mundart geht verloren – oder auch nicht

[…] «Butter» verdrängt «Anke». «Pfütze» verdrängt «Glungge» und andere Wörter. «Summersprosse» verdrängt «Märzeflecke» und Ähnliches. Aus «es Gschänk überchoo» wird «es Gschänk bechoo». […]
thomas widmer enerviert sich in einem artikel des tagesanzeigers über das «teutonisierte» schweizerdeutsch. «mundart» sterbe mehr und mehr aus, werde durch eingebürgerte deutsche begriffe ersetzt. natürlich steht der artikel im zusammenhang mit der abstimmung im kanton zürich, wo sich das stimmvolk zur rückkehr zum schweizerdeutschen im kindergarten entschieden hat. über den einsatz von hochdeutsch bei den kleinsten kann man bestimmt geteilter meinung sein. an der diskussion stören mich aber zwei andere punkte, die in diesem zusammenhang meist ignoriert werden:
– sprache befindet sich im wandel. immer. man kann ihn nicht aufhalten, weil er sich alleine durch die anwendung von sprache fortführt. sicher hat die mobilität der menschen den wandel nicht gebremst.
– das schweizerdeutsche ist eine gesprochene sprache. ausserdem gibt es, wie wir spätestens seit dem chochichästli-orakel wissen, in fast jedem dorf eigene kleine worte, redensarten, sprechweisen, die es vom nächsten ort unterscheiden. damit gibt es keine allgmein gültigen sprachregeln. unsere sprache wird immer teutonisiert sein, weil sie es immer war. schliesslich ist sie nicht mehr als ein (bzw. sehr viele) dialekt davon.

8 Antworten auf „mundart geht verloren – oder auch nicht“

  1. äh…
    stimmt das überhaupt, was der da schreibt? butter verdrängt anke? ist es nicht viel mehr so, dass man an einigen orten butter, und an anderen orten anke sagt? vielleicht ist er einfach von weggis nach zürich gezogen und war etwas verwirrt darüber, dass nun plötzlich alle butter sagen.

  2. wie richtig, lkm
    da kann ich dir zustimmen.
    Sowohl Summersprosse als auch märzefläcke sind Mundart, chochi heisst auf züritütsch chuchi….

    Mich stört eher, wenn in den medien das Wort «eh» ständig in jedem erdenklich blöden zusammenhang gebraucht wird, und «aussen vor bleiben».
    Weder ist das Mundart noch heochdeutsch, sondern einfach Unfähigkeit des Schreiberlings.

    Dass Wörter teutonisiert werden, ist Tatsache und Einflüsse anderer Sprachen hat es immer gegeben. Auch haben schon angeblich schriftgelehrte Sprachreformer ziemlich gepfuscht!
    Richtig lächerlich ist, wenn Deutsche ihre Mundart zur Schriftsprache oder zu Hochdeutsch erheben.

  3. es gibt in unserer neu-mundart gewisse formulierungen, da krieg ich das hodenrasseln, wenn ich’s hör›.

    «Ech be met em Fahrrad go schaffe.»

    «Morn morge frühe gang i a see go angle.»

    «Mini Mueter liit im Chrankehuus.»

    «Läck, geschter beni ou betronke gsee»

    da gibt’s noch mehr solche beispiele. die benutzung solcher wörter im dialekt finde ich äusserst gruusig.

    aber es sind ja nicht bloss deutsche wörter, nein da gibt es auch die anglizismen. in der heutigen zeit ist es mir zum beispiel unmöglich, ein velo zu kaufen … die wollen mir alle nur bikes andrehen. mein velohändler um die ecke guckte ganz schön kariert aus der wäsche, als ich ihm auf seine frage «was hättsch gärn för es beik?» mit «ech wott kes beik, ech wott es velo» antwortete.

    ja, mir tut es manchmal wirklich weh, wenn ich höre, wie unsere sprache verhunzt wird.

  4. Subjektives Sprachempfinden
    >ja, mir tut es manchmal wirklich weh, wenn ich höre, wie unsere sprache verhunzt wird.
    Das ist eine Frage der Perspektive. Das, was du als unverhunztes Schweizerdeutsch betrachtest, wäre für deinen Ururgrossvater eine grässlich verhunzte Abscheulichkeit voll von französischen, deutschen, englischen, und einfach frei erfundenen Fantasiebegriffen, und eine enorme Beleidigung seiner Ohren.

    Sprache ist kein perfektes Kunstwerk, welches sich nie verändern darf. Sprache ist ein Werkzeug. Und muss sich daher seinem Gebrauch anpassen.

    Mich stört es auch wenn Leute «Fahrrad» oder «Bike» statt «Velo» sagen, aber weshalb genau stört mich das eigentlich? Gibt es irgend einen guten Grund dafür, dass mich das stören sollte, oder ist das einfach eine subjektive Reaktion auf eine Veränderung, die ich als unnötig und leicht verstörend empfinde?

    Ist Schweizerdeutsch ein schlechteres Werkzeug, wenn die Leute «Fahrrad» statt «Velo» sagen? Vielleicht ein bisschen weniger effizient. Und wenn sie «Bike» statt «Velo» sagen? Vielleicht ein bisschen weniger genau, weil mit «Bike» auch ein Motorrad gemeint sein könnte.

    Macht das im echten Leben tatsächlich einen Unterschied? Nein.

    Sprache verändert sich. Wer denkt dass dies eine neue Entwicklung ist, oder dass man etwas dagegen tun kann, oder dass «sein» Schweizerdeutsch irgendwie «reiner» ist als ein Schweizerdeutsch mit Anglizismen, der täuscht sich, und verwechselt seine subjektiven, irrationalen Gefühle mit einer objektiven Betrachtung der Tatsachen.

  5. das dumme am ganzen ist, lkm, dass du leider absolut recht hast. es ist definitiv bloss subjektives empfinden und macht in der realität keinen unterschied.

    die entwicklung der mundart lässt sich nicht per gesetz regeln oder steuern. die mundart entwickelt sich so, wie sie gesprochen wird. wenn deutsche formulierungen oder englische ausdrücke mehr an bedeutung gewinnen, dann ist das so.

    und weil das so ist, werde ich mein gegenüber darauf hinweisen, wenn er einen mir einen für mich unpassenden vermundarteten ausdruck verwendet. limi spielt den don quijote. nützen tut’s wahrschinlich nichts …

  6. Don
    >»Die Freiheit, Sancho, ist eine der köstlichsten Gaben, die der Himmel dem Menschen verliehen; mit ihr können sich nicht die Schätze vergleichen, welche die Erde in sich schliesst noch die das Meer bedeckt.»

  7. Aso chömit jetze!
    Das gloubsch jetzt nid, dä Schriberling isch äuä würklech eifach chlei umezüglet. Äs chäm mer nid im Troum i Sinn, «Butter» z’säge, wüi ir Schuel (und vorhär deheime und im Chindsgi) glehrt ha, dass «Butter» es dütsches Wort isch, und Dütsch sig die «Geschriebene Sprache». Mä het zwar ufem Päckli immer scho (Die) «Butter» gläse, aber me het gwüsst, das me «Anke» seit.

    Dä Glögglifrösch sött wider mau ufe Teppich abecho und chlei Sprachferie mache – ir Schwiz!

  8. das ist ja
    nicht mundart, was hb.ml da schreibselt.
    Sondern vielleicht Basler Dialekt, oder etwa Berner?

    Jedenfalls scheusslich!

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