die schweiz wird aufgeteilt

ich dachte immer, für sowas brauche es einen krieg. aber muammar gaddafi wird aktuell scheinbar von ringier dafür bezahlt, dass er sommerlochstopfende stories gleich im dutzend vom stapel lässt. sein neuester coup ist die idee, die schweiz an deren nachbarländer zu verteilen. auch uns bloggern gibt er damit natürlich nahrung, lkm und monsieur fischer äussern sich zum beispiel darüber. gemäss christa markwalder (vizepräsidentin der aussenpolitischen kommission des nationalrates) hat

Libyen [..] den Antrag gestellt, dass an der Uno-Vollversammlung, die am 15. September beginnt, auch das Traktandum diskutiert werden soll, dass das schweizerische Staatsterritorium aufgeteilt und an die Nachbarländer verteilt werden soll.

nicht ganz teilen kann ich die angst markwalders, die schweiz würde aus der geschichte einen imageschaden davontragen. weil die drei grossen sprachregionen ihren sprachlichen «mutterländern» zugeführt werden sollen, wird schon mal über das tessin, die romandie und die deutschschweiz geschrieben. perfekt, um die vorzüge der jeweiligen regionen in den vordergrund zu rücken. etwas enttäuscht bin ich ja von gaddafi, dass er nicht noch eine stadt geteilt haben will. sowas hat spätestens seit berlin eine gewisse tradition. luzern als zentrum hätte man doch zu gleichen teilen den drei sprachregionen zuteilen können. und graubünden? scheinbar ist die existenz der vierten landessprache noch nicht über das mittelmeer vorgedrungen. so wird der südostschweizerische kanton zur neuschweiz, wie das lkm in einem kommentar treffend bezeichnet hat. ich bin sicher, eine solche aufteilung ist auch im sinne von leuten wie unserem geschätzten limi, der gerne die einheit von ethnien und nationen betont.

so oder so kommen spannende zeiten auf die schweiz – oder besser die ehemalige eidgenossenschft der schweiz – zu. etwas mühsam ist natürlich, dass die mehrwertsteuer jetzt innert so kurzer zeit auf über 15% ansteigen wird und dass man, um nach chur zu fahren, den zoll passieren muss. andererseits wird uns der euro im ehemaligen gebiet der deutschschweiz sicher einiges erleichtern. endlich kann ich pakete nach deutschland zum inlandtarif senden. ausserdem haben wir nun nach über hundert erfolglosen jahren endlich die chance, in südafrika fussballweltmeister zu werden. und eine formel-1-rennstrecke haben wir auch. nein, sogar zwei.

ein kleines problem gibt es dann aber doch noch: amade.de und ama.de (das wär cool) sind beide schon besetzt. aber ich werde wahrscheinlich auf amade.ch bleiben und den account via lkm laufen lassen.

facetten eines schuhwurfs

als ich zum ersten mal vom schuhwerfenden journalisten al-zaidi hörte, reagierte ich wie die meisten in meinem kulturkreis: amüsiert. nein, wir mögen bush nicht und wir mögen es, wenn sich jemand auf (relativ) gewaltlose art gegen ihn auflehnt. ein geworfener schuh hat etwas lustiges und erinnert irgendwie an die ansprache nikita chruschtschows 1960 vor der uno, bei der laut legende zwar kein fliegender aber immerhin ein klopfender schuh im spiel war.


[bild: ap]

auf den zweiten blick, der mir durch einen beitrag von andré marty aufgezeigt wurde, ist die sache gar nicht mehr so lustig. der irakische journalist muntadar al-zaidi ist ein unbeherrschter mann, der seinem ärger auf unakzeptable weise luft gemacht hat. zusammen mit dem wurf schrie er «hier ein abschiedskuss, du hund». sowohl hunde als auch schuhe gelten in der arabischen kultur als unrein. die aktion des 29-jährigen ist als grobe beleidigung zu sehen, auch wenn wir nur einen schuh und einen spruch mit einem tier wahrnehmen mögen. ein journalist ist eben journalist und sollte sich nicht mit einem widerstandskämpfer verwechseln. ich denke, gerade in einer krisengeschüttelten region ist das eine schwierige angelegenheit. doch wenn ein schreiberling seine beherrschung derart verliert, verlieren auch seine worte jegliche relevanz.

