Steuern, wie sie sein sollten

Ui, da hab› ich mich in was reingeritten. Eine Steuer bzw. eigentlich eher ein Steuersystem, das ich fair finden würde soll ich skizzieren. So richtig einfach ist das nicht. Aber ich versuch’s natürlich trotzdem. Das Ziel dabei: Es soll einfach, transparent, fair und günstig sein. Da es sonst etwas arg kompliziert wird, konzentriere ich mich mal auf das Einkommen. Dabei läuft alles auf eine relativ einheitliche Steuerpraxis hinaus. Wettbewerb soll in einem beschränkten Mass weiterhin möglich sein.

1. Grundsätzlich fixer Steuersatz für alle erwachsenen Personen von 15% des Bruttoeinkommens.

2. Steuerfrei bis 50’000 Bruttoeinkommen. Progressionsstufen ab 100’000 CHF Bruttoeinkommen alle 10’000 CHF logarithmisch.

3. Erwirtschaftet eine Gemeinde in 5 aufeinanderfolgenden Jahren einen erheblichen Gewinn (tbd), hat sie während 3 Jahren die Möglichkeit, den Satz um bis zu 5 Prozentpunkte zu senken.

4. Macht eine Gemeinde in 3 aufeinanderfolgenden Jahren Verlust (Höhe tbd), erhöht sich der Satz für das nächste Jahr automatisch um 1 Prozentpunkt. Dies bis zu einem gesamten Anstieg von maximal 5 Prozentpunkten.

5. Kein Pendlerabzug

6. Kirchensteuer wird von den religiösen Institutionen direkt erhoben. Juristische Personen bezahlen keine Kirchensteuer.

7. Für verheiratete und ledige Personen gelten identische Bedingungen.

8. Orte, die fernab vom nächsten Zentrum liegen können je nach Entfernung zwischen 0,5 und 2 Prozentpunkte tiefere Sätze anwenden.

9. Zahlbar monatlich als Quellensteuer.

10. Idealerweise wäre die Grundversicherung der Krankenkasse auch gleich integriert. Nur würde das wohl etwas unbeweglich. Sinnvoll und günstiger als die heutige Lösung wäre aber eine Einheitskasse, aus meiner Sicht jedenfalls.

Das sind mal 10 Punkte, die ich sehen würde. Natürlich ist das wie versprochen erst eine grobe Skizze, die bestimmt vieles zu sehr vereinfacht und manches ganz vergisst.

8 Antworten auf „Steuern, wie sie sein sollten“

  1. Kritisieren ist natürlich einfacher als selber was bieten, deshalb meine Kritik 🙂

    Grundsätzlich fixer Steuersatz für alle erwachsenen Personen von 15% des Bruttoeinkommens.

    Disagree. Studien zeigen, dass Steuersenkungen bei tiefen Einkommen Wirtschaftswachstum produzieren (einfache Erklärung: arme Leute geben zwangsmässig 100% ihres Geldes direkt wieder aus und kurbeln damit die Wirtschaft an). Deshalb wäre vielleicht ein guter Ansatz, wenn beispielsweise die ersten 50’000 Franken komplett steuerfrei wären, und danach progressiv alle 10’000 weitere Franken mit einer höheren Steuer belastet würden.

    3. Erwirtschaftet eine Gemeinde in 5 aufeinanderfolgenden Jahren einen erheblichen Gewinn (tbd), hat sie während 3 Jahren die Möglichkeit, den Satz um bis zu 5 Prozentpunkte zu senken.

    4. Macht eine Gemeinde in 3 aufeinanderfolgenden Jahren Verlust (Höhe tbd), erhöht sich der Satz für das nächste Jahr automatisch um 1 Prozentpunkt. Dies bis zu einem gesamten Anstieg von maximal 5 Prozentpunkten.

    Das kommt drauf an, weshalb eine Gemeinde Gewinn oder Verlust macht.

    Beispiel Graubünden: Leute wandern weg, Einnahmen fallen, gleichzeitig gibt’s immer mehr Umweltprobleme wegen der Klimaerwärmung, und die Ausgaben steigen. Da nützt es wenig, wenn die Steuern erhöht werden.

    Meiner Meinung sollten die Steuern mehr oder weniger fix bleiben, vor allem, wenn die Gewinne oder Verluste primär eine Folge der Wirtschaftslage sind, und nicht eine Folge von lokalen Faktoren.

