Schönes Leben in Eritrea?

screen-capture-1889Diese Tabelle macht gerade auf Facebook und Twitter die Runde. Sie soll uns offenbar vermitteln, dass wir viel zu viele Eritreer hier haben. Schliesslich schafft es Oesterreich ja auch, die Asylantragszahl tief zu halten. Aus diesen Zahlen kann man natürlich irgendwas folgern. Eine mögliche Folgerung sieht dann so aus:

screen-capture-1890Das war der Kommentar einer meiner Facebookfreunde zur obigen Tabelle. Klar, in Eritrea muss fast alles in Ordnung sein. Ein schönes Leben kann man da verbringen. Eine Flucht und vor allem ein Asylantrag in der Schweiz ist demzufolge völlig übertrieben, falsch und unnötig.

Aber wie sieht es wirklich aus, und kann man das aus dieser Tabelle überhaupt ablesen? Ich denke, die zweite Frage kann ich direkt mit Nein beantworten, weil diese Zahlen eigentlich gar keine Schlüsse zulässt. Der ersten Frage kann man relativ einfach auf den Grund geben, wenn man z.B. nach Human Rights und Eritrea sucht. Man landet auf der Website von Human Rights Watch, wo unter Eritrea folgendes steht:

Torture, arbitrary detention, and severe restrictions on freedom of expression, association, and religious freedom remain routine in Eritrea. Elections have not been held since Eritrea gained independence in 1993, the constitution has never been implemented, and political parties are not allowed. There are no institutional constraints on President Isaias Afewerki, in power now for twenty years. In addition to ongoing serious human rights abuses, forced labor and indefinite military service prompt thousands of Eritreans to flee the country every year. Access to the country for international humanitarian and human rights organizations is almost impossible and the country has no independent media.

Ähm, ja. Wir müssen echt wahnsinnig sein, nur schon darüber nachzudenken, Leuten aus Eritrea Asyl zu gewähren. Klingt ja echt wie die nächstbeste Feriendestination. Komisch, dass Swiss und Easyjet nicht täglich Flüge in dieses Schlaraffenland anbieten. Es wird wirklich Zeit, dass die Schweiz begreift, dass die Eritreer nur hierher kommen, um endlich mal ein ärmeres Land zu sehen, das ihnen nicht annähernd die Sicherheit bietet, die sie von der eigenen Nation kennen.

16 Antworten auf „Schönes Leben in Eritrea?“

  1. An dieser Stelle sollte man vermutlich auch mal wieder darauf hinweisen, dass 40% aller Fortune-500-Firmen von Immigranten oder ihren Kindern gegründet wurden. Google-Gründer Sergey Brin wurde beispielsweise in Moskau geboren, und Steve Jobs› Vater kam aus Syrien in die USA.

    Die wirtschaftliche Macht der USA hat vermutlich viel damit zu tun, dass sie nach wie vor sehr offene Grenzen hat. Obwohl das Web am CERN in der Schweiz erfunden wurde, sind es Amerikanische Firmen, die damit Milliarden verdienen. Dass das auch eine Folge unserer SVP-Immigrationspolitik ist, ist offensichtlich.

  2. Den letzten Zusammenhang verstehe ich jetzt nicht ganz. Du meinst, wir wären internetmässig viel erfolgreicher geworden, wäre das rechte Gedankengut nicht so dominierend?

  3. Ein Grossteil der amerikanischen Internet-Firmen wurden von Immigranten gegründet. Dass diese Leute in die USA gegangen sind und nicht in die Schweiz, und die Firmen dort gegründet haben und nicht in der Schweiz, ist — unter anderem — eine Folge der Immigrationspolitik.

  4. Ich glaube nicht, dass das ein Stretch ist. Die Schweiz hat die beste technische Hochschule Europas (und noch eine zweite fantastische technische Hochschule in Lausanne). Wir haben das CERN. Wir haben eine liberale Wirtschaftspolitik. Wir haben tiefe Steuern. Wir haben eine stabile politische Lage. Wir haben relativ gut gebildete Bürger. Weshalb haben wir nur Logitech, und sonst so gut wie nichts? Was hindert die Schweiz daran, das Silicon Valley Europas zu sein?

