die schande von zürich – was kann man tun?

es ist klar, die ganze hooligangeschichte ist nun wieder in aller munde. für einmal völlig zurecht. was gestern im zürcher letzigrund passiert ist, hat gar nichts mit sport zu tun. es hat auch nichts mehr mit gesunder rivalität zwischen fangruppierungen zu tun.

laut aktuellem wissensstand (aus verschiedenen presseberichten) provozierten die gc-anhänger mit (wahrscheinlich geklauten) übermalten fcz-flaggen. daraufhin bewegte sich eine kleine gruppe von fcz-anhängern von der südkurve bis zum gc-sektor, in welchen einer von ihnen zwei brennende petarden warf. im familiensektor zwischen den beiden fan-gruppierungen kam es zu auseinandersetzungen. auf der tartanbahn konnten sich die «fans» frei bewegen.

zunächst einmal fällt mir auf, dass die sicherheitsleute überhaupt rein gar nichts tun. sie bieten den angreifenden personen fast eine art begleitschutz. vor diesem hintergrund muss man sich fragen, ob mehr verordnete kontrollen etwas bringen können, wenn die arbeit dann so «erbracht» wird. wohl eher nicht. in diesem bereich des stadions haben nur offizielle etwas zu suchen. jede eindringende person muss sofort in ihren sektor zurückgeschickt oder aus dem stadion entfernt werden.

über die allfällige bestrafung für die fehlbaren fans möchte ich mich nicht äussern. viel wichtiger finde ich es, dass nun keine blöden kurzschlussentscheide gefällt werden. scheinbar hat ida glanzmann gefordert, man solle den hooligans als strafe die fahrerlaubnis entziehen. solche vorschläge zeigen, wie welt- oder vielleicht besser fussballfremd einige politiker zu sein scheinen.

es gibt aber wohl doch ein paar massnahmen, die man umsetzen könnte, ohne dass riesige aufwände entstehen:
– alkoholverbot im stadion
– eingangskontrolle ernst nehmen. unter externer aufsicht würde ich auch eine ausgedehnte untersuchung, wie sie beat villiger vorschlägt wohl oder übel unterstützen.
– unfähige private sicherheitsfirmen (delta, protectas, etc.) durch echte polizisten ersetzen.
– stewards anweisen, in solchen fällen zu reagieren, statt bloss zuzuschauen.

dann sind da noch jene massnahmen, die etwas tiefer greifen und deshalb von den fans abgelehnt werden. nach diesen vorkommnissen muss man sich aber fragen, ob wir hier tatsächlich ein wenig freiheit opfern müssen.
– fanpass. nur wer einen gültigen fanpass hat, kann in den fansektor. das bedingt die erfassung der daten sämtlicher fans.
– kombiniertes fanreise-ticket. billete für den extrazug gibt es nur in kombination mit dem matchticket.

und schliesslich gibt es noch die idee, gewisse dinge zu legalisieren. natürlich spreche ich da von den pyros. könnten sie an dafür bestimmten orten gezündet werden, wo die sicherheit der anderen zuschauer nicht gefährdet wäre, könnten alle teilnehmer zufrieden gestellt werden. denn es ist klar, was zur fankultur gehört, wird auch dann ausgeübt, wenn es verboten ist. aktuell vermummen sich die zünder, um auf den videobändern nicht erkannt zu werden. die umgebenden personen stehen ebenfalls nahe dabei, um die sicht auf zünder zu erschweren.

zum abschluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass es das hooliganproblem in sämtlichen europäischen ligen gibt. all jene, die stets bekräftigen «in england haben sie’s ja auch im griff» ignorieren die probleme in tieferen ligen. es ist also nicht so, dass man einfach das modell einer anderen liga kopieren könnte.

support trotz geisterspiel

übermorgen spielt der fcz gegen den fc luzern. es ist eines von zwei sogenannten geisterspielen. sie dienen als strafe für das verhalten einzelner fans im spiel gegen basel. natürlich handelt es sich dabei um eine art kollektivstrafe, schliesslich können auch mehrere tausend friedliche fans nicht ins stadion. andererseits weiss ich auch nicht, wie man verfehlungen dieser art sonst bestrafen sollte.

die fcz-fans lassen sich vom leeren stadion aber nicht weiter beirren. wie der fcz watchblog meldet wird der support aus der südkurve einfach vor das stadion verlegt.

Für einmal können wir aus der Architektur des neuen Letzigrund Vorteile ziehen. So wie von aussen der Wind durch das Stadion fegt, sollen am kommenden Mittwoch unsere Gesänge ebenfalls den Rasen erreichen.

ich bin gespannt, wie gut man die normalerweise sehr lautstarken gesänge der südkurvenfans im weiten rund des neuen letzigrund stadions hörbar sein werden. auf den tribünen dürfen sich keine «regulären» zuschauer einfinden, nur funktioniäre und journalisten dürfen rein. in luzern gibt es die möglichkeit, das spiel auf der leinwand im boccia-stübli im stadion allmend anzuschauen.

ausschreitungen nach dem spiel fc st.gallen – ac bellinzona

sascha ruefer hatte endlich mal den mut es auszusprechen: in seiner unzimperlichen frisch-von-der-leber-weg-art kritisierte der sf-kommentator das vorgehen der st.galler polizei. schon etwa zehn minuten vor spielende trat diese – einem theaterstück nicht ungleich – in forschem schritt am spielfeldrand auf. ein paar dutzend beamte waren das locker, alle in vollmontur mit helm und co. versteht sich. ihr ziel war klar: vor der st.galler fankurve bauten sie sich auf, als ob ein platzsturm unmittelbar bevor stand.

