kein ursächlicher zusammenhang

[…] Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen rechtspopulistischen Parteien und Gewalttaten wie jener in Norwegen gibt es daher nicht. Fremdenfeindlichkeit in der Politik und Massenmord stehen nicht in einer direkten Linie, selbst wenn rechte Parteien und Wortführer, auch in der Schweiz, die Grenzen dessen, was tolerierbar ist, strapazieren.

Gerade deswegen ist aber ihre Entrüstung darüber, jetzt in Verbindung mit der Tat in Norwegen gebracht zu werden, scheinheilig. Dieselben Islamfeindliche Kreise, die sich nun dagegen wehren, mti der Gewaltat von Norwegen in Zusammenhang gebracht zu werden, zögerten ihrerseits nicht, den Islam direkt mit Gewalt und Unterdrückung zu verknüpfen.

Die Kampagne zur Anti-Minarett-Initiative rückte den praktizierenden Muslim in die Nähe islamistischer Aggression. Ein rechtskonservatives Wochenmagazin titelte jüngst einen Artikel über einen muslimischen Fundamentalisten in der Schweiz mit «Bin Laden in Biel» und zog damit eine direkte Linie vom fundamentalistischen Islam zum Terrorismus. Aus politischen oder wirtschaftlichem Kalkül wird überzeichnet bis zur Schmerzgrenze und jede Differenzierung unterlassen. Wer so mit dem Feuer spielt, sollte nicht jammern, wenn es plötzlich heisser wird.

michael furger in einem kommentar in der nzz am sonntag vom 31. juli.

thank you, muhammad

I see the same wishes for our children to have happy, healthy lives; I see the same concerns for others less fortunate than ourselves; I see the same desire for peace and dignity.
muhammad ali – the greatest in einem kondolenzbrief an die norwegische bevölkerung. mangels originaltext hier ein weiterer ausschnitt aus der huffington post.

Ali, a Muslim, said those who commit unspeakable acts in the name of race and religion «fail to understand that we share far more with our fellow beings than those aspects that set us apart.»

die verantwortung der politiker

*nzz:* Der norwegische Attentäter verfolgte eine abstruse islamkritische und fremdenfeindliche Ideologie. Wie kann es überhaupt zu einer so extremen Geisteshaltung kommen?

*Cederman:* Wir wissen, dass die Themenfelder Immigration und Globalisierung von rücksichtslosen Populisten ausgenützt werden, um kurzfristige Wahlziele zu erreichen. Manchmal führt das zu einer missgeleiteten Überzeugung. Politiker haben die direkte Verantwortung, keinen Hass zu verbreiten. Sie dürfen Xenophobie und Rassismus nicht instrumentalisieren. Jede öffentliche Person, die sich Gewaltrhetorik zunutze macht, erhöht die Wahrscheinlichkeit terroristischer Taten. Jede öffentliche Person sollte der Gewalt absprechen. Von Repräsentanten islamischer Organisationen wird das ohnehin erwartet. Auch von rechtsextremen Organisationen sollte verlangt werden, dass sie in ihren eigenen Rängen aufräumen. Menschen, die Gewalt gutheissen, sollen aus jeder Organisation ausgeschlossen werden.

das ganze interview mit dem konfliktforscher lars-erik cederman gibt’s auf nzz online.

wer entschuldigt sich für oslo und utoya?

könnt ihr euch erinnern? als es vor einiger zeit anschläge islamistischer gruppierungen gab, erwartete man von hiesigen muslimen stellungnahmen. ja sogar entschuldigen hätten sie sich sollen. klar, wer den gleichen glauben hat ist für seine mitgläubigen verantwortlich. oder ist das am ende dann vielleicht doch nicht ganz so einfach?

wer wird sich für die anschläge in oslo und utoya, die nach aktuellem wissensstand von einem christen begangen wurden, entschuldigen oder zumindest rechtfertigen? wird sich twitter-abt martin werlen an seine follower richten und um vergebung bitten? bis jetzt ist er, laut seinem letzten tweet, froh, dass er beten kann:

Norwegen: Schock – Trauer – Mitleiden – Wut – Angst – Ohnmacht. Dankbar, dass ich beten kann.

kein wort von entschuldigung. keines von rechtfertigung. auch noch keine nächstenliebe für den mutmasslichen täter. eigentlich abgesehen vom beten erschreckend unchristlich und erfrischend menschlich.

ich schätze mal, man wird den täter, so es wirklich dieser eine allein gewesen sein sollte, dereinst einfach als verrückten einzelgänger darstellen. ein extremist halt. anders als koran und islam werden bibel und christentum wegen der tragödie in norwegen nicht weiter unter die lupe genommen. nein, dafür sind uns die christlichen werte zu «heilig» – schliesslich sind das ja die unsrigen. möglich, dass die gamerfraktion mal wieder prügel bezieht, soll der mutmassliche attentäter doch world of warcraft und modern warfare gezockt haben.

eint alexander rybak ganz europa?

gestern hat er mit seinem fairytale den eurovision song contest 2009 gewonnen: alexander rybak. seine charmante mischung aus volkslied, eigener komposition, überzeugendem gesang und flotter darbietung setzte sich durch. nach einer modusänderung kommen nun zwar 50% der stimmen von einer jury, doch der in kiew geborene norweger konnte auch beim publikum in ganz europa punkten. 16 von 42 ländern gaben dem norwegischen beitrag die höchstpunktzahl von 12.

natürlich ist das nur ein wettbewerb, in welchem es um musik und performances geht. und doch frage ich mich, ob das gestrige resultat nicht all jene zumindest ein bisschen lügen straft, die eine existenz einer europäischen kultur stets verneinen. es gibt offenbar dinge, die uns europäer verbinden. oder wie auch schon jemand gesagt hat: putain, putain, c’est vachement bien, nous sommes quand même tous des européens. in der theorie ist es jedenfalls so, das von einer gemeinsamen kultur häufig auf eine gemeinsame identität und auf das sogenannte «wir-gefühl» geschlossen wird. die meisten schweizer werden die idee vom vereinten europa als märchen – als fairytale eben – abtun. ich hingegen glaube, dass auch die schweiz langfristig nur in einem vereinten europa funktionieren kann.