  5. Ohne mich wirklich einmischen zu wollen: Eine (wirtschaftlich gesprochen) «liberale» Gesetzgebung hilft wohl beim Entwickeln von neuen Dienstleistungen.

  6. Eine (wirtschaftlich gesprochen) “liberale” Gesetzgebung hilft wohl beim Entwickeln von neuen Dienstleistungen.

    Ich glaube nicht, dass die USA in diesem Bereich im Vergleich zur Schweiz wahnsinnige Vorteile hat. All die repressiven, wettbewerbsfeindlichen Bullshit-Gesetze, mit denen sich Schweizer IT-Firmen auseinandersetzen müssen (Patente, zum Beispiel), gibt’s in den USA auch, oft sogar noch schlimmer als bei uns.

    Die Schweiz hat im Vergleich zu den USA sogar klare Standortvorteile. Ein Schweizer Internet-Startup muss beispielsweise keine NSA-Hintertüren in ihre Services einbauen.

    Was hindert die Schweiz daran, das Silicon Valley Europas zu sein?

    Wahrscheinlich das Silicon Valley.

    Wie denn? Indem sie Ninja-Schergen schicken, die geschickt Schweizer Startups beschatten und so schnell Konkurrenz verhindern???

  7. Wahrscheinlich das Silicon Valley.

    Wie denn?

    Weil sich im originalen Valley vermutlich schon viel mehr Geeks und Nerds tummeln … und weil man wohl, hat man einen entsprechenden Traum, erst an die USA denkt und nicht an die Schweiz. Und weil die Schweiz schlechtes Standort-Marketing betreibt. Man setzt den Fokus auf den Finanzplatz und dann auf Tourismus, Tourismus und nochmals Tourismus. Dazwischen noch etwas Schoggi und Heidi, aber hauptsächlich Tourismus.

  8. Weil sich im originalen Valley vermutlich schon viel mehr Geeks und Nerds tummeln …

    Und weshalb ist das? Weshalb gehen die in die USA, und nicht in die Schweiz? Vielleicht weil Immigration in die USA viel einfacher ist als in der Schweiz?

    Aber es ist ja noch schlimmer. Aktuell tut die SVP gerade ihr Bestes, um Schweizer IT-Firmen zum Outsourcing zu zwingen. Und unterstützt damit die Tech-Industrien in Irland, der Ukraine, und Indien. Das ist natürlich auch eine Art von Entwicklungshilfe, da muss ich euch auch mal Pluspunkte vergeben.

    und weil man wohl, hat man einen entsprechenden Traum, erst an die USA denkt und nicht an die Schweiz.

    Das ist ein zirkuläres Argument. Natürlich denkt man an die USA und nicht an die Schweiz, weil es in der Schweiz so gut wie keine Consumer-orientierte Tech-Industrie gibt. Die Frage ist, weshalb das passiert ist.

    Und weil die Schweiz schlechtes Standort-Marketing betreibt.

    Oh ja, das stimmt. Wenn man in internationalen Zeitungen etwas über die Schweiz liest, hat es meistens etwas mit rassistischen Initiativen, Steuerflucht, oder der FIFA zu tun. Das ist tatsächlich beschissenes Standort-Marketing.

  9. patente und IP sind tatsächlich weltweit (fast) vereinheitlicht. unternehmerisches scheitern ist jedoch wohl etwas «einfacher» in den USA (chapter 11 o.ä). ausserdem dürfte «weniger datenschutz» doch auch eher besser sein. NSA-hintertüren dürften bis vor kurzem nicht als wettbewerbsnachteil aufgefallen sein 🙂

    Im «ease of doing business» ranking ist die USA jedenfalls 20 plätze vor der schweiz, wenn es ums gründen einer firma geht (und auch sonst ist sie in den vorderen rängen) http://www.doingbusiness.org/rankings

  10. Im “ease of doing business” ranking ist die USA jedenfalls 20 plätze vor der schweiz

    Die USA ist auf Platz 7, die Schweiz auf Platz 20 von 189 aufgelisteten Ländern. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass das wirklich der Unterschied ist, der erklärt, weshalb die USA diese Vormacht hat. Und falls doch, dann stellt sich die Frage, weshalb nicht Neuseeland (2) oder Singapur (1) noch besser dastehen als die USA.

