gymnasien als brutstätten der untauglichkeit?

das heutige tagi-magi ist dergenerationuntauglich gewidmet. die heute zweitägige rekrutierung (früher: aushebung) wird mit dem fokus auf die zu rekrutierenden beleuchtet. bezüglich der untauglichkeit werden drei thesen angführt:
– städter sind weniger tauglich als leute vom land
– eingebürgerte sind weniger tauglich als gebürtige schweizer
– gebildete sind weniger tauglich als weniger gebildete
mich interessiert natürlich vor allem die letzte these, da sie mich als einzige direkt betrifft. chefarzt spirig hält gymnasien sogar für die brutstätten der untauglichkeit. also ich dachte ja immer, die kanti sei nur eine drogenhölle und dazu so etwas wie die letzte bastion des kommunismus›. so wurde einem das zumindest öfters mal gesagt. jetzt soll sie also auch noch für die schwächung der schweizer wehrkraft verantwortlich sein? in der klasse würde ausgelacht, wer tauglich sei, mein spirig. shocking!

mal sehen, wie war das damals bei uns eigentlich? natürlich kann ich keine repräsentativen daten lierfern, doch das kann die armme (lächerlicherweise) auch nicht. meine freunde teilten sich durch drei: rs, zivildienst oder ut? tatsächlich rückten die meisten in die rs ein. so richtig überzeugt waren die wenigsten, oder aber sie getrauten sich mir gegenüber nicht das so zu äussern. ich bekam den eindruck, dass sie schlicht den weg des geringsten widerstandes gingen. die zivis entschieden sich vor allem aus politischen bzw. ideologischen gründen gegen den armeedienst. die untauglichen hatten allesamt einfach glück, aus medizinischen gründen nicht einrücken zu «dürfen». übrigens wehrten sich 2007 1,3 prozent der 38’000 stellungsplifchtige gegen den untauglichkeitsbescheid. einen rekurs für den umgekehrten fall legten nur 0,4 prozent ein. das könnte aber auch damit zu tun haben, dass ein solcher rekurs schwierig zu gewinnen ist.

doch zurück zu der gymnasiumsthese: ich habe bezogen auf meinen jahrgang an der kanti nicht den eindruck, dass leute aufgrund der schule nicht in die armee wollten. vielmehr hatte ich den eindruck, dass weniger gebildetete vielleicht gar nicht wussten, welche wege es gibt, eben nicht in die rs zu gehen. auch schätze ich gymnasiasten tendenziell eher so ein, dass sie einen möglicherweise notwendigen rekursvbrief pointierter schreiben und sich auch bei einem allfälligen gespräch eher wehren können.

wenn ich mich an die lehrer erinnere, war keiner dabei, der explizit gegen die armee gepoltert hätte. ein paar böse sprüche steckte das militär aber ab und zu ein. auf der anderen seite kann ich mich auch an einen lehrer erinnern, der gerne auch mal in der uniform eine lektion hielt und dabei betonte, er «dürfe» jetzt dann wieder ins militär. dies mit einem lächeln im gesicht, so dass jede ironie wie weggeblasen war.

weiter gilt es auch die these von militärsoziologe karl haltiner von der eth zu berücksichtigen: die jungen stellen sich heute nicht mehr die frage: was halte ich vom militär? sie überlegen stattdessen pragmatisch: was bringt es mir? noch weiter zugespitzt deutet haltiner die einstellung: armee ja, aber ohne mich. auch dass es seit den 1980er jahren nicht mehr pflicht ist ein höheres amt im militär zu bekleiden, um gewisse managerposten in der wirtschaft zu erlangen, schmälert das interesse der stellungspflichten weiter.

als fazit dieser überlegungen könnte man sagen, dass es bestimmt eher die armee ist, die sich ändern muss, denn die vermeintliche brutstätte der untauglichkeit – das gymnasium.

16 Antworten auf „gymnasien als brutstätten der untauglichkeit?“

  1. Ich glaube doch
    Wenn auch nicht die Kanti an sich die Brutstätte ist, so sind die Jugendlichen die in die Kanti gehen eher aus einer höheren Bildungsschit, dies öffnet einem perspektiven und man stellt sich seinen Werdegang mit einem Studium und ähnlichem vor.
    Wenn dann aber der Militärdienst dazwischenfunkt ist das ziemlich lästig. In diesem Alter ist die Vorstellung evt. ein ganzes Jahr zu verlieren noch schlimm.