unglücklicherweise ist die geschichte hier noch nicht zuende. während man im internet und vielerorts auch auf der strasse den mut von al-zaidi feiert, wurde dieser von der irakischen polizei verhaftet. danach wurde festgestellt, dass ihm ein zahn fehlt. ausserdem sei sein linkes auge blutunterlaufen und er habe mehrere blutergüsse. es ist offensichtlich: al-zaidi wurde während der haft misshandelt. die ist – unabhängig von kultur und herkunft – zu verurteilen. und doch braucht es nur wenig fantasie, sich vorzustellen, was mit al-zaidi passiert wäre, wenn er seinen schuh bei einer konferenz auf diktator saddam hussein geschmissen hätte.

somit kann mal bestimmt sagen, dass der simple wurf eines schuhs mehr facetten hat, als man auf den ersten blick meinen würde. inzwischen hat die sache auch politische konsequenzen: der parlamentspräsident, der al-zaidi verteidigte ist zurückgetreten nachdem er unter anderem das irakische parlament das mieseste überhaupt genannt hatte. wie ernsthaft die beleidigung tatsächlich war, kann man teilweise bestimmt auch am zu erwartenden strafmass ablesen. 5 – 15 jahre haft sollen dem journalisten drohen. am 31. dezember beginnt sein prozess.

kofi annan an der uni zürich

an der uni zürich finden eigentlich fast wöchentlich veranstaltungen statt, bei denen man wichtige exponenten aus dem nationalen oder internationalen polit- oder wirtschaftsgeschehen live erleben kann. so habe ich schon einige bundesräte bei solchen referarten live hören dürfen. besonders micheline calmy zieht jeweils viele leute an. doch das steht in keinem verhältnis zu dem, was gestern an der uni los war. vom haupteingang führte eine schlange bis hoch in den zweiten stock zur aula. nur mit glück und etwas ellbogeneinsatz kam ich zu einem platz auf der empore.

man sagt über ihn, er sei der popstar der internationalen politik. wenn ich die kreischenden mädchenstimmen und die kofi-rufe interpretiere, trifft das durchaus zu. seine rede war dem klimawandel gewidmet. doch um die stimmung aufzulockern, begann er mit einer anektote.

für drei monate hätten er und seine frau sich nach seinem rücktritt eine auszeit gönnen wollen. dazu seien sie nach italien gegangen. nach sechs wochen hatte er genug vom leben ohne tv und zeitung. «i was a little bored». verständlich. er begab sich mit seiner frau ins dorf und wurde sofort erkannt. ein mann sei wild gestikulierend zielstrebig auf ihn zugelaufen. der italiener habe ihm die hand entgegengestreckt und gesagt: welcome, morgan freeman! kofi annan hatte die lacher damit auf seiner seite, um sich danach dem ernsten thema zu widmen.

selbst im alter von 70 jahren hat er nichts von seinem willen verloren, die welt zu verändern. immer wieder appellierte er an die studenten, dass sie eben die «generation change» seien. sonst könne es aufgrund der knappheiten zu durch den klimawandel bedingten konflikten von grossem ausmass kommen. er sprach einige projekte konkret an. so unterstützt er beispielsweise die idee, dass die ärmsten bauern vor dürreperioden vorgewarnt werden sollen. schliesslich könne man heute schon zwei jahre vorher sagen, ob eine dürre bevorstehe. weiter plädierte er für eine durchsetzung des verusacherprinzips. er nannte das «grün-werden» der wirtschaft ein so wichtign schritt, wie es damals die industrialisierung gewesen sei.

das referat war relativ kurz und konnte deshalb nur an der oberfläche kratzen. trotzdem war ich begeistert von kofi a. annan. seine energie ist fast zu spüren. auch wenn das jetzt esoterisch klingen mag, aber dieser mann hat eine gewaltige ausstrahlung. so friedlich, so optimistisch wirkt er.

weil ich statt der spiegelreflex nur meine kleine digicam dabei hatte, gibt’s keine anständigen fotos. dafür ein video, bei dem man hoffentlich ein bisschen was hören kann.