Rassistische Tradition

Ich möchte, dass jeder, der diesen Blogbeitrag liest, sich zuerst meinen folgenden Tweet anschaut und einen Moment darüber nachdenkt.

Tradition alleine ist selten ein stichhaltiges Argument, etwas so zu machen, wie man es macht. Es sind Wandel, Fortschritt und Neugier, die die Menschheit weitergebracht haben.

Wer diesen beiden Sätzen schon widersprechen möchte, liest am besten nicht mehr weiter.

Es befremdet mich, wenn ich lese, wie viele Leute in der Schweiz für einen Begriff wie «Mohrenkopf» auf die Barrikaden gehen. Und zwar nicht, um selbigen abzuschaffen, sondern um ihn als selbstverständlich weiter zu nutzen. Er sei ja nicht rassistisch, habe ich in zahlreichen Kommentaren gelesen. Ich selbst wurde mit genau diesem Begriff schon beschimpft. Und doch, er ist eindeutig rassistisch. Man kann ihn nicht einfach «läutern», indem man eine Süssspeise nach ihm benennt.

Ich versuche mal, etwas Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Es soll um die Dubler-Geschichte gehen, aber auch um die BLM-Geschichte. Mal sehen:

Dubler

Ja, ich mag seine Produkte auch. Sie sind wirklich superlecker. Aber wären sie weniger lecker, würden sie Dubler’s finest heissen? Oder einfach nur Dubler? Irgendwie hat der Name relativ wenig Einfluss auf den Geschmack, oder? Café de Paris hat zum Beispiel weder Kaffee drin, noch kommt es aus Paris… gut schmecken tut das Zeug trotzdem. Und hey: Die Bezeichung ist völlig unbeleidigend.

Natürlich geniesst Dubler senior den Hype um sein Produkt. Er wird momentan sicher mehr Schokodinger verkaufen denn je. Und er hat natürlich recht, wenn er sagt, Rassismus habe nichts mit einer Süssspeise zu tun. Mit dem Begriff, den er zur Benennung genau seiner Süssspeise verwendet aber eben halt doch. Und am Ende stellt sich mir dazu eine einzige zentrale Frage:

Warum ist es für den Genuss Deines Dubler Produktes wichtig, dass es einen rassistischen Namen trägt?

Migros

Die Migros hat auf einen (nicht einmal sonderlich tollen, sondern für meinen Geschmack deutlich zu aggressiven) Tweet reagiert und die Dubler-Produkte aus dem Sortiment genommen. Sie stellt einen Zusammenhang mit der Black-Lives-Matter-Bewegung her und zeigt damit auch, dass man bereit für gewisse Veränderungen ist.

Völlig entgleiste Kommentatoren verlangen nun, dass man Produkte wie Weissbrot oder Weisswürste aus dem Sortiment nehmen. Oder auch jene von Schwarzkopf, die notabene einfach den Namen des Firmengründers tragen. Dazu gibt es Boykottaufrufe von (wer hätte das vermuten können?) SVP-Exponenten. Nur schon dadurch zeigt sich, dass der Schritt der Migros richtig und wichtig war.

Sprache

Sprache ist stetem Wandel unterworfen. Wer schon einmal Goethe oder Schiller gelesen hat (oder vielmehr: lesen musste), weiss, da hat sich einiges getan. Es gibt Worte, die haben es aus anderen Sprachen in die unsere geschafft: Pullover oder Jalousie sind da sicher Klassiker. Heute fliessen diverse Begriffe in unsere Alltagssprache ein, die meist aus dem Englischen kommen. Hast Du heute schon gegoogelt? Den neuesten Song von The Killers gestreamt? Eben.

Dass wir etwas schon immer als A bezeichnet haben, ist kein Grund, es weiterhin A zu nennen. Wenn wir es ab heute B nennen, verlieren wir nichts. Aber es besteht die Möglichkeit, dass jemand anders etwas gewinnt. Nämlich die Tatsache, dass er nicht weiter durch den sich in A äussernden Alltagsrassismus diskriminiert zu werden. Gecheckt?

All Lives Matter

Ok, das war jetzt ein ziemlicher Sprung, aber ich muss dazu auch noch was sagen. Und zwar, ja, alle Leben zählen. Das ist klar.

Aber, es sagt viel über unsere Welt aus, wenn auf den Hashtag #BlackLivesMatter (der ja eine bekannte Vorgeschichte hat) sofort die Forderung nach AllLivesMatter kommt. Eigentlich ist es nicht schwer zu verstehen.

Stellen wir uns das Ganze als altmodische Waage vor. Links schwebt Weiss hoch oben, rechts wird Schwarz vom Gewicht heruntergezogen. Was passiert nun, wenn man aus beiden Waagschalen das gleiche Gewicht entnimmt? Eben. Und genau darum braucht es #BlackLivesMatter.

Nope, ich bin nicht schwarz. Aber ich rege gern zur offenbar immer noch notwendigen Disskussion an. Genau darum habe ich mir dieses Shirt gemacht. Und ja, noch heute höre ich, dass ich ja kein richtiger Eidgenosse sein könne, allenfalls Schweizer. Rassismus ist präsent, auch heute noch, auch in der Schweiz. Die Umbenennung einer Süssigkeit ist da sicher nicht der wichtigste Schritt, aber es wäre einer in die richtige Richtung.

Wir haben viel zu tun, packen wir’s an!

3 Antworten auf „Rassistische Tradition“

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