    Jugendliche die nicht beabsichtigen ein Studium zu beginnen und eine Lehre beginnen nach der 9. Stufe, sind bereits aus der Lehre und beginnen mit der RS ihr WAHRES Erwachsenenleben. Ich denke auch, dass der Status des Militärs in den bildungsfernen Bevölkerungsgruppen eher höher ist.

    Da ich selbst ja doch viel zu viel Zeit in diesem Verein verbracht habe, muss ich sagen, dass die Motivation im Militär weiter zu machen, eher bei Personen mit schlechter Ausbildung, schlechter sozialer Integration und persönlichen Problemen besonders hoch ist..

    ich sag jetzt nicht was ich für einen Rang hab 😉

  2. die rs-frage
    wir waren an der aushebung ja auch ein bisschen älter als die anderen, was vielleicht dazu beigetragen hat, dass wir weniger interesse am militär hatten.

    >ich sag jetzt nicht was ich für einen Rang hab 😉
    gefreiter? 🙂

    ich wurde ja nicht mal offiziell zum soldaten geschlagen. während dieser veranstaltung war ich gerade mit einem fahrauftrag unterwegs.

  3. Na ja
    Soldat wurde ich auch nie 🙂 als diese ‹
    Zeremonie› durchgeführt wurde, war ich im Spitalpraktikum.

    zum gefreiten hats aber auch nicht gelangt… meine viel zu vielen Diensttage(was hat das eigentlich mit Dienstag zu tun?) verbrachte ich bisher dann noch zusätzlich nur in den Rekrutenschulen… ich bin wohl ein ewiger Rekrut geblieben 😀

  4. gymnasien
    gebildete sind weniger tauglich als weniger gebildete
    Diesen Satz finde ich auch falsch. Es müsste heissen, dass sie nicht tauglich sein WOLLEN und dabei keine Scham verspüren, sich künstlich als untauglich zu inszenieren, vgl. Scheininvalide.

  5. svp-rhetorik
    hey, hardman, lange nicht gelesen. Deine svp-rhetorik passt natürlich bestens zu diesem thema. ich sehe allerdings nicht, was scheininvalide und scheinuntaugliche miteinander zu tun haben.

    zum satz «gebildetete sind weniger tauglich als weniger gebildete» muss ich anmerken, dass diese thesen nicht normativ formuliert sind. es sind rein auf zahlenmaterial abgestützte tatsachen. würde man das wort «wollen» aufnehmen, würde einer allfälligen untersuchung vorgegriffen.

  6. klarer fall
    was scheininvalide und scheinuntaugliche miteinander zu tun haben.

    Die Gemeinsamkeit, wie erwähnt: Dass bei dem Entscheid ob tauglich/untauglich, bzw. «Recht auf Sozialhilfe oder eben nicht» die entsprechenden Personen

    keine Scham verspüren, sich künstlich als (…) zu inszenieren.

    Das eine ist das Drücken vor einem in der Bundesverfassung festgehaltenen Frondienst (wie sinnvoll dies und dieser auch immer sein mögen), das andere ist eine direkte soziale und finanzielle Belastung der Gesellschaft. Daher kommt wohl auch der Begriff «Balast» 😉

  7. schauspielerei
    natürlich schauspielern beide gruppen ein bisschen. doch ihre motivation ist doch gänzlich eine andere. ich werde bald etwas über meinte ut-geschichte schreiben… kannst mich dann ja wieder verurteilen. 😉

    ein anderer punkt: Du machst also brav alles, was in unserer bundesverfassung steht? wie sieht es dann mit dem stgb art. 261bis aus?

  8. legitimität
    nönö, halte mich nur sekundär ans gesetzt, denn «legitimität über legalität». hier kann ich auch gerade anknüpfen: für mich ist scheininvalid, wie auch scheinuntauglich nicht legitim. aber das sehen die linken wohl anders…

    «ein bisschen schauspielern» kostet die iv übrigens jährlich 300 bis 400 Millionen, vorsichtig geschätzt. rechnet man es auf die ganze sozial- und gesundheitsindustrie hoch, könnte man eine zweite armee finanzieren.

    dies verdeutlicht, wie lächerlich die diskussionen über milliarden für flugzeuge und panzer sind. über «das bisschen schauspielern», darüber müsste man mal sprechen.

