die leere drohung mit dem gang in die opposition

vor der wahl von gestern war sie wieder zu hören. die drohung mit dem gang in die opposition. ausgesprochen von der einmal mehr wählerstärksten partei der schweiz. jene partei, die sich heute wohl grün und blau ärgert, dass man eine fähige und durchaus genügend konservative gewählte bundesrätin aus der partei kickte. dass im zweifelsfall kompetenz durchaus vor konkordanz gehen kann, hat die gestrige wahl gezeigt.

die fdp als einzige verbündete der svp ist gestern mit kleinen unschönen ausnahmen ihrer ansage treu geblieben und hat nicht für frau widmer-schlumpf gestimmt. dass dies nicht für einen einzug eines zweiten svplers reichen würde, war mathematisch längst klar. dass die rechtsaussenpartei danach in einer trotzreaktion sämtliche andere sitze anzugreifen versuchte, machte ihre wahre motivation offensichtlicher. es ging wohl doch nicht um die herstellung der konkordanz, denn dann hätte man keinen anderen sitz angreifen dürfen. es ging nur um eine plumpe rache an der bündner bundesrätin.

wäre die svp cool und clever, sie hätte gestern noch eine chance für einen mini-coup gehabt. sie hätte bei der wahl des ersatzes von micheline calmy-rey nicht auf ihren eigenen kandidaten, der sowieso chancenlos war, setzen sollen. sie hätte, mitunter um der verfassung rechung zu tragen, sämtliche stimmen an frau carobbio geben sollen. das hätte nochmals eine echte und berechtigte diskussion um die vertretung der sprachregionen auslösen können. da es sowieso zu einem zweiten wahlgang gekommen wäre, hätte diese idee mit etwas geschickter diplomatie nach dem ersten durchaus chancen gehabt.

klar, für sich gewonnen hätte die svp so gar nichts. aber sie hätte nicht eine dermassen peinliche und unsportliche ertragene niederlage einstecken müssen.

heute steht man da und spricht wieder davon, wie man doch ein opfer dieser koalitionen sei. schon spricht man davon, dass man zu wenig hart gewesen sei. dabei begreift jeder, der sich den bundesrat anschaut, dass dort genau jene svp vertreter sitzen, die das parlament will. es ist genau der hardlinerkurs verbunden mit einem gelinde gesagt unschönen stil, der die svp in den vergangenen jahren viel kredit und vertrauen gekostet hat. die drohung mit dem gang in die opposition ist nicht nur wegen einem fehlenden rückzug des verbleibenden «echten» svp-bundesrates maurer eine leere. so wie die svp politisiert, ist sie trotz regierungsbeteiligung längst in der opposition angekommen. der erfolgreiche weg bezüglich einer breiteren abstützung im parlament führt also genau nicht in richtung hardlinertum, sondern in richtung mässigung.

neue kampfflugzeuge? wirklich?

es ist ja schon spannend: sparen steht in der schweiz an oberster stelle. nicht nur im volk, auch der staat gibt sich in dieser disziplin mühe. wir haben dafür sogar einen eigenen terminus erfunden. die schuldenbremse. klingt toll, oder? wie frau widmer-schlumpf nicht müde wird zu betonen, funktioniert das ding auch gar nicht allzu schlecht.

nun kommen aber die grossen und kleinen jungs aus dem parlament, die soooo gerne richtig schön laute, schnelle und vor allem eben: teure kampfflugzeuge für die schweiz hätten. dafür sind sie bereit, das armeebudget von 4,1 auf 5 milliarden schweizer franken pro jahr aufzustocken. sie verschweigen dabei natürlich gerne, dass die 900 millionen chf irgendwo eingespart werden müssen. wahrscheinlich bei so unwichtigen dingen wie der bildung.

weiter erstaunlich: weil die flugis im regulären armeebudget unterschlupf finden sollen, werden allfällige einwände des volkes umgangen. obwohl das aktuell irgendwie nicht ganz rauszufinden ist, scheint ein referendum gegen die beschaffung der jets eher schwierig.

egal ob man sparen will oder nicht, jegliche beschaffungen für die armee sollten doch zunächst an die bedrohungssituation angepasst werden. doch im chaos, das ueli maurer zur zeit in bern anrichtet, ist nicht einmal die basalste aller notwendigen informationen in ausreichender qualität vorhanden.

