james blunt im hallenstadion

Ein scheuer Super- Shooting- Star

Irritierend eingängig und scheinbar mühelos: Englands Melancholie- Export James Blunt sang am Mittwoch für 13 000 Fans im Hallenstadion.

Der schnelle Erfolg hat nicht nur ihn überrascht. Als James Blunt im Januar 2005 sein Debütalbum « Back To Bedlam » veröffentlichte, war der damals erst 27- jährige Engländer noch völlig unbekannt, und der Einstandshit « High » gelang ihm nur dank einem italienischen Werbespot. Inzwischen kann der schlaksige Sänger, Gitarrist und Pianist auf sechs Millionen verkaufter Alben zurückblicken, und das, obwohl « Back To Bedlam » erst seit wenigen Monaten im Kernmarkt USA erhältlich ist. Bei ihm wird es auch in naher Zukunft weiter aufwärts gehen.

An Talent mangelt es Blunt nicht: Er verfügt über eine markante Zitterstimme zwischen Rod Stewart und Chris de Burgh, seine irritierend eingängigen Songs werden von cleveren Akkordfolgen getragen, die ihren harmonischen Aufbau nicht gleich beim ersten Durchgang preisgeben, und seine Texte tragen eine tiefe Verletzlichkeit in sich, mit der man sich schnell identifiziert, auch wenn man es nie öffentlich zugeben würde. Leise Musik für einsame Stunden also.

Berufssoldat in Opferrolle
Wie aber bringt Blunt diese Songs sinnvoll in die grossen Hallen, die er mittlerweile spielend füllen kann? Im Hallenstadion beschränkt sich die vierköpfige Band darauf, die Originalarrangements aus « Back To Bedlam » etwas lauter nachzustellen: Nur bei « So Long Jimmy » holen der ehemalige Berufssoldat Blunt und seine Begleiter etwas weiter aus, und dies erst ganz zum Schluss des 60 Minuten kurzen Sets. Allerdings gibt es in diesem Repertoire nur wenig Platz zum Ausholen, denn wer sich wie Blunt stets in der Opferrolle darstellt, verbaut sich die Möglichkeit, instrumental den Aggressor zu markieren.

Offensichtlich sollen die Videoleinwände, die die Bühne einklammern und jede von Blunts Bewegungen und Gesten zeigen, dem verhaltenen Auftritt eine visuelle Wucht verleihen. Nur decken die Kameras auch Blunts Nervosität auf.

Wüsste er souveräner mit den Nahaufnahmen umzugehen, würde er sich weniger oft ins bärtige Gesicht mit der Prince- Charles- Nase greifen, dann würde ihm die Kontaktaufnahme zum enthusiastischen Publikum leichter fallen. Die beschränkt sich nämlich auf einige polyglotte Dankeschöns und Songansagen: nicht unsympathisch, nur etwas hilflos. Seine Unbeholfenheit bedeutet aber nicht, dass Blunt ein schlechtes Konzert abgibt. Im Gegenteil: Keine Sekunde ist man gelangweilt, immer wieder begeistert die scheinbare Mühelosigkeit, mit der er die hohen Töne packt und dabei eine verschmitzte Spielfreude an den Tag legt.

Und doch: Weil die Songs ein wenig gleichförmig daherkommen, ist man von diesem Auftritt beeindruckt, ohne von ihm mitgerissen zu werden. Dass mehr in diesem Musiker steckt, als die Fähigkeit zur Selbstvervielfältigung, das beweist der ehemalige Offizier, als er « No Bravery » vorträgt und dabei sein Entsetzen über die in Kosovo verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit offenbart.

Plötzlich flackert Wut auf, aber auch dieser Ausbruch ist so vorhersehbar wie das übrige Programm. Dass der grosse Hit « You’re Beautiful » auch den obligaten Zugabenblock beschliesst, weiss man seit Konzertbeginn. Den mit diesem Song geernteten Applaus quittiert Blunt allerdings mit einem scheuen Lächeln, welches das ganze Hallenstadion aufleuchten lässt.

Sein Erfolg überrascht ihn offensichtlich noch heute, und darum steht er auch in Zürich vor dem Dilemma, wie er zum Unterhalter aufsteigen kann, ohne dabei die emotionale Essenz seiner Musik zu opfern. Eine Knacknuss, an der sich schon mancher Künstler die Zähne ausgebissen hat.

«Tages-Anzeiger» vom 20.1.2006, Seite 63

7 Antworten auf „james blunt im hallenstadion“

  1. aufnehmen
    ja, die meisten digicams haben eine videofunktion. nur: das speichermedium oder die software limitieren die länge der aufnahme.
    das ist nicht das problem, ausser, man hat die völlig überteuerten memorysticks von sony 😛

    mit einer gigabyte-karte kann man in der normalen kamera-qualität vermutlich am morgen während dem aufstehen mit aufnehmen anfangen und dann am abend beim ins-bett-gehen stop drücken und hat noch nicht mal die hälfte des speichermediums gefüllt. die meisten kameras unterstützen auch so lange filme. na gut, bei sony bin ich mir nicht sicher 😛

    nö, ernsthaft, das problem ist ein anderes: die qualität der aufnahmen ist scheisse, und da die musik so laut ist, übersteuern die billigen geräte hoffnungslos – vom ursprünglichen sound ist nicht mehr viel zu erkennen.

  2. ähm, you’re wrong
    also bei einem giga speicher reicht es mit einer sonycam für ca. eine stunde video. dann ist der sound allerdings ganz anständig und das bild auch nicht schlecht.

    natürlich geht dann beim komprimieren wieder was von der qualität flöten. kannst Dir das you’re-beautiful-video ja mal anschauen.

  3. I’m not ever wrong.
    also bei einem giga speicher reicht es mit einer sonycam für ca. eine stunde video.
    dann hast du entweder quasi-dvd-qualität oder einen echt beschissenen video-codec (ich vermute: sony-proprietäre applikation, die mpeg1 schreibt?).

    zum vergleich: mit mpeg4 ist ein film in dvd-auflösung und -qualität ca. 800-1000 megabytes gross.

    mit meinem natel kann ich 352×288 auf eine gigabyte-karte über 24 stunden aufnehmen.

    dann ist der sound allerdings ganz anständig und das bild auch nicht schlecht.

    das würde ich auch erwarten, bei diesem speicherbedarf.

  4. video-codec
    echt beschissenen video-codec (ich vermute: sony-proprietäre applikation, die mpeg1 schreibt?).

    keine ahnung, was die cam genau macht. das ausgabefile ist ein .mpg, ja. weiss aber nicht, ob das sonyexklusiv ist.

    Dein natel hat aber nicht so ein tolles mic wie meine cam, oder schon? ich finde nämlich, dass der sound für die extremlautstärke meist recht gut rüberkommt. (hast Du’s Dir angeschaut?)

  5. codec
    Dein natel hat aber nicht so ein tolles mic wie meine cam, oder schon?
    keine ahnung. eigentlich würde ich erwarten, dass ein telefon ein besseres mikro hat als eine fotokamera, so rein von der normalen anwendung her, aber vermutlich hast du recht 🙂

    ich finde nämlich, dass der sound für die extremlautstärke meist recht gut rüberkommt. (hast Du’s Dir angeschaut?)

    noch nicht.

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