typisch schweizerisch

Hüten wir uns aber, «typisch Schweizerisches» zu einem Klischee erstarren zu lassen. «Typisch schweizerisch» ist nicht die Bewahrung eines idealisierten und erstarrten Urbildes, sondern bedeutet, den grundsätzlichen, tiefen Gehalt der direkten Demokratie überall wahrzunehmen, auch weltweit. Die Grundidee unseres Systems ist, dass Alle teilnehmen können und sich einsetzen sollen. Statt Angst zu haben, dass unsere Eigenheiten gefährdet werden könnten, sollten wir unsere Teilnahme an der Weltgemeinschaft als eine logische Fortsetzung unserer Überzeugungen verstehen. Wir tun das im Rahmen der UNO: Menschenrechtsrat in Genf, Vermittlungsrolle in vielen Konflikten. Wir werden unser Verhältnis zur EU auch immer wieder unter diesem Aspekt überprüfen müssen. Gegen die Solidarität mit den neuen EU-Ländern Rumänien und Bulgarien ist das Referendum bereits angekündigt worden und wir wissen noch nicht, welche Parteien welche Parolen beschliessen werden, (selbst wenn sie selber das Referendum nicht unterstützen). Wir wissen auch noch nicht, wer die Referendumskampagne mit welchen Mitteln finanzieren wird. Bedenken wir: Mit den Beitragszahlungen an die beiden neuen Länder steht auch unser ganzer bilateraler Weg mit der EU zur Diskussion. Wir können uns eine weitere Isolation unseres Landes nicht leisten, nicht nur wirtschaftlich nicht, sondern auch politisch nicht. Schon heute fragen wir uns, warum Kolumbien unsere Unterhändler für die Geiselbefreiung kritisiert, nicht aber diejenigen der EU-Mitglieder Spanien oder Frankreich. Und wieso gerät gerade die Schweiz für die rechtstaatliche Verhaftung des Sohnes von Ghaddafi unter Druck, während Libyen kein Aufhebens machte, als Hannibal in zwei EU-Staaten mit dem Gesetz in die Quere kam (2001 Festnahme in Italien wegen einer Prügelei, 2004 Verurteilung wegen Gewalt und unerlaubtem Waffenbesitz in Frankreich)? Wenn wir schon nicht Mitglieder der EU sind, so ist es doch unter keinen Umständen denkbar, dass wir nicht einmal bilateral mit ihr verbunden bleiben. Solidarität müssen wir uns gegenseitig erbringen, denn auch wir sind darauf angewiesen. Diese Erkenntnis haben wir in vielen Volksabstimmungen regelmässig immer wieder zum Ausdruck gebracht und ihr müssen wir uns in unserer direkten Demokratie weiterhin verpflichten.
ausschnitt aus der 1.-augustrede von moritz leuenberger.

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