wenn die svp clever wäre

nach dem, was letztes jahr passiert ist, könnte man ja meinen, die svp habe dazu gelernt. hat sie nicht. anstatt zwei wirklich wählbare kandidaten aufzustellen, kommt man mit diesem unsäglichen «zweierticket». der eine ist christoph blocher, also jener alt-bundesrat, den das parlament auf keinen fall zurück im bundesrat will. der andere ist ueli maurer, der für lange zeit im schatten von blocher stand und nun als eine art kopie des superreichen gilt. obwohl er wohl etwas menschlicher ist, vertritt er doch den gleichen stil, der die politiklandschaft in der schweiz in den letzten jahren nachhaltig vergiftet hat.

was aber, wenn das alles kühles kalkül der svp war? was, wenn die svp richtig clever ist? dann könnte sie doch schon im ersten wahlgang geschlossen ueli maurer wählen. da ich davon ausgehe, dass die fdp-fraktion das wohl tun wird und sich bei der cvp auch noch einige maurer-fans finden, hätte diese variante chancen. die linke seite dagegen wird sich wohl eine ähnliche mischung aus chaos und verschwörung erhoffen, die letztes jahr zur wahl von eveline widmer-schlumpf führte. dort würde man dann bestimmt recht blöd aus der wäsche gucken, wenn nach dem ersten wahlgang die wahl von ueli maurer feststehen würde.

doch mein szenario «clevere svp» wird wohl nicht stattfinden. der fanatismus um christoph blocher ist dazu viel zu vorherrschend. ich kann mich nicht erinnern, dass es in der schweiz schon einmal eine politische person gab, die dermassen gehyped wurde. es ist nicht übertrieben, ihn als charismatischen führer zu interpretieren, wie es in der geschichte einige in anderen ländern gegeben hat. er ist absolut unangefochtener geistiger anführer der rechten. das führt aber auch dazu, dass er nicht hinterfragt wird. kritik wird totgeschwiegen oder gar nicht erst geäussert. wäre das anders, so hätte man ihn bestimmt nicht erneut aufgestellt.

so muss sich die svp nicht wundern, wenn am ende keiner der beiden kandidaten – blocher wird in seiner eigenen sprache ja auch gern als «scheinkandidat» bezeichnet – gewählt wird.

forza eveline angegriffen

Leider wurde die Website www.forza-eveline.net Opfer eines professionellen Angriffs (distributed denial of service attack). Gewissen Personen scheinen Respekt und Meinungsfreiheit einfach nicht zu behagen.
schade. die unterschriften hatten sich seit gestern nachmittag (3000) mehr als verdoppelt (6400).

forza eveline

gerade schön ist die internetseite nicht, aber sachdienlich sehr wohl. den machern geht es nämlich darum, den rückhalt von eveline widmer-schlumpf in der bevölkerung aufzuzeigen und nebenbei für mehr respekt in der politik aufzurufen.

Eveline Widmer-Schlumpf wurde von der vereinigten Bundesversammlung gewählt. Wer dieses Verfahren nicht akzeptiert, stellt grundsätzlich die Demokratie in Frage

Diese Website wurde ins Leben gerufen, um Eveline Widmer-Schlumpf schnell und unkompliziert den Rückhalt in der Bevölkerung – von links bis rechts – zu zeigen. Es geht nicht darum, eine politische Gesinnung zu vertreten, sondern einzig darum, Respekt vor Personen und unserem politischen System einzufordern

quelle: forza eveline

via siliva g. – thanks

danke an icore, lkm und jackbrown fürs unterschreiben.

svp noch im trotzalter?

Wenn man ein politisches Amt bekleidet, sollte man aus dem Trotzalter heraus sein.
urs schumacher, präsident der svp sektion im berner seeland zum verhalten der svp bezüglich der zwei bundesräte.
nzz online

weltwoche 51/52 2007

wir waren helden so der klingende titel der einzigen weltwoche-ausgabe, die es sich 2007 zu kaufen lohnte. das könnte man auch über die weltwoche selbst sagen, war sie doch einst so eine art heldin im mediendschungel. die interview-ausgabe verunmöglicht es den svp-schreibern des rechtsaussenwochenmagazins allzu sehr daneben zu interpretieren. trotzdem hatte ein dümmlicher artikel von roger köppel noch platz. klar, der war wichtig, schliesslich wurde das idol vom thron gestossen. blocher ist nicht mehr bundesrat und das hat seine gefolgschaft noch immer nicht ganz verdaut. das noch genug schrott drin steht merkt man auch an hardmans blog, finden sich doch diverse mehr oder minder klug gewählte aussagenschnipsel in einen blogbeitrag verwurstelt.

ebenso findet sich eine alsglosse bezeichnete witzlosigkeit von andreas honegger (ehemaliger nzz-redaktor, zh-kantonsrat fdp), die mit der bösen eveline widmer-schlumpf aufzuräumen versucht.

