Rückblick auf die WM 2014

Keine Angst, es kommt jetzt keine «seitenlang» wahnsinnig spannende Zusammenfassung dessen, was wir nun alle schon im Fernsehen gesehen haben. Es war eine qualitativ sehr hochstehende Weltmeisterschaft. Kein Team ist so richtig schlecht gewesen, aber auch keines superüberragend. Am Ende hat jene Mannschaft gewonnen, die das beste Turnier gezeigt hat. Nur im Finale waren die Deutschen eigentlich schlechter als die Argentinier, und wie das Spiel ausgegangen wäre, hätte Neuer korrekterweise eine rote Karte bekommen, das steht auf einem anderen Blatt. Hier noch mein ganz persönlicher Gänsehautmoment:

 

Gottmar? Eher nicht

Ich gehe davon aus, dass die Zeitungen heute voll mit Meldungen sind, wie toll die Schweiz gekämpft habe und wie viel Hitzfeld in seiner Karriere als Trainer der Nati erreicht habe. Ich sehe das etwas anders. Den von der Boulevardzeitung vom Dienst geprägten Ausdruck vom Gottmar kann ich so gar nicht nachvollziehen.

Gottmar?Voilà, wie vermutet titelt der Blick…

Sicher, man ist gestern gegen einen der Grossen des Weltfussballs ausgeschieden. Man hat ihm gar eine Verlängerung abgerungen, die mit etwas Glück auch im Penaltyschiessen hätte enden können. Trotzdem: An der Fussballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien hat die Schweizer Nati genau das erreicht, was sie dort erreichen musste, das Achtelfinale nämlich. Von einem Erfolg würde ich da noch nicht sprechen.

Es ist klar, ein Nationaltrainer hat nur wenige Gelegenheiten, sein Können überhaupt zu zeigen. Wirklich zählen tun nur die grossen Turniere. Ich glaube, dass Ottmar Hitzfeld genau an diesem Umstand gescheitert ist. Seine Karriere als Clubtrainer ist auf jeden Fall grossartig. Davon hat er auch die ganze Zeit als Nationaltrainer noch gezehrt. Kaum einmal wurde er ernsthaft in Frage gestellt. Aber: Das Reservoir an Schweizer Topspielern ist inzwischen so gross, dass eine Qualifikation für die grossen Turniere jeweils einfach Pflicht ist. Je nach Gruppe schätze ich auch das Erreichen der 1. K.O.-Runde als Pflicht ein.

Hitzfeld übernahm nach der EM 2008. Trotz der furchtbaren Niederlage im Letzigrund gegen Fussballzwerg Luxembourg qualifizierte man sich in der Folge für die WM 2010. Was dort passierte ist bekannt: Mit viel Glück bezwang man den späteren Weltmeister Spanien. Danach erreichte man nach einem Unentschieden und einer Niederlage die nächste Runde nicht. Kein Erfolg.

Für die EM 2012 in Polen und der Ukraine konnte sich die Schweizer Nati unter Hitzfeld nicht qualifizieren. Kein Erfolg.

Nüchtern betrachtet hat Hitzfeld genau das erreicht, was mit grosser Wahrscheinlichkeit jeder andere Trainer auch erreicht hätte. Oder sogar noch etwas weniger. Ihn jetzt als Gottmar zu bezeichnen ist alleine schon wegen seines bescheidenen sportlichen Erfolgs gewagt. Dazu kommt, dass er einen stets auf Sicherheit bedachten Fussball spielen liess. Natürlich gab es Ausnahmen, wie die erste Hälfte gegen England im Wembley, wo man 2:0 in Führung gehen konnte. In Erinnerung bleibt aber der über weite Strecken praktizierte Angsthasenfussball mit mangelnder Kreativität. Dazu kam nicht selten eine merkwürdige Personalpolitik. Er trat mit dem Versprechen an, für eine Nomination in die Nati zähle vor allem, ob jemand im Club tatsächlich zum Spielen komme oder nicht. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass diese Politik nicht umgesetzt wurde.

