Limi hat seinem Ärger über die «Fans» in einem Blogpost Luft gemacht. Doch was sind eigentlich «Fans» und was unterscheidet sie von den früher bekannten Fans? Ich weiss nicht, welches Medium es war, aber irgendjemand hat mal damit angefangen, gewisse Zuschauer als die sogenannten Fans zu bezeichnen. Diese haben in Luzern sogar so viel Humor bewiesen, eine CD mit dem Titel «So genannti Fuessballsongs» zu veröffentlichen. Um zu wissen, wer nun genau gemeint ist, erkläre ich vielleicht besser die Fans ohne Anführungs- und Schlusszeichen. Sie sind wohlhabend, kommen gerne an Fussballspiele, wo sie ihre Geschäftspartner treffen. Manchmal nehmen sie ihr Kinder und Partner/innen mit. Immer konsumieren sie Getränke und Esswaren aus den Foodboxen, nicht selten kaufen sie auch offizielle Fanbekleidung. Ihr Auto, dass sie auf dem kostenpflichtigen Parkplatz vor dem Stadion parken, ist mit einem Sticker in den Vereinsfarben beklebt. Wenn sie im Stadion sind, verhalten sie sich ruhig, klatschen höchstens ein wenig und jubeln selbst bei Toren der eigenen Mannschaft nur zurückhaltend. Sollte sich der Erfolg der Mannschaft über mehrere Spiele nicht einstellen, bleiben die Fans ohne Anführungs- und Schlusszeichen dem Stadion lieber fern.
Die «Fans» dagegen blieben in Luzern erst diesen Sonntag zumindest teilweise lieber vor dem Stadion. Sie protestierten ausserdem mit einem Gesangsboykott gegen die Massnahmen, die ab dem nächsten Heimspiel gegen Thun am 2. März 2013 in Kraft treten. Konkret geht es um den neu erlaubten Griff an die Genitalien und den Zwang sich nur mit einem elektronisch lesbaren Ausweis ins Stadion begeben zu dürfen, wobei die VIP natürlich von der Massnahme verschont bleiben. Die erste Massnahme soll zum effektiveren Auffinden von verbotenem pryotechnischem Material führen. Die zweite soll verhindern, dass Besucher trotz Stadionverbot den Weg auf die Tribünen finden. Da solche Massnahmen sonst nur bei Verdachtsmomenten eingesetzt werden dürfen, sehen sich die «Fans» diskriminiert. Völlig zurecht natürlich, werden sie doch unter Generalverdacht gestellt.
Warum kam es zu diesem Generalverdacht? Limi schreibt, es sei zu Gewaltexzessen rund um Fussballspiele gekommen, was natürlich hoffnungslos übertrieben ist. Es gab in den vegangenen Jahren einige wenige Fälle, bei denen tatsächlich Gewalt im Spiel war. Die wenigsten fanden dabei im Stadion statt. Und das Wort Exzess würde ich in diesem Zusammenhang auf jeden Fall mal aussen vor lassen. Spannend ist dabei weiter, dass in einer Umfrage 99% der Antwortenden angaben, sich im Stadion sicher zu fühlen. Nur ist die Aussenwahrnehmung eben eine andere. Mitunter aufgrund einer sehr einseitigen Berichterstattung gibt es Leute, die sich nicht mehr in die schweizer Stadien trauen.
Es sind vor allem diffuse Gefühle, wie sie diese Leute offenbar verspüren, die im Endeffekt zu strikteren Gesetzen führen. Weiter passen die nonkonformen «Fans» halt einfach so gar nicht in die mehr und mehr von Werbetreibenden dominierte Welt des Fussballs. Offen bekennen sie ihre Antipathi gegenüber dessen, was sie «modernen Fussball» nennen. Es sind einzig diese Zuschauer, die sich daran stören, wenn beispielsweise eine Allmend nicht mehr Allmend genannt wird. Und nun sind sie wieder die einzigen, die sich gegen den ID-Zwang wehren.
Weil «die Fans» insbesondere von Politikern des rechten Flügels als Individuen zweiter Klasse verstanden werden, hat man keine Mühe mit dieser diskriminierenden Massnahme. Dass das private (!) Sicherheitspersonal ohne Verdacht an die Unterhose greifen darf, wird da möglicherweise noch mit einem guten Spruch als nicht so tragisch abgetan. «Wer nichts zu verstecken hat, sollte damit ja auch kein Problem haben» tönt es dann zum Beispiel gerne. Doch man hat die Rechnung ohne den FC Luzern gemacht: Damit die ID-Massnahme wirklich greift, wird sich nicht nur auf «die Fans» angewendet, nein, alle ausser die VIP müssen sich ausweisen können.
Wir beschneiden unsere eigenen Rechte und applaudieren dazu. In einem fast schon unheimlich sicheren Land opfern wir freiwillig einen Teil unserer Freiheit. Weshalb nur? Sind da tatsächlich «die Fans» dran schuld?
Ich sage: Nein, «die Fans» sind neben dem Geschehen auf dem Platz genau das, was den Fussball zu dem Sport machen, den wir so sehr lieben. Sie mögen sich nicht immer perfekt in den Event-Fussball einfügen, sorgen aber für das was allen neuen Stadien so dringend fehlt: Atmosphäre. Ein Spiel wie jenes vom Sonntag ganz ohne luzerner Fangesänge ist nicht dasselbe. Darum und weil ich nicht will, dass wir unsere Grundrechte weiter beschneiden, wünsche ich mir dass aus den «Fans» bald wieder Fans ohne Anführungs- und Schlusszeichen werden. Und nein, es liegt nicht an ihnen.