total überfordert: kurt koch

im heutigen sonntagsgespräch der sonntagszeitung kann man die antworten von bischof kurt koch lesen. ich muss sagen, die verdrosssenheit dieses mannes hat mich überrascht. dermassen verbittert und enttäuscht scheint er zu sein, dass er seinem amt kaum gewachsen sein kann. bei jeder gelegenheit schiesst er gegen die medien und im speziellen gegen den tamedia-konzern, mit dem er sich seit der sabo-geschichte offenbar im kriegszustand befindet. und doch sagt er im interview mit der sonntagszeitung (die wie man weiss auch zum tamedia-konzern gehört) ein paar interessante dinge. namentlich geht es um die in letzter zeit geschürten ängste im zusammenhang mit dem islam. es gilt aber festzuhalten, dass er wenn immer möglich keine eigene meinung preis gibt.

>sz: was halten sie von der minarett-verbots-iniative?
>k.k.: sie ist die falsche lösung für ein echtes problem. wenn minarette ein zeichen des glaubens sind, ist dagegen nichts einzuwenden. wenn minarette aber ein zeichen von machtanspruch sind, fällt das nicht unter die religionsfreiheit.
>sz: welcher machtanspruch?
>k.k.: es gibt zum beispiel eine schleichende ausmerzung des christentums in der türkei.
>sz: deshalb sollen wir minarette verbieten?
>k.k.: eben nicht! es darf keine symmetrie des unrechts geben. wir müssen mit gutem, tolerantem beispiel vorangehen, aber zugliech auch gegenrechte einfordern.
>sz: inwiefern sind wir denn gegenüber dem islam zu blauäugig?
>k.k.: der islam wird zum beispiel von karikaturen verschont, mit dem christentum ist man gnadenlos.
>sz: darf man sich über religion lustig machen?
>k.k.: über das personal der religionen schon – aber nicht über den kern der religion.
>sz: warum nicht?
>k.k.: weil der interreligiöse dialog nur gelingt, wenn jeder respektiert, was dem anderen heilig ist. wenn dieser respekt verschwindet, kommt es zum krieg der kulturen.
>sz: wie meinen sie das?
>k.k.: die muslime haben in europa nicht angst vor dem christentum, sondern vor einer völlig säkularisierten gesellschaft.
>sz: krieg zwischen dem religiösen und dem säkularen?
>k.k.: heute wird um die muslimischen symbole gekämpft, morgen vielleicht um die christlichen. es kann die zeit kommen, in der ich keinen violetten pileolus mehr tragen darf. sondern nur noch ein sennenchäppi.

ich denke, vor allem der hinweis, dass es keine symmetrie der ungerechtigkeit geben darf, ist eine gute und durchaus universalisierbare aussage. was ich dagegen nicht verstehe, ist, wie er vom gefährdeten interreligiösen dialog über einen krieg der kulturen schliesslich beim krieg zwischen dem säkularen und dem religiösen landet.

moritz leuenberger macht noch 10 jahre weiter

die 10. frage eines von der zeitung nicht veröffentlichten sonntagszeitungs-interview lautete:

Werden Sie bei der nächsten Konzessionsvergabe in zehn Jahren noch Medienminister sein?

die antwort des sp-bundesrates kommt kurz und bündig:

Ja, selbstverständlich.

das ganze interview, welches der sonntagszeitung offenbar auf einmal unheimlich wurde, findet sich auf dem blog von moritz leuenberger. also ich freue mich auf zehn weitere jahre mit solchen antworten in interviews… 😉

schlechte werbung: schweizer familie

vor ein paar minuten hat mich so ein nerviger zeitschriftenaboheini (zsah) angerufen. ob ich dieschweizerfamilie kenne war seine erste frage. natürlich, und ich hätte ja vor ein paar tagen auch ein gratisexemplar zugeschickt bekommen. kaum darauf eingehend laberte mich der zsah mit dem üblichen müll zu. keine verpflichtung, kein abo, supergünstiges angebot. wir kennen das ja alle zur genüge. als ich ihn endlich unterbrechen konnte, sagte ich ihm, dass ich früher ein facts-abo hatte, dochfacts gebe es inzwischen ja nicht mehr. etwas verdutzt stammelte der zsah «was? facts, gibt es nicht mehr? ahh… uiuiui… liebe tamedia, ein update euer zsahs täte wohl gut. über grundlegende dinge wie eingestellte medien des eigenen konzerns sollten diese doch schon ein bisschen bescheid wissen.

so ist das einfach nur schlechte werbung für ein für mich sowieso unpassendes produkt.

kurt imhof und die svp

in einem (natürlich viel zu) langen artikel, den das magazin grosszügig essay nennt, referiert soziologie- und publizistikprofessor kurt imhof zur bürgerlichkeit der svp. kurz: sie ist es nicht. vielleicht sogar das gegenteil. und dann findet sich da noch eine besonders süffige passage:

