differenzierter artikel im bund

der bund zeigt, wie differenzierte berichterstattung aussehen kann. beteiligte beider seiten kommen zu wort. der artikel zeigt, dass protectas fehler gemacht hat. bezüglich der physischen übergriffe gibt es zwar widersprüche, aber es bleibt die hoffnung, dass irgendeine handycamera das ganze klärt.

Kritik an Protectas und Stade de Suisse

Nach den Ausschreitungen anlässlich des Spiels YB gegen den FC Luzern gestehen die Stadionverantwortlichen Fehler ein.

Fliegende Flaschen und Steine, Gummischrot und Tränengas, sieben leicht verletzte Polizisten, eine unbekannte Zahl verletzter Fussballanhänger, beschädigte Polizeifahrzeuge und Einrichtungen: Das ist die andere, nichtsportliche Bilanz nach dem Heimsieg von YB gegen den FC Luzern vom Sonntag. Bereits während des Spiels kam es zu Auseinandersetzungen, nach dem Match eskalierte dann die Situation: Rund 60 FCL- und YB-Anhänger lieferten sich mit der Polizei eine Strassenschlacht.

Den Ausschreitungen sei «die Entfernung eines politisch motivierten Transparents im Stadion durch private Sicherheitskräfte vorausgegangen», teilte die Kantonspolizei gestern mit. FCL-Anhänger hatten im Gästesektor zwei Transparente aufgehängt, auf welchen «gegen Polizeiwillkür» Partei ergriffen wurde. Hintergrund ist der Entscheid des Luzerner Kantonsrats, dem Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen beizutreten. Gegen den Beitritt wurde das Referendum ergriffen. Im Stade de Suisse werde keine politische Propaganda geduldet, sagt Sprecher Charles Beuret. Die Firma Protectas, im Wankdorf-Stadion für die Sicherheit zuständig, sei deshalb angewiesen worden, für die Entfernung der Transparente zu sorgen. Offenbar liess sich dies mittels Gespräch nicht bewerkstelligen.

Teenagerin mit Nasenbruch

In der Folge versuchten Mitarbeiter von Protectas selbst, die Transparente abzunehmen, worauf die Situation eskalierte. Umstritten ist aber die Art und Weise des Einsatzes. Laut mehreren Augenzeugen ging Protectas mit unangemessener Härte vor. Im Gästesektor seien sogar Frauen mit Schlagstöcken geschlagen worden. FCL-Fanarbeiter Christian Wandeler berichtet von Leuten mit Platzwunden und einer Teenagerin mit gebrochener Nase. Der Einsatz sei «völlig unverhältnismässig» gewesen. Wandeler widerspricht zudem der Aussage von Beuret, die Fanarbeit habe dem Zugriff durch Protectas zugestimmt. Das Gegenteil sei der Fall. Zudem seien die Transparente beim Eingang kontrolliert und nicht beanstandet worden. Wandeler: «Die Stadionverantwortlichen haben die Eskalation in Kauf genommen.» Lukas Meier, Fanarbeiter bei YB, unterstützt Wandelers Vorwürfe: Es sei klar gewesen, dass die Situation eskalieren könne, wenn Protectas eingreife.

Es seien schon oft Transparente entfernt worden, ohne dass es zu Auseinandersetzungen gekommen sei, erwidert Beuret. Doch im Nachhinein sei man immer schlauer: «Heute würden wir anders entscheiden.» Der Vorfall sei ärgerlich, YB entschuldige sich bei allen Betroffenen. Bereits im Nachgang des Uefa-Cup-Spiels YB-Brügge im September mussten die Stadionverantwortlichen Fehler eingestehen. Damals wurden belgische Hooligans im YB-Sektor platziert.

Beuret widerspricht aber den Schilderungen des Einsatzes: Protectas habe sich lediglich verteidigt, sagt er. So sieht es auch Roman Lehmann, Sprecher der Sicherheitsfirma. Zudem sei ein Protectas-Mitarbeiter so unglücklich gestürzt, dass er sich beide Handgelenke gebrochen habe.

Kein Hochrisikospiel

Die Partie wurde im Vorfeld nicht als Hochrisikospiel eingeschätzt. Auch die Fanarbeiter betonen, dass Spiele zwischen YB und dem FCL in der Regel problemlos verliefen, es gar eine Freundschaft zwischen den Anhängern der Clubs gebe.

Im Zuge der Auseinandersetzungen musste die Polizei Verstärkung anfordern, Berner Polizisten, die am Match FCB gegen FCZ engagiert waren, halfen aus. Zu der Höhe des Sachschadens und den Kosten des Einsatzes konnte Polizeisprecher Thomas Jauch keine Angaben machen. Letzte Woche wurde bekannt, dass sich YB mit jährlich 60000 Franken an den Kosten für die Sicherheit ums Stadion beteiligt. Die Stadtberner Steuerzahler bezahlen für die Einsätze der Kantonspolizei ein Mehrfaches