Provokationen und Fehlschlüsse

Schon erstaunlich, was so ein tragisches Ereignis wie der Amoklauf von Menznau für Folgen haben kann. Bei mir äusserte das sich unter anderem so, dass ich auf Twitter explizit angegriffen wurde, weil der mutmassliche Täter ein eingebürgerter Mann aus dem Kosovo gewesen ist. Man müsse eben die Einbürgerungsbedingungen ändern, verschärfen oder, das interpretiere ich jetzt mal so hinein, so gestalten, dass eine Einbürgerung faktisch verunmöglicht würde. Und nein, ich werde die Tweets, die ich als simple und reichlich plumpe Provokation werte, hier nicht zitieren. Auf Facebook hatte ein «Freund» das Übel in der Möglichkeit der Doppelbürgerschaft entdeckt. Diese Praxis müsse beendet werden, «sonst hört das nie auf». Was genau nie aufhören soll, wurde an dieser Stelle nicht ausgeschrieben.

Die Reaktionen in meinen Social-Media-Sphären aber auch in den Kommentarbereichen der Onlinezeitungen zeigen mir vor allem, dass man in der Schweiz noch viel mehr in die Bildung investieren sollte. Da wird munter vom Individuum auf eine Gruppe geschlossen, offensichtlich falsche Kausalitäten werden für bare Münze genommen und differenziert ausgedrückt wird das Ganze schon gar nicht. Sind wir einfach zu faul oder zu dumm? Oder aber erscheckt uns die Tatsache, dass wir nicht genau wissen könnten, weshalb nun Person X etwas völlig unvorhersehbares tut? Schützt uns letztendlich der Gedanke, dass Person X das nur wegen ihrer Herkunft getan hat in irgendeiner Form? Mich jedenfalls nicht.

Ich gebe es gerne zu: Den Gedankengänge dieser Leute, die nun die Schuld an die Einbürgerungsbehörde weiterreichen, kann und mag ich nicht folgen. Bringt die Scapegoat-Sucherei irgendwen in irgendeiner Form weiter? Verhindert sie am Ende sogar ähnliche Vorfälle? Ich wage es zu bezweifeln. Ich denke vielmehr, dass wir im Rahmen der Freiheit, die wir alle sehr geniessen, solche tragischen Ereignisse in Kauf nehmen müssen. Auch die Freiheit ist nicht gratis.

Im weiteren Zusammenhang sehr lesenswert ist übrigens ein Beitrag von Herbert Fischer, der unter anderem die völlig überzogene Gestaltung der Frontseite der Neuen Luzerner Zeitung am Tag nach den Vorfällen in Menznau behandelt.

2 Antworten auf „Provokationen und Fehlschlüsse“

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