die kreuze von triengen

schade, dass es die sympathische und durchaus lebhafte gemeinde im surental nicht mit positiveren schlagzeilen in die medien schafft. man hätte doch gut über die tolle pistenverlängerung des flugplatzes schreiben können, die sogar kleinen jets landungen ermöglichen soll. aber nein, der ort fällt leider eher durch ein etwas seltsames rechtsverständnis auf. am 10. oktober berichtete die nzz am sonntag über eine schule, die sich mit der beschwerde eines vaters herumschlagen muss. einmal mehr geht es um das leidige thema der kruzifixe in schulzimmern. obwohl ein bundesgerichtsentscheid aus dem jahr 1990 klarheit bringen sollte, entgegnete die trienger schule dem vater via email unter anderem mit folgendem satz:

Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass Sie sich in der Gemeinde des christlichen Abendlandes niedergelassen haben.

erst mal blieben die kruzifixe hängen, um später mit simplen kreuzen ersetzt zu werden. mit diesem «trick» wollte man wohl den bge umgehen. damit nicht genug. die familie des kruzifix-gegners soll mit anonymen morddrohungen belästigt worden sein.

mich erstaunt es immer wieder, wie sehr man in solchen fragen die eigene religion über alles andere stellt. obwohl die schule grundsätzlich neutral sein soll, mischt sich die kirche direkt und indirekt ein. welches jahr haben wir eigentlich gerade? es muss jedenfalls kurz vor 1517 sein. an sich ist es doch relativ einfach, wie auch alt-bundesgerichtspräsident giusep nay feststellt:

Man könne aus der Religionsfreiheit keinen Anspruch ableiten, dass das Kruzifix präsent sein müsse. «Jedenfalls nicht in der Schule, die ja grundsätzlich konfessionsneutral sein muss.»

konfessionsneutral. as simple as that. kreuze an schulwänden sind nicht konfessionsneutral. wenn sich jemand an solchen symbolen stört, müssen sie abgehängt werden. end of story. geschickter wäre es doch in einem liberalen staat wie der schweiz, in einem schulzimmer gar nicht erst ein kruzifix aufzuhängen. oder aber – das wäre sowas wie die lustige alternative dazu – man lässt an einer bestimmten wand im schulzimmer platz für symbolen von sämtlichen nur möglichen glaubensrichtungen. wann immer ein schüler mit einer «neuen» religion eintritt, wird ein neues symbol platziert. das wäre vielleicht noch witzig und könnte, idealerweise jedenfalls, sogar wirklich zum dialog unter den religionen in unserem land beitragen. ok, die atheisten hätten dann vielleicht ein problem, aber notfalls hängt man für die einfach das flying spaghetti monster an die wand.

6 Antworten auf „die kreuze von triengen“

  1. Sind Kinder religiös?
    > wann immer ein schüler mit einer «neuen» religion eintritt, wird ein neues symbol platziert
    Ich weiss nicht ob das eine gute Idee ist. Dass die Eltern ihre Kinder in eine Religion indoktrinieren ist schlimm genug. Kinder können sich sowieso nicht gegen die ihnen aufgezwungene Religion wehren und verstehen noch nicht, dass nicht alles automatisch wahr sein muss was erwachsene Menschen behaupten. Ich denke nicht, dass Schulen mit solchen Aktionen die religiöse Zugehörigkeit der Kinder bestätigen sollen; mir kommt das so vor, als ob man Kinder als SP-, CVP-, FDP- oder SP-Mitglieder bezeichnen würde, nur weil ihre Eltern diesen Parteien angehören.

    Kindern ist a priori eh egal, welche Religion ihre Gspänlis haben. Weshalb also einen Unterschied herstellen, wo keiner da ist?

    Der Rest der Geschichte ist einfach nur peinlich. Morddrohungen? Wirklich? Wo leben wir hier denn, in Afghanistan? Einige der Christen hier scheinen sich mit den Taliban zu verwechseln. Dass religionsfreie Schulen auch für Christen gut ist scheint ihnen zu entgehen; wie viele katholische Schweizer würden sich nicht daran stören, wenn ihre Kinder in Schulen müssten, in denen die Lehrer die Reformierte Kirche als die vom Gemeinderat anerkannte korrekte Wahrheit verkaufen würden?

    > Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass Sie sich in einer reformierten Gemeinde niedergelassen haben.