  9. Mathematik
    ähhh sorry Hardmann aber auch wenn es hoch kommt mit 400 Millionen sind das P-Nuts im Vergleich zum Geld das im Militär sinnlos verbraten wird. klar… wenn man das Militär abschaffen würde, würden die Sozialwerke noch viel mehr belastet. Die Personen die heute in der Armee angestellt sind (Berufssoldaten und ähnliches) werden in der Privatwirtschaft kaum einen Job finden, höchstens in einer geschützten Werkstatt und die sind sehr teuer…

  10. iv vs. ut
    also, um es mal deutlich zu sagen: ich finde es nicht legitim, sich iv-gelder zu erschleichen. ich glaube aber nicht, dass dieses thema diese enorme aufmerksamkeit verdient, welche es momentan kriegt.

    umgekehrt finde ich es durchaus legitim, dass man aus ideologischen und anderen gründen keinen militärdienst leisten will.

    die diskussion ist keineswegs lächerlich. im gegensatz zu dem geld, welches über die sozialwerke verteilt wird, fliesst das flugzeuggeld nämlich nicht zurück in die wirtschaft. es ist buchstäblich zum fenster hinausgeworfen.

    weiter ist es in der absoluten bedrohungslage mehr als idiotisch, auch nur an den kauf von panzern oder flugzeugen zu denken. was wir brauchen würden, wäre ein funktionierender geheimdienst à la mossad. alles andere ist nur sinnlose ressourcen-, geld- und humankapitalverschwendung.

  11. super
    >»ein bisschen schauspielern» kostet die iv übrigens jährlich 300 bis 400 Millionen, vorsichtig geschätzt.
    hahahahaha. immer wieder gut für einen lacher, der alte hardman.

    >was wir brauchen würden, wäre ein funktionierender geheimdienst à la mossad.
    …der schweizer bespitzelt und im ausland spionage betreibt, institutionen sabotiert und leute ermordet? uh, nein danke. was wir brauchen ist eine funktionierende strategie, um auf unglücke und anschläge zu antworten. die aktuelle lösung, einfach die armee zu verwenden (womit wir wieder bei diesem thema sind), ist dämlich.

    in der schweiz ist eine natürliche katastrophe viel wahrscheinlicher als eine terroristische. es lohnt sich nicht, viel geld in terror-prävention zu investieren (insbesondere weil eine institution wie der mossad in einem land wie der schweiz eine grössere gefahr darstellen würde als der terrorismus, den sie bekämpfen soll); wenn jemand einen anschlag machen will, findet er einen weg. viel mehr lohnt es sich, geld in das zu investieren, wasnach einem anschlag passiert; diese einrichtungen können nämlich auch bei anderen, in der schweiz viel wahrscheinlicheren problemen (z.b. überschwemmungen) zum einsatz kommen.

  12. geheimdienst für die schweiz
    …der schweizer bespitzelt und im ausland spionage betreibt, institutionen sabotiert und leute ermordet?
    das ist die aussenwahrnehmung, die ich durchaus verstehe. mir ist klar, dass der datenschutz bei einem geheimdienst in mitleidenschaft gezogen wird. aber wenn man das ganze etwas simplifiziert (und darin ist die armee ja meister) ist es ganz logisch: die aktuelle bedrohung ist terroristischer natur, wo haben wir eine ähnliche bedrohung, in israel, was macht israel dagegen, einen intensiv arbeitenden geheimdienst unterhalten. ich selbst glaube nicht, dass wir in der schweiz schutz vor terrorismus brauchen. aber «der terror» ist momentan die begründung zum dasein der armee. ich werfe dann jeweils ein, dass noch kein panzer eine terroristische aktion verhindern konnte. dazu muss man sagen: hier bekommt man jeweils nur mit, wenn bei einem anschlag in israel menschen sterben. in der tat werden fast täglich anschläge verhindert, was dort auch in den medien verbreitet wird.

    in der schweiz ist eine natürliche katastrophe viel wahrscheinlicher als eine terroristische.

    damit bin ich absolut einverstanden, nur sieht das die armeeführung eben anders. bewaffnete neutralität und solcher bullshit eben. wie gesagt: die völlig übertrieben dargestellte bedrohungslage wird von der armee auch noch falsch interpretiert. nämlich so, dass sie ernsthaft glaubt, mit aktuellem gerät einem allfälligen anschlag vorgreifen zu können.

    eine institution wie der mossad in einem land wie der schweiz eine grössere gefahr darstellen würde als der terrorismus, den sie bekämpfen soll

    hm… aber gehen wir einmal davon aus, dass wir wirklich eine terrorgefahr hätten, wäre dann nicht der geheimdienst das perfekte instrument dagegen? und wäre dann die gefahr für das land die durch den geheimdienst entsteht immer noch grösser?