Natürlich hat er durch seine Spielweise bedingt sehr wenig verloren. Aber halt auch nicht wirklich was gewonnen.

Giorgio Chiellini beweist Humor

Nach Suarez› Biss kursierten im Netz sehr schnell mehr oder minder lustige Bilder, auf welchen die Wahnsinnstat des Uruguayers nachgespielt oder einfach veräppelt wurde. Der Gebissene, Italiens Verteidiger Giorgio Chiellini, dürfte das nicht nur lustig gefunden haben. Jetzt hat er aber ein Bild gepostet, auf welchem ihn eine Hotelangestellte zu beissen vorgibt. Der Mann hat echt Humor.

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Wo ist der Ball?

Spot the Ball

Die New York Times schaut offenbar auch ein bisschen auf die WM. Und weil ich heute nicht über das Ausscheiden der Helden von 2008, 2010 und 2012 schreiben mag, gibt es halt einen Link zur NYT. Und zwar hat sie sich etwas Witziges überlegt. Aus Spielszenen wurde der Ball gelöscht. Nun muss man tippen, wo denn das Runde sich genau befindet. Ich besser als 65% der Spieler. Was schafft ihr?

Videobeweis

Ob all den umstrittenen Entscheidungen in den ersten Spielen der Fussballweltmeisterschaft 2014 geht vergessen, dass es bisher richtig gute Spiele waren. Und damit wird auch offensichtlich, was für ein Problem die FIFA und der Fussball allgemein momentan hat: Weil die Medien und damit die Zuschauer wesentlich besser informiert sind, was auf dem Platz wirklich passiert ist, stehen die Schiedsrichterentscheidungen im Fokus des Interesses.

Es gibt nur eine Lösung dafür: Der Videobeweis muss her. Das sieht beispielsweise auch Ralf Meile von watson.ch so.

Dabei müssen die Unparteiischen nur ausbaden, was die Funktionäre des Weltfussballverbands FIFA zu verantworten haben. Diese lassen die Schiedsrichter nämlich im Regen stehen, während die ganze Welt dank Zeitlupen innert Sekunden jede zweifelhafte Szene aus jedem Winkel betrachten und ein Urteil fällen kann.

Beim Tagesanzeiger ist man sich offensichtlich nicht so sicher. Man veröffentlich deshalb einen Pro/Kontra-Artikel.

Tatsächlich gibt es natürlich immer noch Dinge, die gegen die Einführung des Videobeweises sprechen. Zum Beispiel wird der Spielfluss gebremst. Und die Diskussionen über die Schirientscheide könnten weniger werden. Aber hängen wir wirklich so an diesen?

Dann bleibt natürlich noch die Frage der Umsetzung. Da sicher nicht jedes kleine Foul auf dem Bildschirm am Spielfeldrand betrachtet werden kann und soll, ist eine Lösung mit beschränkter Anzahl «Challenges» denkbar. Wie im Tennis, wo bei knappen Bällen das sogenannte Hawkeye bemüht werden kann, würden die Challenges erhalten bleiben, wenn die Mannschaft mit der Forderung richtig liegt.

So weit so gut. Ein Problem bleibt aber: Das Offside. Steht ein Spieler nicht im Abseits, wird aber trotzdem durch den Pfiff des Schiedsrichters am Weiterspielen gehindert, bringt ihm eine solche Challenge relativ wenig. Eine Möglichkeit wäre ein vollautomatisches System, schliesslich ist Offside binär, entweder man steht oder man steht eben nicht. Es gibt verglichen mit der Entscheidung bei einem Foulspiel praktisch keinen Ermessensspielraum. Wie könnte man das sonst noch lösen?

Ähnliche Gedanken zur WM 2010 und zur Euro 2008.