Polemiker?

Meine Sicht auf den potentiellen Pilatus-Gegenauftrag im Zusammenhang mit dem Gripen-Deal sei polemisch, wurde mir vorgeworfen. Tatsächlich ist meine Haltung in solchen Dingen sicher extrem. Grundsätzlich sind es zwei Punkte, die dabei für mich im Vordergrund stehen. Die Neutralität der Schweiz und die Wahrung der Menschenrechte nämlich.

Wir sitzen hier im wohlbegüterten Europa umgeben von Staaten, die uns freundlich gesinnt sind. Eine Armee, die bis zu den Zähnen bewaffnet ist, macht längst keinen Sinn mehr. Übrigens hätte sie, als sie vielleicht wirklich einmal gebraucht worden wäre, das Volk ja käglich im Stich gelassen. Insofern fehlt mir da auch mit Blick auf kriegerische Zeiten jedes Verständnis für die Erhaltung der Armee in der derzeitigen Form. Aber das hat nicht direkt etwas mit den Exporten zu tun.

Als neutraler Staat sollte man keine Waffen in Konfliktregionen liefern. Aber was genau ist denn eine Konfliktregion? Das ist relativ klar geregelt:

Auslandsgeschäfte und Abschlüsse von Verträgen nach Artikel 20 KMG werden nicht bewilligt, wenn:

a. das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist;

b. das Bestimmungsland Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt;

c. das Bestimmungsland auf der jeweils geltenden OECD-DAC-Liste der Empfängerländer öffentlicher Entwicklungshilfe unter den am wenigsten entwickelten Ländern aufgeführt ist;

d. im Bestimmungsland ein hohes Risiko besteht, dass die auszuführenden Waffen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden; oder

e. im Bestimmungsland ein hohes Risiko besteht, dass die auszuführenden Waffen an einen unerwünschten Endempfänger weitergegeben werden.

KMV

Nun will das Parlament die Sache aber lockerer handhaben. Ich wäre eher für eine weitere Verschärfung. Tatsächlich ist für mich der Unterschied relativ unerheblich, ob ein Pilot nur auf einem Schweizer Flugzeug für seine Ernstkämpfe ausgebildet wird oder ob er sie auch damit bestreitet. Mir geht es wirklich um das Prinzip. Und dieses Prinzip lässt auch nicht zu, dass Trainingsflugzeuge an Saudi Arabien geliefert werden.

Fast jeder Staat ist schon mal in Verruf geraten, er habe die Menschenrechte nicht eingehalten. Doch es gibt ein paar wenige, die scheren sich systematisch nicht um die Universal Declaration of Human Rights. Und ich finde, dass genau jene Staaten in Bezug auf die Belieferung durch Schweizer Firmen sehr restriktiv zu behandeln sein sollten. Und es ist sehr wohl möglich, dass ein Staat, der vor 30 Jahren noch als «nicht-belieferbar» galt heute bedenkenlos zu beliefern ist.

Wenn das nun polemisch ist, dann bin ich gerne ein Polemiker.

7 Antworten auf „Polemiker?“

  1. Schade finde ich einzig, dass Du festlegst, dass Pilatus Trainingsflugzeuge dem KMG unterstellt seien. Es ist vielmehr so, dass sie als Dual Use Güter dem GMG unterstellt sind. Guggschdu Artikel 3 lit. c – da werden die bösen Trainingsflugzeuge «mit Aufhängungspunkten» explizit erwähnt.

    Und gerne erwähne ich auch, dass Saudi Arabien schon seit 1986 Pilatus Flugzeuge einsetzt. Genau jenes Land also, das zu Golfkriegzeiten noch ganz genehm war. Die Flotte wurde übrgens damals wie heute über BAe Systems (GB) beschafft – die Engländer stellen den Saudi’s das Trainingssystem schlüsselfertig hin. Wer das Inventar ansieht, erkennt, dass Saudi Arabien genügend Fighter hat, um die Trainingsflugzeuge aus dem «Kampfgetümmel» fernzuhalten.

    Es ist (leider) so, dass viele Leute die Hintergründe nicht kennen und für gewisse Fakten resistent sind. Man bemüht immer und immer wieder «das eine Beispiel» – ohne die Sache differenziert zu betrachten. Last but not least – mit dem GMG muss man zum Schluss kommen, dass Pilatus 100% Zivilluftfahrzeuge baut – die Minderheit davon lassen sich auch militärisch einsetzen.