    Das mit dem Patentsystem stimmt vielleicht in groben Zügen, aber nicht, wenn’s um Software-Patente geht. Den Punkt mit der NSA gebe ich dir allerdings 🙂

  11. Vielleicht weil Immigration in die USA viel einfacher ist als in der Schweiz?

    Nicht jeder, der was mit Computern kann oder tun will, ist ein Immigrant. Migrationspolitik kann einen gewissen Einfluss haben, jedoch ganz bestimmt keinen relevanten.

    Aktuell tut die SVP gerade ihr Bestes, um Schweizer IT-Firmen zum Outsourcing zu zwingen.

    Aktuell? Das Geschäft stammt von 2009 und wurde 2010 erledigt. Ausserdem handelt es sich hierbei nur um eine Interpellation.

    (…) hat es meistens etwas mit rassistischen Initiativen, Steuerflucht, oder der FIFA zu tun.

    Du weisst selber, dass das nicht der Punkt ist.

  12. Vielleicht weil Immigration in die USA viel einfacher ist als in der Schweiz?

    Nicht jeder, der was mit Computern kann oder tun will, ist ein Immigrant.

    Ah nein? Dann schreib mal einen Job für Programmierer aus, und schau, wie viele Schweizer sich bei dir bewerben. Und dann schau dir die paar Schweizer an, die sich beworben haben, und entferne diejenigen, die nicht qualifiziert sind. Resultat? Es ist halt irgendwie doch beinahe jeder, der was mit Computern kann, ein Immigrant.

    Migrationspolitik kann einen gewissen Einfluss haben, jedoch ganz bestimmt keinen relevanten.

    Das ist derart weltfremder Blödsinn, dass mir vor Genervtheit fast das Hirn aus den Ohren spritzt. Das ist genau das Problem mit der Politik: die Leute, die keine Ahnung davon haben, was in der echten Wirtschaft so los ist, werden am Ende Politiker.

    Aktuell tut die SVP gerade ihr Bestes, um Schweizer IT-Firmen zum Outsourcing zu zwingen.

    Aktuell? Das Geschäft stammt von 2009 und wurde 2010 erledigt. Ausserdem handelt es sich hierbei nur um eine Interpellation.

    Dann habt ihr also eure Meinung geändert?

    (…) hat es meistens etwas mit rassistischen Initiativen, Steuerflucht, oder der FIFA zu tun.

    Du weisst selber, dass das nicht der Punkt ist.

    Doch, das ist genau der Punt. Du musst echt nicht Standort-Marketing erwähnen, wenn du für die Partei stehst, die fast im Alleingang dafür sorgt, dass die Schweiz weltweit das Image eines fremdenfeindlichen Steuerbetrugsparadieses hat.

  13. «kann mir nicht so recht vorstellen, dass das wirklich der Unterschied ist, der erklärt, weshalb die USA diese Vormacht hat.»

    ich wollte das auch nur als zusatzerklärung anbringen, sozusagen als weiteren fakten. die einfachheit in ein land einzuwandern und dort auch zu arbeiten dürfte wohl tatsächliche einer der hauptfaktoren sein, der die innovationsstärke eines landes ausmacht. insbesondere auch wegen der «netzwerkeeffekte». menschen werden tendenziell dorthin gehen, wo schon viele interessante projekte, start-ups, arbeitgeber, etc. sind.

    sehr strenge einwanderungsgesetze könnten bspw. einen teil der erklärung sein, wieso z.B. japan dahingehend an wettbewerbsfähigkeit verloren hat-

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