steuern bezahlen wir ständig Dinge, die wir nicht selbst nutzen. Schulen, die wir nicht (mehr) besuchen, Autobahnen, die wir nicht befahren, ja selbst eine Fussballeuropameisterschaft, an der wir selbst nicht mitspielen durften. Nebenbei leisten wir uns auch noch eine Armee, die der Bedrohungslage in keinster Weise gewachsen ist. Sie frisst im Gegenteil der Privatwirtschaft viele Tausend Stunden an Arbeitszeit weg, in denen Angestellte Munition auf einen Hügel ballern, damit sie nächstes Jahr wieder das gleiche Budget beantragen dürfen. Ziemlich sinnlos. SRF dagegen ist nicht sinnlos. Die verschiedenen Sender bieten ein breites Informationsangebot, das auf die Schweiz angepasst ist. Gerade auch bei politischen Themen wird umfassend und fair berichtet. In der Politsendung Arena wird sogar darauf geachtet, dass Befürworter und Gegner eines Themas jeweils möglichst gleich viel Redezeit erhalten.

Müssten wir ständig nur genau das bezahlen, was wir nutzen, wir kämen nicht aus der eigenen Hausausfahrt heraus, ohne das Portemonnaie zu zücken. Es gibt Dinge, bei denen es sinnvoll ist, wenn sie durch den Staat zur Verfügung gestellt werden. Da die Schweiz sehr klein ist und dann noch vier verschiedene Sprachregionen umfasst, könnten gänzlich privat finanzierte Medien qualitativ hochwertige Medieninhalte für unser Land unmöglich auch nur kostendeckend produzieren.

Das Zwangsgebühr-Argument

Nun, das ist eigentlich gar keines. Denn eine Gebühr ist immer mit dem Zwang verbunden, selbige zu entrichten. Es handelt sich lediglich um ein Stilmittel, hier noch das negativ konnotierte Wort Zwang miteinfliessen zu lassen. Nur schade, dass sich die Gegner der Vorlage inzwischen ähnlicher Methoden bedienen (müssen?).

Das alles-SRF-Journis-sind-links-Argument

Ich kenne die politische Gesinnung der meisten SRF-Journis nicht. Tatsache ist, dass Journalisten (nicht nur jene der SRG) generell eher links eingestellt sind. Somit also auch jene bei SRF. Dass es auch Gegenbeispiele gibt, zeigt der ehemalige Arena-Moderator Filippo Leutenegger, der selbst in der FDP eher am rechten Flügel zu verorten ist. Sollte tatsächlich einmal tendenziös berichtet werden, gibt es immer noch die Möglichkeit, an die Ombudsstelle zu gelangen.

Das SRF-ist-nicht-unabhängig-Argument

Einmal wird von Staatsmedien geschrieben, dann wieder wie links SRF eben sei. Natürlich stimmt beides nicht. Wer sich echtes Staatsfernsehen anschauen will, schaltet vielleicht einmal auf RT (vormals Russia Today). Wenn man sich das Parlament anschaut und dann in der Annahme, dass es sich bei SRF wirklich um ein Staatsfernsehen im engeren Sinne handelt auf die Gesinnung desselben schliessen müsste, wäre diese kaum links. Insofern ergibt dieser Vorwurf sehr wenig Sinn.

Sinnvoll aus Sicht der Initianten ist aber der Angriff auf ein unabhängiges Medium wie es SRF eben darstellt. Denn es ist weitgehend unbeeinflussbar. Man braucht kein Verschwörungstheoretiker zu sein, um zu begreifen, worum es hier mitunter auch geht: Ist SRF erst einmal aus dem Weg geräumt, könnte der mediale Meinungsbildungsprozess viel stärker beeinflusst werden. Und wenn man die Vorgänge in der Printwelt der Schweiz in den letzten Jahren anschaut, ist klar, in welche Richtung es gehen wird. Nach der Übernahme der BaZ und jener der Zehnder Medien, dürfte dann auch im TV die Stossrichtung klar sein. Während SRF tatsächlich unabhängig ist, blüht uns nach einer Annahme der Initiative ein rechtsdominiertes Fernsehen blocherscher Prägung.

Fazit

Seien wir ehrlich, niemand bezahlt gerne Billag (oder Serafe, wie es bald heissen wird). Aber wenn wir weiterhin von gut gemachten, neutralen Berichten profitieren möchten, wenn wir die viersprachige Schweiz weiterhin fördern möchten und wenn wir weiterhin Freude an Eigenproduktionen wie «Der Bestatter» haben möchten, müssen wir diese Vorlage bachab schicken. Im Sinne der Solidarität, die unser Land auszeichnet, kann es keine andere Antwort als ein fettes «Nein» auf dem Stimmzettel geben.

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