kurt imhof zum botellón

gestern schrieb ich hier meine meinung zum geplanten botellón und war einer der ganz wenigen blogschreiber, der die veranstaltung kritisierte. die meisten stimmten in den kanon ein, dass die medien alles hypen würden und doch eigentlich selbst schuld an der ganzen sache tragen. keine spur einer kritischen auseinandersetzung mit dem thema alkohol in der gesellschaft. einige fühlten sich vom drohenden verbot von solchen besäufnissen schon mal präventiv eingeengt und überhaupt gäbe es ja sooo viele vorschriften, gesetze und verbote.

heute liest man im tagesanzeiger das interview mit dem experten für alles: kurt imhof. der soziologieprofessor von der uni zürich beruft sich auf das recht der jugend zur rebellion. als er am schluss des interviews sogar seiner tochter den freipass für das botellón gibt, vergisst er eines: rebellion hat nur dann einen sinn, wenn sie gegen etwas kämpfen kann.

tagi: Wenn Ihre Tochter fragte, ob sie zum Massenbesäufnis soll – was würden Sie ihr raten?

imhof: Es ist besser, wenn du zum Massenbesäufnis gehst, als wenn du in Kleinzirkeln das Leid der Welt beklagst, Pubertätsdepressionen schiebst, dir Selbstverletzungen zufügst, mit zwei, drei Kollegen herumsäufst oder dich krank hungerst… Ja, kipp dir eins hinter die Binde!

tagi: Und Ihr Fazit?

imhof: Jugendliche, macht Massenbesäufnisse! Ihr könntet viel Dümmeres tun. Allerdings auch Klügeres.

auszug aus dem interview im tagesanzeiger von heute

17 Antworten auf „kurt imhof zum botellón“

  1. möglich, aber…
    … es fehlt der beweis. und es ist fraglich, ob die medien wegen einer solchen vermutung ganz über die berichterstattung zu solchen issues verzichten sollten. wenn man diese überlegung ein paar ebenen höher anstellt, könnte man sagen, dass möglicherweise sogar kriege verhindert werden könnten, würde nicht darüber berichtet. ich dagegen denke: nur weil man nicht darüber spricht, sind diese dinge noch lange nicht inexistent.

  2. Der Witz…
    … ist ja, dass Imhof gar keine Tochter hat. Ich habe diese Themen sowieso langsam Satt. Alle schreien, wie schlimm es sei und was man alles unternehmen muss, doch 2 Monate später interessierts niemanden mehr. So war es mit dem Waldsterben, dem Feinstaub und mit der Jugend sowieso.

  3. 2 Monate später interessierts niemanden mehr. So war es … mit der Jugend ..
    Ja, habe ich leider manchmal auch das Gefühl… :-/ Sonst kämen sie nicht auf solchen Käse.

    Frage mich sowieso, wieso die Kinder nicht warten können bis sie erwachsen sind und richtig tolle Fussballfans geworden sind. Dann können sie zugreifen ohne schlechte Presse, wöchentlich zweimal oder so. Und jeden Oktober gehts ins Finale am gleichnamigen Fest, dem wohl ältesten Botellón der Welt…

  4. BS
    >Alle schreien, wie schlimm es sei und was man alles unternehmen muss, doch 2 Monate später interessierts niemanden mehr. So war es mit dem Waldsterben, dem Feinstaub und mit der Jugend sowieso.
    Wahr, allerdings besteht ein Unterschied zwischen Botellon und Waldsterben/Feinstaub. Ersteres ist kein Problem (bzw. höchstens ein gesellschaftlich moralisches Problem), die beiden anderen schon.

    Das Waldsterben ist nicht so schlimm rausgekommen wie befürchtet, weil man viel in die Sanierung der Wälder investiert hat. Trotzdem geht es den Wäldern nicht gut: Seit 1996 geht es den Wäldern sukzessive schlechter. [Damals war 39% des Bestandes ohne Schade, 2004 waren es noch 28%|http://www.seilnacht.com/Lexikon/Waldster.htm]. Das Thema wird wohl nur deshalb nicht mehr thematisiert, weil es heute noch schlimmere Umweltprobleme gibt.

    Womit wir beim Feinstaub wären. Dass Feinstaub starke Gesundheitsschäden hervorruft ist unbestritten. Weshalb wird nicht mehr darüber berichtet? Die Feinstaub-Grenzwerte werden nicht dauernd, sondern nur bei der «richtigen» Wetterlage überschritten, und die tritt nun mal nicht regelmässig auf. Wenns das nächste mal passiert, wirds auch in den Medien wieder aktuell.

  5. waldsterben
    das waldsterben wird von den ewiggestrigen immer wieder gerne verwendet um ihren slogan «das mit der klimaerwärmung ist doch gar nicht so schlimm» zu promoten. ein vergleich mit dem phänomen des botellón scheint mir nicht möglich.

    aber zurück zum thema: wenn ich sehe, wie sich sehr junge die birne sehr voll saufen und das in regelmässigen (kurzen) abständen, dann bereitet mir das durchaus sorgen. aber darüber habe ich im im anderen beitrag zu dem besäufnis ja schon genug beschrieben. trotzdem hier noch einmal die einfach umsetzbaren massnahmen:
    – bier und ähnliche alkoholhaltige getränke dürfen im laden nicht mehr so abartig billig verkauft werden. es muss ein massiver preisunterschied zu nicht-alkoholischen getränken bestehen.
    – wer alkohol kauft, muss mindestens 18 jahre alt sein, die ausweiskontrolle ist für alle pflicht, auch wenn jemand aussieht wie 40.

