[…] Wie etwa könnten wir aus einer aufklärerischen Perspektive heraus Glaubensüberzeugungen respektieren, die noch immer – im 21. Jahrhundert! – gegen Schwule und Ehebrecherinnen agitieren?
Nein, hinter solchem Respekt verbirgt sich meist bloß Ignoranz beziehungsweise Feigheit, die sprichwörtlich geworden ist: Der Klügere gibt nach – was der Dummheit schon häufig zum Sieg verholfen hat. […]
was michael schmidt-salomon da für die zeit geschrieben hat, musste einmal geschrieben werden. dringend sogar. und nun, nunmuss es gelesen werden. von uns allen. danke.
Konfrontationstherapie für Kritikphobie
Das ist hier ist genau der Punkt:
>Es ist wie bei einer Spinnenphobie: Wer unter der wahnhaften Angst leidet, beim Anblick einer Spinne sterben zu müssen, kann seine Angst nur dadurch überwinden, dass er mit dem Auslöser seiner Angst konfrontiert wird. Ähnlich ist es bei der Kritikphobie der Hardcore-Religiösen, auch hier hilft im Grunde nur systematische Desensibilisierung: Wir sollten sie daher mit so viel Kritik und Satire versorgen, bis sie irgendwann von selbst erkennen, wie irrsinnig es ist, wegen einer harmlosen Zeichnung in die Luft zu gehen oder schlimmer noch: andere in die Luft zu sprengen.
Die Lösung für dieses Problem ist nicht, auf jegliche potentielle Provokation zu verzichten. Das ist kontraproduktiv und führt nur dazu, dass die kleinste Provokation zu enormen Reaktionen führen kann — wegen einem idiotischen YouTube-Filmchen sterben dann plötzlich Menschen.
Wenn wir derart Rücksicht auf religiöse Gefühle nehmen, dann werden religiöse Menschen nie lernen, mit Kritik umgehen zu können, und jede einzelne Kritik wird überproportional bewertet. Wir werden erst Ruhe haben, wenn religiöse Kritik so normal wird wie politische Kritik.
Das wird auch dazu führen, dass es nicht mehr so einfach möglich sein wird, einzelne Kritiker (wie Salman Rushdie, Taslima Nasrin, Ayaan Hirsi Ali, Theo van Gogh, Molly Norris, etc.) zu isolieren und direkt anzugreifen.