micheline calmy-rey tritt für aktive neutralität ein

während bürgerliche politiker immer das wortbewaffnet betonen, erläuterte micheline calmy-rey in ihrer 1.-august-rede ihr verständnis von neutralität. aktiv soll diese sein. neutralität kann nicht heissen, dass man in kritischen fragen einfach keine meinung hat. das wäre dann nicht neutral, sondern feige. das aktuelle beispiel ist die libanon-krise. die bürgerlichen möchten hier lieber gar keine position beziehen. dabei ist die sachlage klar, israel hat ein dorf bombardiert und 60 zivilpersonen (vor allem frauen und kinder) getötet. dies harsch zu kritisieren ist in meinen augen sogar pflicht. calmy-rey: «wer schweigt, wenn unschuldige zivilisten das ziel unterschiedsloser militäraktionen werden, oder wer sich nicht gegen den terror erhebt, ist nicht neutral. er ist damit einverstanden.» für mich klingt das fast schon ein bisschen nach «wer nicht mit uns ist, ist gegen uns», also vielleicht etwas übertrieben. im kern stimmt die aussage aber wohl. und ich denke, dass sich das sehr wohl mit einer generell neutralen haltung vereinen lässt. laut dem kommentar auf der tagesanzeiger titelseite hat der bundesrat 1993 die neutralität definiert: «sie darf nicht als haltung des stillsitzens und des abseitsstehends verstanden werden», heisst es da. mir soll’s recht sein. auf in dieaktive neutralität! (über die bewaffnung (bzw. über deren abschaffung) können wir gerne wieder mal diskutieren.

artikel aus dem tagesanzeiger:

Calmy-Rey verteidigt aktive Neutralität – Bürgerliche erbost

Micheline Calmy-Rey kritisiert in ihrer 1.-August-Rede jene, die zur Libanon-Krise nicht deutlich Stellung nehmen. Damit zielt sie indirekt auf den Bundesrat – und erntet dafür erneut Kritik.

Der Bundesrat ist in der Frage der Neutra­lität gespalten. Justizminister Christoph Blocher beschwor am Vorabend des 1. Au­gust die Neutralität ohne Einmischung. Die paar Male, als die Schweiz die Neutra­lität vergessen habe, sei es ihr fast an den Kragen gegangen. Aussenministerin Mi­cheline Calmy-Rey hingegen will kein Schweigen. «Wer schweigt, wenn un­schuldige Zivilisten das Ziel unterschieds­loser Militäraktionen werden, oder wer sich nicht gegen den Terror erhebt, ist nicht neutral. Er ist damit einverstanden», sagte sie an der Bundesfeier in Zürich mit Blick auf den Konflikt im Nahen Osten.

Laut Calmy-Rey würde man es nicht verstehen, wenn die Schweiz als Deposi­tarstaat der Genfer Konventionen zur Bombardierung des libanesischen Dorfes Qana und zum Tod von Kindern oder Frauen schweigen würde. «Damit würde das Land seine internationale Glaubwür­digkeit aufs Spiel setzen.» Übte die Aussenministerin damit Kritik am Gesamtbundesrat? Dieser hatte am letzten Mittwoch lediglich erklärt, er be­daure «die menschliche Tragödie, die sich im Nahen Osten abspielt, zutiefst». Er wolle sich für eine diplomatische Lösung im Rahmen der Uno einsetzen. Calmy-Reys Sprecher Jean-Philippe Jeannerat erklärte, mit ihrer gestrigen Rede habe die Aussenministerin auf die Kritik aus der Öffentlichkeit an ihren bis­herigen Worten geantwortet. «Es ist keine Kritik am Bundesrat», sagte Jeannerat.

«Kollegialitätsprinzip verletzt»

Bürgerliche Politiker sehen das anders. SVP-Präsident Ueli Maurer ärgerte sich, dass Calmy-Rey «ihrer Rolle nicht einmal am Nationalfeiertag gewachsen ist und gar den Bundesrat ins Visier nimmt». Die Aus­senministerin müsse lernen, die Schweiz richtig zu vertreten statt ständig deren Neutralität zu verletzen. Stattdessen agiere sie in diesem Konflikt parteiisch und einseitig. Die FDP kritisierte Calmy­ Rey nicht weniger scharf: «Sie hat zu Gunsten ihrer eigenen Meinung das Kolle­gialitätsprinzip im Bundesrat verletzt», sagte FDP-Präsident Fulvio Pelli. Der komplexe Nahost-Konflikt sei ein Pro­blem, bei dem die Schweiz nur eine ein­zige Rolle spielen könne, nämlich eine be­tont neutrale. «Calmy-Rey darf nicht Par­tei nehmen. Sie darf nicht verurteilen», sagte Pelli. Dies, zumal ihre Rede nicht mit dem Bundesrat abgesprochen sei.

