was ist mit roger köppel los?

ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich jemals auch nur ein positives wort über roger köppel verlieren würde. alleine schon seine in tv-diskussionen und texten überaus arrogante art ist mir derart zuwider, dass ich wegzappe bzw. weglese. doch in seinem videokommentar zu der disskussion um die plakate der minarettverbotsinitiative drückt er sich so vorsichtig und auch fair aus…. ich kann kaum glauben, dass es wirklich der echte roger köppel sein soll, der da über den bildschirm flimmert.

ich sage hier gerne, dass ich die initiative mit einem dicken fetten nein ablehnen werde. sie ist für mich eine nicht zu akzeptierende einschränkung der religionsfreiheit. eigentlich frage ich mich schon, ob es keinen weg gegeben hätte, die initiative als ungültig zu erklären. aber dafür ist es jetzt natürlich längst zu spät.

zurück zu köppel: er weist darauf hin, dass die gegner der plakate es in einzelnen städten geschafft haben, das die abstimmungswerbung nicht ausgehängt werden durfte. ich denke, wir haben das plakat alle im kopf und es ist nicht nötig, es hier abermals zu präsentieren. es war im vornherein klar, dass die propaganda der pro-seite in etwa so ausfallen würde. ich persönlich kann keine direkt beleidigenden oder herabsetzenden dinge sehen, die ein verbot des plakats rechtfertigen würden. also glaube ich, wie roger köppel, dass ein verbot eine beschneidung der meinungsäusserungsfreiheit bedeutet.

in einem zweiten teil seiner videoansprache meint köppel, die wesentliche frage sei eigentlich, wie viel islam wir in der schweiz tolerieren wollen. ich glaube, wenn wir wirklich ja zur religionsfreiheit sagen, stellt sich diese frage überhaupt nicht. gut, seit der kampagne, die gegen die atheisten läuft, überrascht mich nichts mehr. aber ich denke schon, dass die religionsfreiheit noch immer ein wesentlicher part des schweizer begriffs von demokratie und freiheit bleibt. köppel äussert in der folge dann seine bedenken gegenüber den muslimen:

der islam ist eine religion, die nicht auf dem boden unserer freiheitlichen aufgeklärten gesellschaft steht.

da kann ich nur sagen: welche religion steht denn auf diesem boden? ist aufklärung im endeffekt nicht die antithese zum religiösen glauben? danach konkretisiert der weltwoche-mann seine argumente, die durchaus überlegt und wieder von ungewohnter political correctness sind. vielleicht werde ich beim nächsten mal also nicht mehr wegzappen…

witzig fand ich noch als köppel sagte «schauen wir nach europa». klingt irgendwie so, als würden wir auf einer einsamen insel, weit weg vom rest der welt wohnen. uff… bin ja direkt froh, dass er noch ein paar seiner total abwegigen seiten behalten hat. 😉

3 Antworten auf „was ist mit roger köppel los?“

  1. religion
    >>der islam ist eine religion, die nicht auf dem boden unserer freiheitlichen aufgeklärten gesellschaft steht.
    >da kann ich nur sagen: welche religion steht denn auf diesem boden?
    Ja, Köppels Aussage ist gleich doppelt falsch:

    1) Sie impliziert dass es Religionen gibt, die auf dem Boden einer «freiheitlichen, aufgeklärten Gesellschaft» stehen
    2) Sie impliziert dass es einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum gibt

    Die erste Aussage ist falsch, weil Religion immer nicht humanistisch begründete moralische Ansprüche und Regeln hat und damit Freiheiten einschränkt, und sie ist falsch weil Religion immer Dogmen hat die nicht in Frage gestellt oder getestet werden dürfen und damit der Aufklärung widerspricht. Aufklärung ist Vernunft, Religion hingegen bedeutet dass man die eigene Vernunft ignoriert und einfach glaubt statt in Frage zu stellen.

    Die zweite Aussage ist falsch weil es zwischen dem Islam und dem Christentum per se keinen Unterschied gibt. Beide Religionen können extremistisch interpretiert werden (siehe fundamentalistische christliche Terroristen in den USA die Ärzte ermorden welche Abtreibungen vornehmen). Beide Religionen können locker interpretiert werden (die meisten muslimischen Bosnier in der Schweiz sind etwa so religiös wie die meisten Christen in der Schweiz – der einzige Unterschied zwischen meinen muslimischen Primarschulfreunden und mir war dass sie nicht in die Kirche mussten).

    Wer Religion aus Intoleranz einschränkt spielt ein gefährliches Spiel, weil er (auf der «gegnerischen» Seite wie auch auf der eigenen) mehr Intoleranz produziert. Der SVP und den christlichen Extremisten in der Schweiz mag das egal sein, da sie von dieser Intoleranz profitieren. Für die Schweiz ist es aber schlecht.

  2. Evolution, das Christentum und die Schweiz
    Die Schweiz ist unter den industrialisierten Nationen zu auf Platz 5 wenn es darum geht, die Evolution zu bestreiten. Nur Österreich, Griechenland, die USA und die Türkei sind noch dümmer als wir Schweizer.

    Wenn wir also anderen Ländern vorwerfen dass sie zu islamistisch sind, und wenn wir über den Einfluss vom Islam auf die Politik reden, dann sollten wir vielleicht zuerst unsere eigene Verbindung zum Christentum genauer betrachten. Nicht wenige unserer politischen Parteien sind offen religiös, was in einem aufgeklärten Land eigentlich undenkbar sein sollte. Schulkinder werden in die Kirche geschleppt. Es gibt christlichen Religionsunterricht. In Schulzimmern hängen Kreuze. Der Staat zieht für Kirchen Steuergelder ein. Jeder kann selber beliebige weitere Beispiele anfügen.

    Von wegen Leute die in Glashäusern sitzen und mit Steinen um sich werfen und so.

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