dazu muss man sagen, dass die fans während des ganzen spiels hinter ihrem club standen und diesen anfeuerten. aggressionen oder pyroaktionen à la st.jakobspark gab es keine. somit war der auftritt der polizei weder gerechtfertigt noch verhältnismässig. er war nur eins: provokativ. ausserdem standen die polizisten derart im weg, dass die spieler ihnen teilweise ausweichen mussten.

ich bin jederzeit dafür, ein sicherheitsteam mit angemessener ausrüstung in unmittelbarer nähe des stadions zu postieren. solange aber überhaupt nichts passiert, sollen diese leute im hintergrund bleiben. das hat im übrigen auch an der wm 2006 in deutschland wunderbar funktioniert. gestern versauten die polizisten nicht nur die atmosphäre des spiels, sondern führten mit ihrem auftritt direkt zu den anschliessenden randalen. sie waren somit nicht teil der lösung, sondern der hauptteil des problems. es schien eigentlich fast so, als sei die gewaltbereitschaft bei der polizei höher, als jene der st.galler anhänger. ein eindruck, der hoffentlich getäuscht hat.

wie das in luzern nach solchen einsätzen auch gehandhabt wird, ist man sich bei der st.galler polizei keiner schuld bewusst. im gegenteil, man habe professionell und richtig gehandelt. war mir ein rätsel ist: wie kann man bei etwas, das bald abgebrochen wird von 200’000 franken schaden sprechen?

nzz online

traurig aber wahr: der pranger funktioniert

legitimiert der zweck die mittel? diese frage musste man sich anhand der nlz vom letzten samstag ernsthaft fragen. auf vier doch sehr verschwommenen bildern wurden die gesichter von hooligans oder nennen wir sie unruhestifter (sonst kommt sicher jemand mit einer besseren hooligen-definition…) abgebildet. der primäre zweck der veröffentlichung sollte wohl das finden der bis dahin unbekannten personen sein. gleichzeitig wirkte das zeigen der bilder in einer grossen tageszeitung natürlich wie der historische pranger. jeder konnte sich die jungen männer anschauen und sich seine sache denken. mütter und grossmütter, sicher auch freunde und bekannte dürften die gesichter sofort erkannt haben. diese gesichter gehören zu leuten, die mutmasslich an den randalen nach dem spiel gegen des fc luzern gegen den fc basel dabei gewesen sein sollen. konkret sollen sie randaliert und polizisten mit gefährlichen gegenständen beworfen haben. die bilder stammen aus videoaufnahmen von eben diesen randalen. dieselben bilder fand man ab freitag auf der hompage der luzerner kantonspolizei.

herkömmliche methoden führten bisher offensichtlich nicht zum ziel. ein hauptgrund für das versagen dürfte die verschwiegenheit aller beteiligten sein. keiner will seine kollegen oder freunde verpetzen. was ehrenvoll klingt ist für den fussball fatal. statt der wenigen chaoten, die es offensichtlich gibt, wird die ganze fankurve kriminalisiert. dass diese kriminialisierung dem ganzen professionellen fussball in der schweiz schadet, ist die logische folge. es soll wirklich leute geben, die sich nicht mehr an die spiele trauen. natürlich kann man sich in luzern problemlos und gefahrlos in den nicht-fansektoren aufhalten. das ist mir aus eigener erfahrung bekannt. nur reicht das eltern mit ihren kindern möglicherweise nicht aus. wer das gigantische polizeiaufgebot, das sich bei sogenannten hoch-risiko-spielen vor der allmend formiert, sieht, fühlt sich nicht unbedingt wohler. die berichterstattung der medien, die natürlich nur dann berichten, wenn blut fliesst, tut ihr übriges zum momentan ziemlich miesen image der fussballfans.

zurück zum eigentlichen thema dieses beitrages: der pranger funktioniert offenbar. von fünf unbekannten personen konnten bereits am samstag vier identifiziert werden. zwei hätten sich selbst gestellt. zwei andere seien aufgrund von hinweisen der bevölkerung gefasst worden. datenschutzmässig und vor allem ehtisch halte ich das vorgehen für sehr fragwürdig. zu ersterem könnte sicher unsere juristin noch ein paar worte sagen. nicht wegzudiskutieren ist allerdings der erfolg der massnahme. angesichts der sonst doch recht aussichtslosen lage der polizei und weil ich glaube, dass es dem fussball wirklich helfen könnte, ist die methode hier wohl angebracht. der zweck heiligt hier also tatsächlich die mittel.

übrigens schaut man wieder mal eifersüchtig von zürich nach luzern (vom kkl her sind wir uns das ja gewohnt 😉 ): im tagi erschien am montag ein artikel über den erfolg der luzerner kapo.

allerdings gibt die zürcher kapo auch handfeste gründe an, weshalb bisher auf die internet hooligan-suche verzichtet wurde: Die Delikte wiegen meist doch zu wenig schwer, und der Persönlichekeitsschutz muss gewahrt sein meint karl steiner von der informationszentrale der kantonspolizei zürich. nach dem luzerner erfolg wird aber eine künftige praxisänderung nicht ausgeschlossen.