Schawinski, Billag und überhaupt

Momentan ist jede noch so kleine Geschichte eine Diskussion um die Billag wert. Die Gegner der Billag wittern Morgenluft, wollen die Gebühr auf jeden Fall loswerden. Das Wort Abzocke gehört mit den bekannten Abwandlungen immer mit dazu. Dieses Mal hat es Schawinski getroffen, der vom einst halbwegs lustigen Thiel «beschuldigt» wurde, er würde 300’000 CHF vom SRF bekommen, was offenbar nicht stimmt.

Man kann von Schawinski halten was man will, er hat ganz bestimmt seine Fähigkeiten. Bei den meisten Onlinekommentarschreibern habe ich dahingehend so meine Zweifel. Stellvertretend für diese Sicht kann der hier reinkopierte Kommentar gelten.

topkommentar ;)Tatsächlich sind aber ein paar Dinge drin, die wahrscheinlich so mancher Billag-Gegner in seiner Argumentation verwendet. «Zu teuer», «kopierte Sendekonzepte» und etwas, was man vielleicht mit «falsche Personen» übersetzen könnte.

Über den Preis kann man natürlich immer streiten. Und es ist ähnlich wie bei den Steuern… am liebsten würden wir nichts bezahlen und dafür trotzdem sämtliche Leistungen der Institutionen in Anspruch nehmen. Bezogen auf das SRF finde ich, dass das Angebot breit ausfällt. Ich finde es super, dass ich gerade im Sportbereich die Möglichkeite habe, WM und EM, Formel 1 und sämtliche Skirennen zu sehen. In anderen Ländern, die ebenfalls öffentliche TV-Stationen haben, muss man für die meisten der erwähnten Sportsendungen dann schon ein paar Münzen in den PayTV-Schlund werfen. Ich stelle ausserdem auch anhand der vielen Kritik an diversen Sendungen (insbesondere eben Schawinski, aber auch Giacobbo/Müller) fest, dass viele Leute SRF schauen. Im internationalen Vergleich sind die Gebühren in der Schweiz am höchsten.

screen-capture-1851Wenn ich das richtig einschätze, sind wir aber auch das einzige Land in diesem Vergleich, das Inhalte in vier (in grosser Menge sicher in drei) Sprachen zur Verfügung stellt. Dazu kommt, dass der Vergleich die Kaufkraft bzw. das Lohnniveau nicht berücksichtigt, sondern nur die Kostenseite anschaut.

Bei den Sendungen habe ich den Eindruck, dass tatsächlich viele Konzepte übernommen oder zumindest in ähnlicher Form adaptiert werden. Schliesslich betrifft das vor allem die Samstagabendkisten, die primär darauf ausgerichtet sind, ein möglichst grosses Publikum vor den Schirm zu locken. Die aus meiner Sicht wirklich guten (und auch eigenständigen) Sendungen sprechen kaum ein grosses Publikum an. Ich denke da an Kulturplatz, Literaturclub oder auch DOK. Würde man sich aber auf diese Formate und vielleicht noch Nachrichtensendungen, Arena, Club, Meteo und den Kassensturz beschränken, folgte der Aufschrei doch sofort. «SRF macht TV für die Elite», «Wo bleibt die Unterhaltung?» würde man titeln. Der Trade-off wird also offensichtlich. Konzentriert man sich auf Kultur und Information, ist man elitär, geht man auf die Masse, kommt der Vorwurf der Kopiererei. Denn meist wäre hier halt genau das erfolgreich, was auch anderswo funktioniert. Aber nur mal so als Tipp: «Wer wird Millionär» wurde auch nicht von RTL erfunden…

Natürlich ist der Pool der Moderatoren und Moderatorinnen nicht so gross wie in anderen Ländern. Auch hat man keinen Clarkson, wobei man bei den jüngsten (und eigentlich nicht erst seit diesen) Ereignissen vielleicht gar nicht so unglücklich sein sollte, dass man keinen hat. Wenn ich aber Leute wie Andi Rohrer, Guelsha Adilji oder auch Knackeboul sehe, gehe ich stark davon aus, dass da fähige Medienmenschen nachkommen. Und auch wenn die aktuellste Staffel das Niveau nicht mehr halten konnte, so hat der Erfolg von «Der Bestatter» doch gezeigt, dass man sehr wohl fähig ist, mit dem hier verfügbaren Personal hervorragendes Material zu produzieren.