das interview mit der der neo-bundesrätin wurde seitens der weltwoche gleich zu dritt angegangen. neben den bornierten profi-provokateuren engeler und köppel durfte auch yvonne staat mithelfen, möglichst suggestive fragen zu stellen. widmer-schlumpf verlor die contenance aber nicht, gab versierte und differenzierte antworten. dann auf der folgenden seite die unvermeidliche befragung des abgewählten. und siehe da, der polterer hat ein neues wort erfunden. nach den so populären scheininvaliden, ist nun an allem die scheinkonkordanz schuld. tatsächlich wird einmal mehr klar, was blocher ist: ein *scheindemokrat.*

aber zurück zur weltwoche. weiter geht es mit dem interview von frau uchtenhagen. die frau, die gar nie bundesrätin wurde. interessant ist vor allem, was hardman aus ihrer anwort auf die letzte frage gemacht hat.

weltwoche: ich sehe, ihren kampfgeist haben sie sich auch als beinahe 80-jährige bewahrt.

uchtenhagen: und wie! aber heute stehen für mich andere probleme im vordergrund, etwa die ausländerfeindlichkeit. die gleichstellungsthematik ist nicht mehr aktuell. frauen können sich heute nicht mehr darüber beklagen, dass sie schwierigkeiten haben, weil sie eine frau sind.

nun ratet mal, welchen teil der gute hardman zitiert hat. billig, billig.

es folgen viele interessante und ein paar langweilige interviews. alles in allem ist den machern ein spannendes stück wc-lektüre gelungen. besonders beeindruckt hat mich jenes mit tommie smith. das war der schwarze amerikaner, der 1968 bei den olympischen spielen auf dem siegespodest die faust ballte, um auf die anhaltende rassentrennung aufmerksam zu machen.

georg kohler über die abwahl des christoph b.

georg kohler ist professor für philosophie an der universität zürich. auf dem gebiet der politischen philosophie ist er auch den politikwissenschaftlern bekannt. im tagesanzeiger wurde seine einschätzung der abwahl von christoph blocher veröffentlicht. natürlich braucht er ein bisschen mehr worte als wir sie von 20min-artikeln kennen, dafür sind auch sehr viel mehr interessante ansätze darin enthalten. ich zitiere hier nur zwei mir sehr wichtig scheinende abschnitte. den gesamten text gibt es online auf tagesanzeiger.ch.

[…]

Das alles wird noch klarer, wenn man sich vor Augen führt, dass am 12. Dezember die Ausgangsposition der entscheidenden Wahlschlacht 29 zu 71, also für die SVP berechenbar nachteilig war. Was ich damit sagen will: Der überwiegende Teil derer, die zur Mitte (CVP und FDP) gehören, und zwar sowohl die Wählenden wie die Gewählten der Mitte, hatten mit ihrer Positionsnahme im Oktober auch gegen Blocher und die SVP gestimmt. Und bekanntlich eint nichts so sehr eine Gruppe von Menschen wie der gemeinsame Gegner (der es sich vor allem selbst zuzuschreiben hat, wenn er inzwischen fast zum «Feind» geworden ist).

[…]

Die schweizerische Demokratie liebt starke Männer und Frauen, aber sie hasst caesaristische Ansprüche und Attitüden.

[quelle: tagesanzeiger.ch]
gesehen bei lkm

danke, cvp!

nun ist schon eine woche vergangen. es passiert mir immer noch, dass ich mich beim spontangrinsen ertappe. war schon ziemlich cool und für die schweiz ein sehr wichtiger, politisch wegweisender schritt. gegen die polarisierung, für eine wirkungsvolle politische arbeit. ob all den vorschusslorbeeren für eveline widmer-schlumpf und der ab- bzw. oppositionsgesänge der svp ging die initiantin der ganzen sache fast vergessen. die cvp.

wer hätte dieser mitte-partei einen solchen geheimplan zugetraut? wer hätte gedacht, dass sie es fertig bringt, nicht nur die eigene partei und die gesamte sp, sondern auch etliche parlamentarier aus der fdp hinter sich zu scharen? selbst der professor für politikwissenschaft hanspeter kriesi lag mit seiner einschätzung, es werde sich bei der bundesratswahl gar nichts ändern, total daneben.

ohne sich einer stillosen attacke und der (ungerechtfertigten) forderung eines zweiten cvp-sitzes zu bedienen, hat die cvp die regierungslandschaft völlig verändert. nie hätte ich mir vorstellen können, dass sie diesen mut aufbringt und noch viel weniger, dass so ein geheimplan funktionieren kann. nun sind wir alle schlauer und wissen: sie haben es getan und der plan hat bestens funktioniert. merci, cvp!

im video zeigt 10 vor 10, wie der raffinierte geheimplan funktionierte. via hardman.