  13. Katastrophenorganisation
    Wir haben uns mal konkret überlegt wie das aussehen müsste: Es gibt einen Organisation auf Bundesebene die die einzelnen kantonalen Organisationen Ausbildet und in einem Katastrophenfall koordiniert. Vor Ort übernehmen aber die Lokalen die Einsatzleitung. Wenn aber zusätzliche Ressourcen benötigt werden, läuft dies nur über die Dachorganisation die einen Koordinator vor Ort hat. In der Dachorganisation sind Spezialisten zu den Diversen Bereichen vereint. Chemie, Rettung, ABC-Waffen, etc…
    Die Dachorganisation verfügt über eine Logistik, die es möglich macht innert kurzer Zeit benötigte Ressourcen vor Ort zu bringen. Diese werden an drei Standorten gelagert und unterhalten.
    Wenn man für diese Strukturen einen viertel der Finanzen zur Verfügung stellen würde die für’s Militär drauf gehen, hätten wir, DIE Katastropheneinsatztruppe Weltweit. Viele Profis und nicht mehr irgendwelche Laien die eingesetzt werden bei Katastrophen(Bsp. Soldaten bei Flugzeugabstürzen(die Militärversicherung zahlt seit den 80ern für die durchs Trauma Invaliden))
    Klar braucht es auch Manpower die nicht ausgebildet ist, aber wenn das ganze nur schon von wirklichen Profis organisiert und koordiniert wird, ist es schon besser.

    Fazit: Militär extrem verkleinern, und Zivile Organisation professionalisieren!

  14. geheimdienste
    >die aktuelle bedrohung ist terroristischer natur
    das ist blödsinn, wie du selber etwas weiter unten schreibst. terrorismus in der schweiz, das sind ein paar linke, die farbe auf polizeiposten schmeissen. tatsache ist: die schweizer armee ist zwar teuer und sinnlos, aber wenigstens auch harmlos. letzteres lässt sich von einem geheimdienst leider nicht sagen.

    mit deinem argument ersetzt du etwas sinnloses durch etwas gefährliches. das scheint mir keine gute idee zu sein.

    die situation in israel ist selbstverständlich nicht die selbe wie in der schweiz. damit erübrigen sich auch vergleiche.

    >aber gehen wir einmal davon aus, dass wir wirklich eine terrorgefahr hätten, wäre dann nicht der geheimdienst das perfekte instrument dagegen?
    also erstens ist die frage etwas sinnlos, weil wir faktisch keine terrorgefahr haben. zweitens ist die antwort alles andere als einfach, siehe amerika. in amerika wirst du statistisch gesehen eher opfer vom geheimdienst als opfer eines terroristen. gleichzeitig werden terror-anschläge oft nicht vom geheimdienst verhindert, sondern von zollbeamten oder ähnlichen instanzen. normale angestellte, die etwas verdächtiges sehen.

    das problem ist, dass geheimdienste sich ausserhalb der gesetze bewegen. und die gesetze sind dazu da,dich vor dem staat zu schützen. als bürger eines demokratischen staates gibst du dem staat das gewaltmonopol. das stellt dich in eine position, in der du dem staat ausgeliefert bist, weil du dich nicht gegen gewaltmissbrauch wehren kannst. deshalb gibt es gesetze, die festlegen, wie der staat sein gewaltmonopol verwenden darf und wie du dich wehren kannst, wenn er es gegen dich einsetzt. geheimdienste setzen dieses gleichgewicht zu deinen ungunsten ausser kraft.

    ausserdem kommt dann auch noch die ganze frage der privatsphäre.

    >und wäre dann die gefahr für das land die durch den geheimdienst entsteht immer noch grösser?
    vermutlich ja.

    >Wenn man für diese Strukturen einen viertel der Finanzen zur Verfügung stellen würde die für’s Militär drauf gehen, hätten wir, DIE Katastropheneinsatztruppe Weltweit.
    interessant.

  15. ihr seid zu alt…
    …der punkt ist nämlich, dass man heute gar nicht mehr in die armee muss, wenn man nicht will. man geht einfach an die rekrutierung und sagt allen, die einem fragen, dass man nicht in die armee will und wenn man ein wenig glück hat, ist man am selben tag noch draussen.
    leider nichts mit scheinuntauglichen 🙂
    ausserdem glaube ich, dass (auch) aus pragmatischen gründen weniger gymnasiasten tauglich sind. studiert man nämlich bis 25, zahlt man im jahr 300 franken und danach noch bis 30 3% des lohns. wenn jemand ne lehre macht und mit 18 schon arbeitet sieht das einiges unfreundlicher aus.

  16. aye
    > studiert man nämlich bis 25, zahlt man im jahr 300 franken und danach noch bis 30 3% des lohns. wenn jemand ne lehre macht und mit 18 schon arbeitet sieht das einiges unfreundlicher aus.
    guter punkt.

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