[…] patriotische gefühle kann man sich bei der svp holen – allerdings nur in kombination mit einem antibürgerlichen antietatismus, einer antihumanistischen asylpolitik, einer antivölkerrechtspolitik, einer antisozialreformpolitik, einer politik der steuerungerechtigkeit, einer antikulturpolitik freysingerischen zuschnitts, einem der bürgerlichen kultur konträren personenkult, einer im kalten krieg stecken gebliebenen landesverteidigungspolitik und einem antiliberalen kampf gegen eine «classe politique», der man seit 1928 angehört. zudem hat der patriotismus der svp keinerlei zukunftsorientierung: er bezieht seine kraft nur aus der tatsache, dass es kein anderes projekt schweiz gibt. der svp-patriotismus ist ausschliesslich negativ geladen, dient also den antis dieser partei als metaphysischer gral. die parteiführung der svp hat der svp den bürgerlichen inhalt genommen, besteht aber erfolgreich auf der bürgerlichen verpackung. ihre mitglieder empfinden sich als die einzig wahren bürgerlichen. […]

[quelle: das magazin, 42/2007: 47]

sehr geschickt ist der zeitpunkt, der für die veröffentlichung dieses essays gewählt wurde. einerseits lässt das magazin eindeutig durchschimmern, wo es politisch steht. andererseits besteht durch den unmittelbar bevorstehenden wahltermin nicht die gefahr, dass es dafür allzu grosse prügel geben wird. nice.

facts wird eingestellt

also irgendwie ist mir das ja ein rätsel. das nachrichtenmagazinfacts wird eingestellt. nur in einem einzigen jahr seit 1995 fuhr das heft gewinne ein. warum bloss? lag es an der kritischen, eher links gerichteten berichterstattung? war die qualität zu tief? oder gibt die schweizer nachrichtenlandschaft gar nicht genug her, um wöchentlich ein lesenswertes magazin herauszugeben? kam das mehrfach geänderte layout nicht an?

mir gefiel das magazin gut. sicher, wie überall gab es schlechte und gute artikel. aber mich überzeugte vor allem der themenmix und der starke focus auf die schweiz. ausserdem vermittelten die schreiberlinge mir das gefühl, dass sie kein blatt vor den mund nehmen würden.

tja nun ist es also vorbei. nein, noch nicht ganz. nächsten donnerstag erscheint die allerletzte ausgabe von /facts./ ich freue mich darauf!

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offizielle mitteilung von der facts-homepage:

Einstellung des Nachrichtenmagazins FACTS

Das Nachrichtenmagazin FACTS soll eingestellt werden. Dies haben Verwaltungsrat und Unternehmensleitung von Tamedia nach intensiver Diskussion über die wirtschaftliche Situation und die Perspektiven der Wochenzeitschrift beschlossen.

Der Entscheid steht unter dem Vorbehalt der Mitwirkungsrechte der betroffenen Mitarbeitenden. Die letzte Ausgabe des 1995 lancierten FACTS soll voraussichtlich am Donnerstag, 28. Juni 2007, erscheinen.

In den zwölf Jahren seines Bestehens schrieb FACTS lediglich in einem Jahr keine Verluste. Auch mehrere Neugestaltungen des Nachrichtenmagazins brachten nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. In den letzten Monaten haben Verwaltungsrat und Unternehmensleitung von Tamedia zudem verschiedene Zukunftsoptionen für FACTS geprüft und Verhandlungen mit möglichen Partnern geführt. Leider erwies sich keine der geprüften Optionen als wirtschaftlich tragfähig. Verwaltungsrat und Unternehmensleitung von Tamedia sehen deshalb im vielfältigen und hart umkämpften Wochenmarkt keine Perspektiven für das Nachrichtenmagazin.

Als Folge der Einstellung von FACTS werden in Redaktion und im gemeinsamen Verlag Zeitschriften von Tamedia insgesamt 53 Stellen abgebaut. Für die betroffenen 64 Mitarbeitenden wird nach anderen Arbeitsstellen innerhalb der bestehenden Medien und der geplanten Projekte von Tamedia gesucht. Im Falle von Kündigungen stellt Tamedia den betroffenen Mitarbeitenden ergänzende Leistungen zur Verfügung. Diese sehen beispielsweise bei einer ordentlichen Kündigungsfrist von drei Monaten eine Verlängerung der Kündigungsfrist bei Stellenlosigkeit um maximal drei Monate oder die Kompensation eines allfälligen Lohnunterschiedes während maximal acht Monaten bis Ende Mai 2008 vor.

Auf Herbst 2007 wird der Verlag Zeitschriften von Tamedia neu organisiert. An die Stelle der bisherigen, zentralen Verlagsstruktur für alle Zeitschriften tritt ein Verlagsleitermodell für die Titel Annabelle und Schweizer Familie.

Den Abonnentinnen und Abonnenten von FACTS offeriert Tamedia die Umwandlung ihrer laufenden Abonnements in Abonnements der übrigen Titel von Tamedia. Bei Titeln mit einem im Vergleich zu FACTS günstigerem Abonnementspreis wird die Abonnementsdauer entsprechend verlängert. Alle Abonnentinnen und Abonnenten werden in den nächsten Tagen schriftlich informiert.

Die Werbekunden von FACTS erhalten das Angebot, bereits gebuchte Inserate zu attraktiven Konditionen in anderen Titeln von Tamedia zu veröffentlichen.

Alle Entscheide, die die Einstellung von FACTS betreffen, stehen unter dem Vorbehalt der Ergebnisse der Konsultation der Mitarbeitenden.