Euro 2020 im Jahr 2021

51 Spiele. Das sollen wirklich 51 Spiele gewesen sein? Im Nachhinein vergeht so ein Turnier immer schnell. So auch dieses Mal. Hier ein paar Gedanken zu Themen, die mich bewegt haben.

VAR

Tja, leider müssen wir auch 2021 noch immer über den VAR diskutieren. Er brachte sich einige Male ein und hat dabei nicht unbedingt zur Verbesserung der Entscheidung beigetragen. Unstrittig ist wohl sein Einsatz bei Offside-Vergehen. Nur, dass dadurch nur skurille Situationen enstehen können, weil die Schiedsrichterassistenten auch bei klaren Abseitspositionen die Fahne nicht heben (dürfen) und weitergespielt wird, bis die Spielsituation zuende ist. Dann war da aus Schweizer Sicht natürlich diese entscheidende rote Karte gegen Remo Freuler, die vom VAR nicht zurückgenommen wurde, weil der Ausschluss eben kein klarer Fehlentscheid war. So richtig richtig war er aber auch nicht, vor allem weil der Schiedsrichter dadurch ohne Not ein Spiel mitentschied. Dann war da natürlich Sterlings fast-nicht-Penalty, der eben einer wurde oder auch das total unsportliche aber mangels Eingriffmöglichkeit ungestrafte Simulieren von Immobile. Dazu kommt eine meistens sehr lange Zeit der Checks, die den Spielfluss bremsen.

Ich bin der Überzeugung, dass es den VAR braucht, aber er ist stark verbesserungwürdig.

Favoriten patzen

Praktisch alle Favoriten – die «Grossen» – haben im Verlauf des Turniers oder sogar schon in der Gruppenphase richtig schlecht Spiele gezeigt. Ausnahme: Italien.

Es mag ein bisschen enttäuschend sein, dass es diese Überfliegerteams früherer Turniere nicht mehr gibt. Die andere Seite der Medaille ist natürlich, dass inzwischen unglaublich viele Teams eine Chance hatten und auch in Zukunft haben werden, so ein Turnier zu gewinnen. Und ja, das gilt auch für die Schweiz.

Das Abschneiden der Schweizer Nati

«Wir können ja froh sein, dass wir überhaupt dabei sind» heisst es gerne aus dem Volksmund. Das ist inzwischen seit einiger Zeit falsch. Mit der Qualität, die unsere Nati hat muss sie an einer Europameisterschaft dabei sein. Und sie muss die Vorrunde überstehen. Auch das Achtelfinale sollte man nicht als Ziel aller Träume sehen. Granit Xhaka ist nicht nur professionell, wenn er den Koffer für die Zeit bis zum Final packt, er ist einfach realistisch. Gerade wenn man das Finale gesehen hat, muss einem klar geworden sein, dass man auch gegen diese beiden Teams nicht zwingend hätte untergehen müssen.

Wir haben einige tolle Momente erlebt. Und wir haben gesehen, dass Vladimir Petkovic eine echte Mannschaft geformt hat, in der jeder für jeden geht. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre es noch ein bisschen mehr offensiver Mut. Und natürlich, dass man in einem Spiel gegen Wales nicht nach einem 1:0 aufhört, zu spielen. Vor allem im Achtelfinale gegen den amtierenden Weltmeister Frankreich hat man gesehen, was in dieser Mannschaft steckt. Die Sympathien sind uns aus ganz Europa entgegenflogen. Well done!

Das Team des Turniers

Das kann eigentlich nur Dänemark sein, oder? Diese unglaubliche Geschichte mit dem Zusammenbruch Eriksens und dem erfolgreichen Voranpreschen bis in den Halbfinal. Wahnsinn. Was für ein Team.

Der Spieler des Turniers

Ich weiss, alle sprechen von Chiellini. Der ist ja auch gut. Der beste des Turniers war für mich aber eindeutig Federico Chiesa. Wie er aus jeder Situation eine mögliche Torchance kreierte, war supereindrücklich. Dieser Zug aufs Tor ohne die Mitspieler dabei zu vergessen, sein unbändiger Einsatz, sein Verzicht auf Fall-Showeinlagen und seine schnörkellose Technik machen ihn für mich zum Spieler des Turniers.

Der Shooting Star des Turniers

Das muss natürlich Pedri vom FC Barcelona sein. Der hat zwar im Club schon dutzendfach angedeutet, zu was er fähig ist. Auf internationalem Parkett konnte er jetzt aber zum ersten Mal dem ganz grossen Publikum zeigen, was da in Barcelona heranwächst.

Elfmeterschiessen

Ich weiss, irgendwie müssen die Spiele in der K.O.-Phase entschieden werden. Aber was das nicht ein wenig unbefriedigend? Dass 4 Partien im Penaltyschiessen eher durch Glück denn wirkliche Leistung auf dem Platz entschieden werden mussten… schade. Während die Schweiz gegen Spanien «gefühlt» besser war, war für mich das Gleiche mit Spanien gegen Italien der Fall. Auch der Sieg der Italiener im Final wäre doch noch schöner gewesen, hätte er nicht über das Elfmeterschiessen erreicht werden müssen, oder? Ich habe keine bessere Idee, aber so richtig gefällt mir das nicht.

Rassismus

Wenn für England drei dunkelhäutige Spieler ihren Penalty verschiessen, sollen sie zurück ins «Heimatland» geschickt werden. Und wir hacken zufälliigerweise auf genau jenen rum, deren Wurzeln im Balkan liegen. Unter dem Vorwand, dass Lamborghinis und eingeflogene Coiffeure nicht der Vorbildrolle entsprechen. Rassismus ist noch immer verbreitet, auch wenn er bei uns vielleicht vom grobschlächtigen Stammtischniveau weggekommen ist. Er ist da und wir müssen uns dagegen wehren.

UEFA

Tja, ein paar Worte muss ich doch noch zur Organisatorin loswerden. Es war äusserst unsympathisch, wie man England dazu gedrängt hat, mehr Leute ins Stadion zu lassen. Genau in jenem Land, in welchem die Deltavariante des Coronavirus am stärksten tobt. Dass man die Ukraine nötiigt, ihr Trikot zu ändern, auf den Wunsch Russlands, gibt ebenfalls zu denken. Dass man dann aber sagt, man sei politisch neutral und könne deswegen die regenbogenfarbene Beleuchtung des Stadions in München nicht zulassen, nur um sein eigenes Logo selbst in jene Farben zu tauchen, war richtig übel. Equal Game als Motto zählt für die UEFA nur dann, wenn es um Lippenbekenntnisse geht.

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