  2. Hm, zumindest wegen der politischen Parteizugehörigkeit (bzw. der politischen Aktivität) meiner Eltern musste ich in der Primarschule einige Male «untendurch», insofern kann ich mir, gerade wenn du diesen Vergleich anbringst, schon vorstellen dass sich Kinder mit der religiösen Identität ihrer Eltern identifizieren und diese auch ausleben, wenns darum geht andere auszugrenzen.

    Darin, dass man das in der Schule nicht noch unterstützen sollte bin ich natürlich gleicher Meinung.

    Hm, wenn ich mich nicht sehr irre, hängen sogar in gewissen Vorlesungssäälen der Uni Luzern noch Kreuze rum. Um zu beurteilen ob das die religiöse Neutralität der Institution über raumgestalterische Aspekte hinaus beeinflusst müsste man sich wohl mal in eine Vorlesung der theologischen Fakultät wagen, aber die sind immer so früh am Morgen. 😀

  3. Einverstanden
    >Hm, zumindest wegen der politischen Parteizugehörigkeit (bzw. der politischen Aktivität) meiner Eltern musste ich in der Primarschule einige Male «untendurch», insofern kann ich mir, gerade wenn du diesen Vergleich anbringst, schon vorstellen dass sich Kinder mit der religiösen Identität ihrer Eltern identifizieren und diese auch ausleben, wenns darum geht andere auszugrenzen.
    Das bestreite ich nicht. Meine Aussage ist lediglich, dass das etwas ist was die Eltern ihren Kindern aufzwingen, dass Kinder sich nicht dagegen wehren können weil sie die Aussagen von Erwachsenen nicht kritisch hinterfragen können, und dass die Schule diese indoktrinierte «religiöse Identität» deshalb nicht unterstützen sollte, genau so wenig wie sie die «politische Haltung» der Kinder unterstützen würde indem sie die Kinder nach ihrer Parteizugehörigkeit befragen würde.

  4. das gleiche im Wallis …..
    Der Fall Triengen hat mehrere Aspekte:
    1. war es ein Deutscher, der motzte. Wenn ihm hier etwas nicht passt, muss er ja nicht bleiben.
    2. Das die Katholiken trötzeln, ist mehr als als ein Verweis darauf, dass diese noch nicht so ganz in diesem Jahrhundert angekommen sind.
    3. Wenn von diesen Morddrohungen ausgesprochen werden, dann geht es wohl kaum mehr um Religion oder Christentum, sondern eben um Katholizismus und Macht. Und diese Typen gehören genau dorthin, wo ich auch Islamisten oder sonstige Kriminelle hinwünsche.

    dass dies auch im Wallis passiert, war ja zu vermuten …
    http://www.blick.ch/news/schweiz/westschweiz/experte-findet-fristlose-kuendigung-uebertrieben-158341

  5. Xenophobie
    > war es ein Deutscher, der motzte. Wenn ihm hier etwas nicht passt, muss er ja nicht bleiben
    Ob der Einwand von einem Deutschen kommt oder nicht sollte irrelevant sein, insbesondere wenn der Einwand korrekt ist. Aber du hast natürlich recht wenn du sagst, dass hier wohl auch eine gewisse Abneigung gegenüber von Deutschen zu dem kindischen Verhalten der Schule beigetragen hat. Was die ganze Angelegenheit nicht gerade besser macht.

    Aus dem Blick-Artikel:
    >Dass Abgottspon ein bekennender Freidenker ist, stört Zemp nicht. «Solange er dieses Gedankengut nicht in seinen Unterricht einfliessen lässt, darf er Glauben, was er will.»
    Uhm… Kritisches Denken gehört wohl zu den wichtigsten Dingen, die ein Lehrer seinen Schülern beibringen kann. Weshalb genau soll er das nicht in den Unterricht einfliessen lassen?

  6. verbohrt
    wenn jemand an einem Ort unterrichtet, wo es wegen eines Kruzifix einen Aufstand gibt und ein Lehrer entlassen wird, oder wie in Triengen sogar Morddrohungen unterwegs waren, dann ist die Frage nach Beibringen von kritischem Denken wohl rein hypothetisch …

    Die Fälle erstaunen mich nicht, denn andere Fälle (Bischof Haas usw, Vatikanbank …) sprechn nicht dafür, dass Katholizismus noch was mit Religion oder Christentum zu tun haben.

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