    Grund: wenn’s der Wirtschaft schlecht geht, nehmen die Steuereinnahmen ab. Gleichzeitig werden aber Kredite und Arbeit billiger. In dieser Situation sollten die Gemeinden billige Schulden machen und mit dem Geld Infrastruktur erneuern. Das hilft der Wirtschaft, weil Arbeit produziert wird, und stellt sicher, dass die Infrastruktur vorhanden ist, welche nötig sein wird, wenn sich die Wirtschaftslage wieder verbessert. Wenn es der Wirtschaft wieder besser geht, sollten die zusätzlichen Steuereinnahmen verwendet werden, um die Schulden abzuzahlen.

    Die Steuersätze können in diesem System konstant gehalten werden, weil Mindereinnahmen durch Schulden ausgeglichen werden, und Mehreinnahmen durch Schuldenabbau. Konstante Steuersätze führen dazu, dass Finanzplanung einfacher ist.

    5. Kein Pendlerabzug

    6. Kirchensteuer wird von den religiösen Institutionen direkt erhoben. Juristische Personen bezahlen keine Kirchensteuer.

    7. Für verheiratete und ledige Personen gelten identische Bedingungen.

    Yep.

    8. Orte, die fernab vom nächsten Zentrum liegen können je nach Entfernung zwischen 0,5 und 2 Prozentpunkte tiefere Sätze anwenden.

    Hm. Weiss nicht.

    9. Zahlbar monatlich als Quellensteuer.

    Yep.

    10. Idealerweise wäre die Grundversicherung der Krankenkasse auch gleich integriert. Nur würde das wohl etwas unbeweglich. Sinnvoll und günstiger als die heutige Lösung wäre aber eine Einheitskasse, aus meiner Sicht jedenfalls.

    Yep. Ich glaube, das Experiment mit den privaten Krankenkassen darf man ruhig als Fehlschlag anschauen. Zu viel Bürokratie, zu wenig Wettbewerb, und ich hab keine Lust, all die nutzlose Werbung zu bezahlen.

  2. Hey! 5 out of 10? Ich hatte mit einem kompletten Verriss gerechnet.

    Ok, das mit dem steuerbefreiten Einkommen bis 50’000 find› ich gut. Sowas war unter Punkt 2 eingeplant, aber ich konnte mich nicht für eine Höhe entscheiden.

    Dann die Progressionsstufen… alle 10’000 CHF könnte man den Satz um 0,5 Prozentpunkte erhöhen. Ich würde damit aber erst ab einem Bruttoeinkommen von 100’000 Franken beginnen.

    Selbstverständlich hast Du Recht, wenn Du auf das antizyklische Ausgabeverhalten der Gemeinden hinweist. Das hatte ich nicht bedacht. Der Ansatz hier war, dass «gutes Wirtschaften» bis zu einem bestimmten Punkt belohnt werden würde. Möglich, dass dadurch falsche Anreize geschafft würden. Die Frage ist also, wie sich diese beiden Anliegen unter einen Hut bringen liessen, wenn überhaupt.

  3. Ok, das mit dem steuerbefreiten Einkommen bis 50’000 find’ ich gut. Sowas war unter Punkt 2 eingeplant, aber ich konnte mich nicht für eine Höhe entscheiden.

    Ich hab eine Nummer gewählt, die mir plausibel erscheint. Aber dazu gibt’s Studien. Könnte man auch statistisch erfassen. Die steuerfreie Grenze müsste etwa bei dem Einkommen sein, wo Leute beginnen, Geld zu sparen.

    Dann die Progressionsstufen… alle 10’000 CHF könnte man den Satz um 0,5 Prozentpunkte erhöhen. Ich würde damit aber erst ab einem Bruttoeinkommen von 100’000 Franken beginnen.

    Ich denke, eine lineare Erhöhung ist auch nicht die beste Lösung. Vermutlich müsste zuerst bis zu einem spezifischen Punkt eine logarithmische Erhöhung stattfinden (also der erste Schritt wäre nicht stark besteuert, der nächste stärker, und so weiter) bis zu einer Grenze, und von dort eine logarithmische Senkung der Erhöhung. Schliesslich wäre es problematisch, wenn irgendwann 100% des zusätzlichen Einkommens direkt an den Staat gehen würde.

