Das normale Israel

Israel ist nun newsmässig wirklich für eine Zeit in der Versenkung verschwunden. Weil man aber aktuell wieder einmal zurückschiesst, gibt es auch hier bei uns wieder eine Berichterstattung, die gerne den mitteleuropäischen Reflex à la «die Israelis bomben mal wieder den Gazastreifen zu» auslösen. Ohne für die eine oder die andere Seite Stellung nehmen zu wollen, möchte ich hier einfach wieder einmal dazu aufrufen, sich mit dem Land ein wenig zu befassen.

Sei es mit der Landschaft (siehe Diashow unten), sei es mit dem kulturellen Schaffen (siehe z.B. Waltz with Bashir oder auch The Bubble) oder sei es halt mit dem Konflikt (z.B. via Liveblog der Haaretz).

Denn wir wären nicht zuletzt hinsichtlich der Rolle der Schweiz bei der langfristigen Lösung dieses Konflikts nicht schlecht beraten, wenn wir den Zeigfinger für ein paar Momente unten lassen würden. Gerade wenn wir nämlich aussenpolitisch weitere Akzente in dieser Region zu setzen planen, sollten sich die Medien und damit die Öffentlichkeit mit dem Geschehen in jenem Gebiet auseinandersetzen. Auch dann, wenn gerade mal keine Raketen fliegen. Ja, man sollte auch über das ganz «normale» Israel berichten.

Schade natürlich, dass uns die Stimme André Martys zu genau jenem Israel vor einiger Zeit abhanden gekommen ist. Aber vielleicht nimmt er ja im Zuge der aktuellen Ereignisse seine Blogaktivität wieder auf.

5 Antworten auf „Das normale Israel“

  1. «Denn wir wären nicht zuletzt hinsichtlich der Rolle der Schweiz bei der langfristigen Lösung dieses Konflikts nicht schlecht beraten, wenn wir den Zeigfinger für ein paar Momente unten lassen würden.»

    Ich verstehe nicht, wie man die aktuelle Lage betrachten und zu diesem Schluss kommen kann. Das Problem ist doch genau, dass sich die westlichen Mächte (und vor allem die USA) nicht dazu durchringen können, gegen das Verhalten Israels Stellung zu nehmen.

    State Department spokesman Mark Toner zu Israels Angriff: «We strongly condemn the barrage of rocket fire from Gaza into southern Israel, and we regret the death and injury of innocent Israeli and Palestinian civilians caused by the ensuing violence. There is no justification for the violence that Hamas and other terrorist organizations are employing against the people of Israel. We call on those responsible to stop these cowardly acts immediately. We support Israel’s right to defend itself, and we encourage Israel to continue to take every effort to avoid civilian casualties.»

    Der Zeigefinger sollte wohl tatsächlich mal ein paar Momente unten bleiben, bloss ist er in die andere Richtung gerichtet.

  2. Mein Beitrag ist nicht an die USA gerichtet. Dort gehe ich mit Dir einig, dass man viel zu sehr auf der Seite Israels steht. Es darf nicht sein, dass nur die Attacken der Palästinenser kritisiert werden.

    Forderungen sollten sich immer an beide Parteien richten. Mich stört nur, dass Israel in der Wahrnehmung häufig als «der Schuldige» in diesem Konflikt dargestellt wird. Ausserdem wird dadurch, dass man nur dann berichtet, wenn Raketen fliegen, ein sehr einseitiges Bild von diesem Land vermittelt.

  3. Israel wird oft als «der Schuldige» dargestellt, weil wir von Israel mehr erwarten dürfen. Israel ist ein Teil der modernen Welt. Wenn die USA oder Deutschland oder Frankreich oder die Schweiz oder Israel Fehler machen, dann löst das stärkere Reaktionen aus, als wenn Syrien oder Somalia oder Libyen Fehler machen — oder wenn weitgehend unorganisierte Palästinenser in einem effektiv anarchistischen Gazastreifen Raketen abfeuern.

    Diese Haltung ist vielleicht unfair, aber wenn, dann ist sie unfair gegenüber von Ländern wie Syrien oder Somalia oder Libyen, nicht gegenüber von Israel.

    Dass man durchaus auch mal positive Meldungen aus Israel bringen dürfte, das ist hingegen absolut wahr. Israel ist ein freies demokratisches Land, umgeben von instabilen Diktaturen. Ein Land mit einem international starken Hi-Tech-Sektor, umgeben von Ländern, die keine einzige international relevante Universität haben. Israel hat den höchsten Lebensstandard im Nahen Osten. Man könnte viel Positives berichten, wenn man möchte.

  4. Danke für den letzten Abschnitt, genau das meine ich.

    Wie unorganisiert und anarchistisch es im Gazastreifen tatsächlich zugeht, ist schwer zu beurteilen. Ausserdem ist er ja theoretisch auch demokratisch. Aber Du hast sicher recht, wenn Du sagst, dass man von einem Land der «modernen Welt» mehr erwarten kann und muss. Andererseits habe ich auch Verständnis dafür, dass man sich nicht einfach nur mit Raketen beschiessen lässt, ohne auf Dauer auf eine Reaktion darauf zu verzichten.

  5. Das Problem ist nicht, dass Israel reagiert, sondern dass die Reaktion kontraproduktiv ist, wenn eine friedliche Lösung des Konflikts das langfristige Ziel ist.

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