Yep, ich sehe also nicht, was die ganze Panik um die Billag soll. Die Inhalte und die Auswahl an sich entsprechen dem, was ich erwarten kann. Ich schätze es, neben den deutschen Privatsendern, die teilweise wirklich auf tiefstem Niveau arbeiten (müssen?) und deshalb meine Aufmerksamkeit nicht kriegen, den BBC-Sendern, sowie arte und 3Sat noch die SRF-Palette zur Verfügung zu haben. Und grundsätzlich schrecken mich mal wieder vor allem die Argumente und auch die Argumentationsweise der Billag-Gegner ab, selbst auch einer zu werden. Der oben eingefügte Kommentar ist da wirklich nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Es wird gemutmasst, geflucht und gejammert, nur konstruktive Kritik findet sich äussert selten.

8 Antworten auf „Schawinski, Billag und überhaupt“

  1. Ich finde es super, dass ich gerade im Sportbereich die Möglichkeite habe, WM und EM, Formel 1 und sämtliche Skirennen zu sehen.

    Ist das tatsächlich etwas, wofür der Staat zuständig sein muss? Ich bin ja normalerweise nicht für Privatisierung, aber bei Fussball, Skirennen und F1 ziehe ich die Grenze.

    Dass die Gebührengelder eine Daseinsberechtigung haben, finde ich auch. Dass man das Einsammeln an eine private Firma outsourced dagegen eher nicht.

    Wie gut das Programm des Fernsehens unterdessen ist, kann ich nicht beurteilen, weil ich seit Jahren kein Fernsehen mehr geschaut habe; ich vermute aber mal, dass es unterdessen nicht sehr viel besser geworden ist. Da sollte man sich vielleicht eher überlegen, wofür die eingesammelten Gelder am Ende verwendet werden sollten, was noch unter Service Public laufen soll, und was nicht.

  2. Absolut einverstanden. Auf jeden Fall könnte man den Sport auch dem PayTV überlassen. Ich finde nur, wir kriegen für unser Geld auch durchaus was. Schliesslich kosten die TV-Rechte für die erwähnten Sportanlässe kräftig Geld.

    Das Outsourcen an des Geldeintreibens kann man ebenfalls diskutieren.

    Vom Gefühl her würde ich tippen, dass die Kritiker genau jene Sendungen «doof und abschaffungswürdig» finden, die Du und ich am ehesten als Service Public sehen würden…

  3. Es gibt glaub ich zwei Probleme. Erstens ist nicht definiert, was «Service Public» für die SRG genau zu bedeuten hat und zweitens stört man sich am Wandel von der Empfangsgebühr zur Mediensteuer.

  4. Vom Gefühl her würde ich tippen, dass die Kritiker genau jene Sendungen “doof und abschaffungswürdig” finden, die Du und ich am ehesten als Service Public sehen würden…

    Das ist ja genau die Daseinsberechtigung für diese Sendungen, und für die Gebührengelder. Sendungen, die jeder gerne schaut, machen auch private Anbieter, weil sie damit Geld verdienen. Deshalb müssen Gebührengelder für Sendungen ausgegeben werden, die nur Minderheiten interessieren, und die mehr als nur Unterhaltung bieten.

    Es gibt glaub ich zwei Probleme. Erstens ist nicht definiert, was «Service Public» für die SRG genau zu bedeuten hat

    Da gibt es sicher noch Raum für Verbesserung.

    und zweitens stört man sich am Wandel von der Empfangsgebühr zur Mediensteuer.

    Ich bin gegenteiliger Meinung. Empfangsgebühr ist absurd und teuer, weil überprüft werden muss, wer Geräte hat, und weil der Besitz eines Gerätes keinen Messwert für dessen Gebrauch darstellt (ich habe einen Radio im Auto, den ich nur brauche, um Podcasts vom Natel zu hören).

    Es ist sinnvoller und billiger, das einfach über die Steuern zu erledigen. Wenn die SRG ihren Auftrag erfüllt, profitieren davon ja nicht nur die Leute, die die Sendungen auch schauen, genau so wie wir alle von Schulen profitieren, auch wenn wir keine mehr besuchen.

  5. Deshalb müssen Gebührengelder für Sendungen ausgegeben werden, die nur Minderheiten interessieren, und die mehr als nur Unterhaltung bieten.

    Dem würde ich beipflichten.

    Es ist sinnvoller und billiger, das einfach über die Steuern zu erledigen.