    Der Ansatz hier war, dass “gutes Wirtschaften” bis zu einem bestimmten Punkt belohnt werden würde.

    In einer Demokratie werden Politiker normalerweise durch ihre Wiederwahl für gute Resultate belohnt. Was es hier braucht ist vermutlich nicht einen systemischen Anreiz, sondern schlicht Transparenz.

  4. 1. Grundsätzlich fixer Steuersatz für alle erwachsenen Personen von 15% des Bruttoeinkommens.

    Hm, sind 15 % nicht etwas gar hoch?

    Sprichst du hier von einem fixen Steuersatz für die gesamte Schweiz? Was ist, wenn eine Gemeinde sich mit Volkes Zustimmung eine besondere Invesition leisten möchte und deshalb die Steuern zeitlich beschränkt erhöhen möchte, um das zu finanzieren?

    Und was ist mit Gemeinden, die aufgrund ihrer Bürger ein viel höheres Steuersubstrat haben? Dürften die dann die restlichen Einwohner nicht entlasten, weil grundsätzlich genug vorhanden wäre?

    4. Macht eine Gemeinde in 3 aufeinanderfolgenden Jahren Verlust (Höhe tbd), erhöht sich der Satz für das nächste Jahr automatisch um 1 Prozentpunkt. Dies bis zu einem gesamten Anstieg von maximal 5 Prozentpunkten.

    Automatische Steuererhöhungen sind mir zwar ein Graus, aber dadurch wäre der Anreiz dazu geschaffen, vorsichtig Geld auszugeben.

    5. Kein Pendlerabzug

    6. Kirchensteuer wird von den religiösen Institutionen direkt erhoben. Juristische Personen bezahlen keine Kirchensteuer.
    Einverstanden

    7. Für verheiratete und ledige Personen gelten identische Bedingungen.

    Das heisst, dass verheiratete Personen nicht mehr gemeinsam veranschlagt werden? Heiratsstrafe wäre weg – bin ich einverstanden.

    8. Orte, die fernab vom nächsten Zentrum liegen können je nach Entfernung zwischen 0,5 und 2 Prozentpunkte tiefere Sätze anwenden.

    Oder höhere Sätze, da zentrumsferne Gemeinden eventuell höhere Infrastrukturkosten o.ä. haben. Und bezogen darauf kommen mir nun einige Zweifel auf, ob man gesamtschweizerisch einen einheitlichen Steuersatz verwenden kann.

    9. Zahlbar monatlich als Quellensteuer.

    Verry agree – am besten gleich direkt durch den Arbeitgeber an die Steuerbehörde überwiesen.

    10. Idealerweise wäre die Grundversicherung der Krankenkasse auch gleich integriert.

    Nö. Da wir unterschiedliche Kassen haben können (ich halte nix von der Einheitskasse), dann soll jeder Ende Monat die Prämie auch selber bezahlen. Die Miete tun wir ja auch selber überweisen.

    Meiner Meinung sollten die Steuern mehr oder weniger fix bleiben, vor allem, wenn die Gewinne oder Verluste primär eine Folge der Wirtschaftslage sind, und nicht eine Folge von lokalen Faktoren.

    Mit der Begründung bezüglich Schuldenabbau und billige Schulden machen, um die Konjunktur am Leben zu halten, liegst du richtig.

    Der Ansatz hier war, dass “gutes Wirtschaften” bis zu einem bestimmten Punkt belohnt werden würde.

    In einer Demokratie werden Politiker normalerweise durch ihre Wiederwahl für gute Resultate belohnt. Was es hier braucht ist vermutlich nicht einen systemischen Anreiz, sondern schlicht Transparenz.

    Da würde ich jetzt eher Amadé’s Ansicht teilen. Was, wenn einer auf die Wiederwahl pfeifft? Ein gewisser systemischer Anreiz scheint mir nicht unangebracht. Es gäbe weniger Diskussionen bei der Forderung nach mehr oder anderen staatlichen Leistungen.

  5. @LKM Logarithmische Erhöhung find› ich ebenfalls gut. Ich hatte eine lineare vor allem deshalb vorgeschlagen, weil sie halt super einfach zu verstehen ist. Aber im Zweifelsfalle muss man dann wohl ein bisschen von der Einfachheit opfern.

    Wegen der systemischen Anreize bin ich mir unsicher bzw. eher noch für meinen eigenen Vorschlag. Aber ich sehe Deinen Einwand.