Vorsichtige Töne von Leuenberger

Bundespräsident Moritz Leuenberger drückte sich im Val-de-Travers vorsichti­ger zur Libanon-Krise aus: «Wir sind scho­ckiert über den Tod von Kindern und Er­wachsenen. Waffen können keine Lösung bringen, nur noch mehr Schmerzen.» Eine Lösung gebe es nur durch Dialog und Ver­handlungen. Leuenbergers Sprecher An­dré Simonazzi stellte klar, die diplomati­schen Berater von Calmy-Rey und Leuen­berger würden sich vor solchen Reden je­weils absprechen. Leuenberger sei infor­miert gewesen, was Calmy-Rey in Zürich sagen werde.

Friedliche Feier auf dem Rütli

Bei der Bundesfeier auf dem Rütli kam es dank rigoroser Zutrittskontrollen zu keinen Störungen. Die Polizei verweigerte 147 Personen den Zutritt. 40 von ihnen wurden festgenommen. Brunnen, von wo aus die Besucher per Schiff aufs Rütli ge­langten, wurde von der Polizei abgerie­gelt. Dennoch gelangte ein Dutzend Rechtsextreme bis aufs Rütli, wo sie von der Polizei noch vor Beginn der Feier weggewiesen wurden. Judith Stamm von der Gemeinnützigen Gesellschaft, welche die Feier organisierte, zeigte sich zufrie­den. Bei der Rütlifeier 2005 hatten meh­rere Hundert Rechtsextreme die Anspra­che von Bundesrat Samuel Schmid unter­brochen.

Der Verteidigungsminister war auch in diesem Jahr Ziel der Rechtsextremen. 150 bis 200 schwarz gekleidete Personen ver­suchten, auf die Lenzburg im Kanton Aar­gau vorzudringen, wo der Magistrat seine Ansprache hielt. Die Polizei verhinderte jedoch den Ansturm der mehrheitlich aus Deutschschweizer Kantonen angereisten Rechtsextremen.

3 Antworten auf „micheline calmy-rey tritt für aktive neutralität ein“

  1. unglaubwürdiges Israel
    Ich finde Calmy-Rey ja gar nicht so übel. Und dass auch Israel unhaltbare Scheisse bietet, ist wohl langsam auch unbestritten. Doch der Begriff aktive Neutralität ist mir suspekt. Erinnert mich irgendwie an aktive Sterbehilfe, was beinahe mit Mord gleichzusetzen ist. Aber klar, ich sehe es auch als Pflicht an, dermassen grobe Verstösse gegen die Menschlichkeit zu verurteilen. Doch was passiert dann? Ginge damit die beispiellose Rolle der Schweiz als neutraler Verhandlungsplatz verloren? Das wäre ein herber Rückschlag, für die Schweiz und die ganze Welt. Es braucht beidseitig akzeptierte Plätze, wo Verhandlungen stattfinden können.

    Wir haben also ein Dilemma. Das Stillsitzen und des Abseitsstehen darf so nicht Praxis sein. Wen wunderts, ich sehe die Ursache von diesem Zustand in der Haltung gewisser einflussreicher israelischer Kreise. Zum einen die Regierung selber, welche die Schweiz als neutraler Verhandlungsplatz nicht mehr akzeptieren würde, obwohl offensichtlich Israels Tätigkeiten unhaltbar sind. Doch diese Kreise suchen ja nicht nach der Ursache/Schuld in den eigenen Reihen.

    Zum anderen sind es israelische Lobbys, in den USA wie auch in der Schweiz, welche sofort intervenieren, sobald Israel in Kritik gerät, egal ob berechtigt oder nicht. Diese Kreise haben schon lange ihre Objektivität verloren. Gut, wahrscheinlich hatten sie ja auch nie eine, da sie ja in ihren Grundzügen für eine Seite Partei ergreifen. So ist es unmöglich, objektiv und konstruktiv gewisse Vorfälle zu verurteilen, da dies gerade als Partei ergreifen abgestempelt würde und dies nicht von der Welt, sondern nur von diesen blockierenden, unkonstruktiven israelischen Kreisen, welche eben viel zu viel Einfluss haben. Die Lösung wäre, solchen Kreise jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen, da sie mit ihrer Haltung nicht in der Lage sein werden, eine Lösung zu finden.

  2. Dem habe ich nichts mehr beizufügen.
    calmy-rey: «wer schweigt, wenn unschuldige zivilisten das ziel unterschiedsloser militäraktionen werden, oder wer sich nicht gegen den terror erhebt, ist nicht neutral. er ist damit einverstanden.»
    Mir ist wurscht, wer angefangen hat dort unten. Eines weiss ich aber sicher: Die unschuldige Bevölkerung war’s nicht. Wer nicht Stellung bezieht, verschliesst die Augen.

    Noch was, was ist eigentlich in die deutsche Regierung gefahren, die scheint auf Amerikakurs zu sein!? Schleifts eigentlich? Gegen den Irakkrieg und für den Libanonkrieg? Wo ist das Kopfschüttelsmilie?

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