    Ja, diesbezüglich könnte man sich wohl auch einigen. Absurd jedoch finde ich, wenn jemand z.B. über zwei Wohnungen (Ferienwohnung) verfügt und die Steuer pro Wohnung bezahlen muss. Dasselbe für Unternehmer, welche einerseits für zu Hause bezahlen und gleich nochmals für den Radio in der Werkstattkantine. Er kann ja jeweils nur an einem Ort das Angebot konsumieren.

    Ich bin allerdings der dezidierten Meinung, dass wenn wir schon alle bezahlen müssen, der Betrag massiv gesenkt wird. Ausserdem kann ich mir nicht vorstellen, dass ein mobiles Gerät denselben Komfort beim TV-Schauen bietet wie ein richtiges Fernsehgerät. Und weiter habe ich den Anspruch, von der SRG detailliert erfahren zu können, für was sie ihre Gelder ausgeben. Heute gibt die SRG, obwohl sie öffentlich finanziert ist, keinerlei Auskunft über die Verwendung der Gebühren.

  6. Absurd jedoch finde ich, wenn jemand z.B. über zwei Wohnungen (Ferienwohnung) verfügt und die Steuer pro Wohnung bezahlen muss.

    Ja, rein gebrauchsmässig macht das keinen Sinn, falls die Wohnung nicht vermietet wird.

    Dasselbe für Unternehmer, welche einerseits für zu Hause bezahlen und gleich nochmals für den Radio in der Werkstattkantine. Er kann ja jeweils nur an einem Ort das Angebot konsumieren.

    Das macht für mich schon mehr Sinn. Unternehmen sind eigene Personen, die selber Steuern bezahlen. Das Radio in der Kantine gehört normalerweise der juristischen Person, nicht dem Unternehmer selber. Wenn wir darüber diskutieren wollen, ob diese ganze Sache mit juristischen Personen überhaupt eine gute Idee ist, wäre ich natürlich sofort dabei 🙂

    Ich bin allerdings der dezidierten Meinung, dass wenn wir schon alle bezahlen müssen, der Betrag massiv gesenkt wird.

    Wenn’s über die Steuern geht, kann man den Betrag gleich einkommensabhängig machen, dann bezahlen die meisten Leute wohl weniger bis gar nichts.

    Und weiter habe ich den Anspruch, von der SRG detailliert erfahren zu können, für was sie ihre Gelder ausgeben. Heute gibt die SRG, obwohl sie öffentlich finanziert ist, keinerlei Auskunft über die Verwendung der Gebühren.

    Das wäre in einem perfekten System sicher wünschenswert. Allerdings kann ich mir schon die entsprechenden SVP-Werbungen vorstellen, so etwa im Stile von «Gebührengelder finanzieren Pornographie», weil man in irgend einer Gesundheitssendung eine Brust sehen konnte.

  7. Wow, welch unerwartete Einigkeit 😉

    Wenn wir darüber diskutieren wollen, ob diese ganze Sache mit juristischen Personen überhaupt eine gute Idee ist, wäre ich natürlich sofort dabei

    Das musst du näher erläutern.
    Jedoch ist nicht jedes Unternehmen eine juristische Person. Es gibt ja auch noch den Metzger-Meier und den Schreiner Müller …

    Wenn’s über die Steuern geht, kann man den Betrag gleich einkommensabhängig machen, dann bezahlen die meisten Leute wohl weniger bis gar nichts.

    Wäre wohl eine fairere Variante. Ausser man vertritt die Meinung, dass Medienkonsum nichts mit dem Einkommen zu tun hat.

    Andre Frage diesbezüglich: Eine Medensteuer sollte ja eher pro Haushalt und nicht pro steuerpflichtige Person erhoben werden. Wie löst man das?

    Allerdings kann ich mir schon die entsprechenden SVP-Werbungen vorstellen, so etwa im Stile von “Gebührengelder finanzieren Pornographie”, weil man in irgend einer Gesundheitssendung eine Brust sehen konnte.

    Könnte man ja jetzt schon – und passiert ja auch. Da man nicht detailliert weiss, wofür die Gebühren verwendet werden, geht man davon aus, dass alles davon bezahlt wird. Also motzt jeder mit dem «und dafür bezahle ich Billag»-Argument gegen Formate, die dem Individuum widerstreben.

    Fazit:
    Ich kann also die Revision getrost ablehnen, weil es bessere Modelle gibt. Und die Initiative zur Abschaffung der Billag unterschreiben sowie im Falle einer Abstimmung annehmen, weil die bessere Variante sowieso die Billag ersetzen würde.
    Oder?

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