    Im Saudi Arabischen Inventar befinden sich auch Cessna 172’s. Ich fliege denselben Typ – bin ich jetzt auch böse? (bin solidarisch und oute mich als Polemiker 😉 )

  2. 1. Indem Du sie ironisch als böse bezeichnest, werden die «Trainingsflugzeuge» für mich nicht sympathischer.
    2. Du kannst noch 100 Mal sagen, dass Saudi Arabien früher mal genehm war. Das macht den Staat doch heute nicht besser.

    Immerhin führst Du den für mich zentralen Punkt auch mit auf: «die Minderheit davon lässt sich auch militärisch einsetzen». Es ist mir egal, ob die Wahrscheinlichkeit für den militärischen Einsatz bei nur 5% oder so liegt: Ich möchte keine Schweizer Flugzeuge in Kriegsdiensten dieser Länder sehen.

    Dass gerade jene Parteien für solche Deals sind, die sonst bei jeder Gelegenheit die Neutralität der Schweiz betonen, macht es auch nicht besser.

  3. Aufs GMG gehst jetzt nicht mehr ein?

    Militärischer Einsatz heisst nicht Kriegsdienst. Trainingsflugzeuge werden nicht für Kriegsdienste eingesetzt. Damit unterstellst Du den Betreibern Inkompetenz und Ineffizienz. Man fährt auch nicht mit VW Golf ein Formel 1 Rennen.

    Ich lade Dich hiermit ein zu einem Firmenbesuch, dann kannst Du Dich gerne technisch überzeugen, was an den Fliegern dran ist (und was nicht) und wie sie funktionieren. Ich glaube, dass ich sehr gut Bescheid weiss über die Hintergründe. Wenn es Dich technisch nicht interessiert, dann geht es tatsächlich um Prinzipienreiterei.

  4. Der Link zum GMG ging nicht…

    Natürlich geht es um Prinzipienreiterei. Steht ja auch so im Post. Und ich bin der Überzeugung, dass Pilatus auch (sehr gut) überleben könnte, würde man nicht an zweifelhafte Regimes liefern.

    Die Einladung nehme ich gerne an. Auch wenn ich bestimmt der Falsche bin, um zu beurteilen, was man da nun dranmachen kann und was nicht. Technisch interessiert mich das durchaus.

  5. Mit Paragrafen um mich schmeissen, falsche Abk. nehmen und dann den Link falsch posten… Bravo Mirko.

    Güterkontrollgesetz GKG Hoffentlich gehts so.

    Freue mich, Dich in Stans zu begrüssen 🙂 wir arrangieren den Besuch off-blog.

    Auf der Kundenliste stehen keine zweifelhaften Regimes – das kann sich die Firma nicht leisten. Der Effort zur Sicherstellung der Konformität (legale, technische) ist enorm. Die Weiterentwicklung der Firma – ich verweise auf den 1. August – wird sicher nicht gefährdet durch dieses «Problem».

    Genau so wie sich in Europa und in der CH die Bedrohungslage geändert hat, hat man auch in anderen Ecken des Planeten Veränderungen – es ist längst nicht mehr alles so Wildwest wie in den 80ern. Betreffend Saudi Arabien, da würde mich schon noch interessieren, wo Du da ein Problem siehst. Was macht dieses «Regime» im Moment so unbeliebt bei Dir?

  6. Saudi Arabien… also, hier aufgrund von Faulheit meinerseits ein paar rauskopierte Sachen von Human Rights Watch http://www.hrw.org/world-report/2013/country-chapters/saudi-arabia?:

    a Women and girls remain effectively banned from sports within the kingdom.
    b Saudi Arabia continued to sentence children to death. In March, Okaz reported that authorities had sentenced to death eight persons aged 16 to 19.
    c Saudi Arabia does not allow political or human rights associations.

  7. Danke. Den Link zu militärischen Aktionen, die man gegen Unschuldige mit Schweizer Flugzeugen unternimmt, schaffe ich zwar nicht, aber ok, dir gefällt das generell nicht, was die da tun. Dann dürften wir auch keine Uhren und Käse nach SA exportieren…

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