    @Limi Ja, 15% sind hoch. Aber die Idee dahinter ist natürlich, dass die Gemeinden durch ihr gutes Wirtschaften innert Kürze auf den tiefstmöglichen Satz innerhalb dieses Systems herunterkommen. Erfahrungsgemäss sind Steuererhöhungen superschwierig durchzusetzen, also muss der «Standardsatz» tendenziell hoch angesetzt werden.

    Dass gerade Du mit einer solchen Frage von wegen temporär erhöhten Steuersatz für Grossinvestition kommst, überrascht mich natürlich schon. Hätte ich die Frage gestellt, hättest Du gesagt, dass die Gemeinde eben sparen muss und sich erst dann eine Grossanschaffung gönnen soll, wenn sie es sich leisten kann, oder? 😉

    Nein, die Gemeinden, die Supersteuerzahler haben dürfen die anderen nicht entlasten. Das Geld geht dann halt in den Finanzausgleich. 🙂

    Zentrumsferne Gebiete haben unter Umständen höhere Infrastrukturkosten, deshalb kriegen sie das Geld aus dem Finanzausgleich. Weil wir darauf angewiesen sind, dass diese Gebiete besiedelt bleiben, sollen sie steuerlich nicht noch unattraktiver gemacht werden. Darum diese Entlastung.

    Die Einheitskasse wäre natürlich noch einmal eine andere Diskussion. Ich bin überzeugt, dass da für die Grundversicherung massiv Geld gespart werden könnte. Denn wie auch LKM schreibt, funktioniert der Wettbewerb überhaupt nicht, dafür wird viel teure Werbung gemacht, was wir dann über die Prämien finanzieren. All die Zusatzversicherungen könnte sich weiterhin leisten, wer kann und will.

  6. Erfahrungsgemäss sind Steuererhöhungen superschwierig durchzusetzen, also muss der “Standardsatz” tendenziell hoch angesetzt werden.

    Naja, mit Steuern «auf Vorrat» tue ich mich etwas schwer.

    Hätte ich die Frage gestellt, hättest Du gesagt, dass die Gemeinde eben sparen muss und sich erst dann eine Grossanschaffung gönnen soll, wenn sie es sich leisten kann, oder?

    Klar hätte ich dich in die Pfanne gehauen – aber objektiv betrachtet müsste die Möglichkeit vorhanden sein. Hab übrigens an der letzten DV der SVP-LU auch gefordert, man solle Steueränderungen generell dem Volk vorsetzen und nicht bloss die Erhöhungen – war leider ziemlich einsam damit.

    Man muss dabei natürlich im Auge behalten, um was es bei einer Grossinvestition gehen kann. Ein neuer, moderner Gemeindesaal zum Beispiel … im Jodelchörli, in der Musikgesellschaft, in der Theatertruppe und sonst wo hocken Leute aller Parteicouleur und die vertreten dann in erster Linie ihre Vereinsinteressen vor den Parteiparolen. Ein neuer Gemeindesaal zusammenzusparen ist meiner Meinung nach unfairer, als für zwei, drei Jahre den Steuersatz zu erhöhen und damit das Gebäude zu zahlen. Die Schule und das Sozialwesen kann nichts dafür, dass die Vereine mit der alten Lotterbühne nicht mehr leben wollen.

  7. Du hast natürlich schelmisch den ersten Teil des entsprechenden Absatzes weggeschnippelt. Realistischerweise würde der Steuersatz für die meisten Bürger noch gesenkt werden. Ihn zu hoch anzusetzen ist dabei weniger eine Vorrats-, denn eine psychologische Komponente.

    Natürlich gibt es viele Einzelfälle, wo dieses einfache Steuersystem versagen würde. Aber ein Passus, wonach der Satz für eine befristete Zeit zweckgebunden erhöht werden könnte, ist natürlich denkbar.

  8. Realistischerweise würde der Steuersatz für die meisten Bürger noch gesenkt werden.

    Da bedarf ich jetzt aber einer kurzen Erklärung. Das heisst, man würde nicht mit 15 % starten sondern das gleich angepasst auf die finanzielle Performance der Gemeinde tun?

    Ihn zu hoch anzusetzen ist dabei weniger eine Vorrats-, denn eine psychologische Komponente.

    Kommt für mich ehrlich gesagt auf’s gleiche hinaus …

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