  6. gähn
    > wenn ich sehe, wie sich sehr junge die birne sehr voll saufen und das in regelmässigen (kurzen) abständen, dann bereitet mir das durchaus sorgen
    meh, wir waren auch nicht besser als wir jünger waren. also zumindest ich nicht. du vielleicht schon 🙂

  7. yep
    ja, ich war besser, aber darum geht’s nicht. die preise für alkohol sind auf einem absurd tiefen niveau angelangt. auf der anderen seite gibt es zu viele clubs, die das junge partyvolk nicht wollen. das führt dazu, dass sich die teenies im freien mit dennersixpacks zuschütten. wenn man bedenkt, dass alkohol die volkswirtschaftlich schädlichste droge ist, ein doch unschönes bild.

    vielleicht fehlt mir aber auch einfach das verständnis dafür, dass man im ausgang einfach zwingend alkohol zu sich nehmen muss.

  8. gähn 2
    >die preise für alkohol sind auf einem absurd tiefen niveau angelangt.
    jup.

    >vielleicht fehlt mir aber auch einfach das verständnis dafür, dass man im ausgang einfach zwingend alkohol zu sich nehmen muss.
    muss man ja nicht. mein punkt ist lediglich, dass viel theater um nichts gemacht wird. alle jungen betrinken sich, und das ist so, seit der alkohol erfunden wurde. das ist vielleicht schade, aber wirklich schlimm ists nicht; schlimm ists erst, wenn man damit nicht aufhört, wenn man mal ein bisschen älter ist.

  9. must
    muss man ja nicht.
    also ich kriege das anders mit.

    ich verstehe Deinen punkt und gebe Dir auch recht. aber ich denke, dass ich etwas noch lange nicht gut finden muss, nur weil es schon immer so gemacht wurde. der zu lose umgang mit alkohol ist mir schon länger ein dorn im auge.

  10. alle jungen betrinken sich, und das ist so, seit der alkohol erfunden wurde
    Ich war dann wohl nie jung…

    Aber das Glas Rotwein neben der Tastatur (Vino Nobile di Montepulciano 2004) schmeckt einfach vorzüglich 😀

  11. fehler machen ist gut
    >aber ich denke, dass ich etwas noch lange nicht gut finden muss
    musst du auch nicht, aber es bringt nichts, darüber gross nachzudenken. es ist sinnlos, genau so wie den jugendlichen zu sagen, dass sie nicht sex haben sollen bis sie älter sind, oder dass sie nicht mit drogen experimentieren sollen, oder dass sie nicht zu schnell auto fahren sollen, oder dass sie nicht rauchen sollen, oder nicht zu laut musik hören, oder beim snowboarden einen rückenpanzer tragen. kids will be kids. fehler machen gehört zum erwachsen werden.

    sowieso haben wir langsam eher das gegenteilige problem: eine generation, die nie aus fehlern gelernt hat, weil sie nie welche machen durfte. wir sind früher noch zu fuss oder mit dem velo zur schule gegangen. heute fahren die eltern ihre kindchen jeden morgen mit dem SUV zum schulhaus. wir sind auch bei regen nach draussen und haben uns geprügelt; heute bleiben die kinder bei regen drin (weil sie sich sonst erkälten, die armen), und prügeln dürfen sie sich schon gar nicht.

    in den usa ist die entwicklung noch weiter als bei uns. da wird grosses aufhebens gemacht, wenn eine mutter ihr kind alleine im new yorker subway fahren lässt (bad mom!). resultat der geschichte sind fette, dumme gören, die nie draussen sind und statt dessen den ganzen tag vor der glotze hängen und games zocken.

    wer nie auf die schnauze fällt, hat auch nie gelernt, wie mannicht auf die schnauze fällt, oder dass auf die schnauze fallen weh tut. wer seine grenzen nie erproben kann, kennt sie nicht.

  12. QED
    >Ich war dann wohl nie jung…
    >Aber das Glas Rotwein neben der Tastatur (Vino Nobile di Montepulciano 2004) schmeckt einfach vorzüglich 😀
    du wärst also der, ders als jugendlicher nie gelernt hat.

  13. youth is wasted on the young
    (der titel hat nichts mit meimem kommentar zu tun, ist ein songtitel, der mir gerade durch den kopf ging)

    mit dem «nie-fehler-machen-und-dann-umso-mehr-abstürzen» geb ich lkm völlig recht. darum geht es auch gar nicht. jeder darf sich mal die lampe füllen oder einen joint rauchen. gerne auch mehrere. wenn die geschichte aber zur gewohnheit und zur jahrelangen standardausgangsbeschäftigung wird, dann gibt es probleme. und ich bin überzeugt, dass die hohe toleranz gegenüber dem alkoholkonsum dieses problem vorantreibt.

    mirko ein heimlicher alki? come on!

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